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Wissenschaftliche Analyse Gender

Einleitung:

Gendergerechte Sprache

ist im deutschsprachigen Raum seit gut vier Jahrzehnten ein kontrovers diskutiertes Thema. Angeregt durch die Zweite Frauenbewegung, begannen sich (Sprach)Wissenschaftler_innen Ende der 1970er Jahre mit dem Zusammenhang von Sprache, Sprachgebrauch und gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen auseinanderzusetzen (Ivanov 2019).

Zu Beginn verfolgten Befürworter_innen eine Gleichstellung der Geschlechter auf sozialer, wirtschaftlicher und politischer Ebene, woraufhin seit den 1990ern die Suche nach gendergerechten Sprachformen voranschritt. Gleichzeitig folgte die Heteronormativitätskritik, in der kritische Forschungen zur Normalisierung von Geschlecht und Sexualität untersucht wurden (vgl. Ivanov 2019). „Der Begriff Heteronormativität dient zur Analyse und Kritik der Verflechtung von Heterosexualität und Geschlechternormen, mit denen Macht-, Ungleichheits- und Herrschaftsverhältnisse einhergehen” (Kleiner 2016).

Um die vielfältigen Geschlechter in unserer Gesellschaft im Sprach- und Schreibgebrauch wahrnehmen und benennen zu können, ist eine gendergerechte Sprache von großer Bedeutung. Noch heute wirken sich althergebrachte Denkweisen, Hierarchisierungen und verfestigte Rollenbilder sowie Geschlechterrollen auf das Sprachsystem und Sprachverhalten aus (vgl. Elsen 2020: 24-25).

Lange Zeit galt das Geschlecht als eine feste Größe, die an der Geschlechtszuordnung bipolar ‚weiblich‘ oder ‚männlich’ unternommen wurde. „Geschlecht ist eine in vielen Gesellschaften praktizierte soziale Unterscheidung von Menschen, die am Körper ansetzt” (Kotthoff 2018: 13). Die von den Genitalien abgeleitete Geschlechtsklasse manifestierte sich ebenfalls in den Verhaltensweisen, in der Interaktion, im Kleidungsstil oder auch in der Mimik und Gestik zwischen männlich und weiblich. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten zuvor genannten Aspekte zwar in der Gesellschaft die Geschlechter ausmachen, so sind sie allerdings nicht angeboren. Nach Elsen (2020) wird das Geschlecht als ein ‚gesellschaftliches Konstrukt‘ gesehen. Zurückzuverfolgen sind diese Konstruktionen durch eine bewusste oder auch unbewusste Übernahme von gesellschaftlichen Rollenbildern oder Ähnlichem (vgl. Elsen 2020: 50f). Doch angenommen, eine Person kann sich zu keinem der zwei Kategorien ‚Frau‘ oder ‚Mann‘ zuordnen.

Oftmals zeigt sich, dass ein Abstand vom Normsystem Zweifel in der richtigen Umsetzung und Anwendung hervorruft. Um diese Zweifel zu lösen und einen sicheren Umgang zu gewährleisten, arbeitet diese wissenschaftliche Analyse ‘geschickte gendergerechte Formulierungen’ heraus.

Was bedeutet Gender? – Wo liegt der Unterschied zwischen gender und sex?

Um die Selbstverständlichkeit der zwei Geschlechtsklassen zu unterbinden, ist eine Unterscheidung zwischen gender und sex relevant. Im Englischen wird bereits zwischen dem biologischen (sex) und dem sozialen Geschlecht (gender) unterschieden (vgl. Elsen 2020: 29-30).

Gender im Vergleich zu sex ist weniger Eigenschaft als immer wieder neu in der Interaktion miteinander hervorgerufenes Tun, was Asymmetrien nicht ausschließt, aber Varianten mit einbezieht, die über +/- weiblich bzw. männlich hinausgehen, also verschiedene Transgenderformen, Hermaphroditen, Homosexuelle (Elsen 2020: 52).

Um eine bessere Vorstellung der Unterschiede von Geschlechtern und Geschlechteridentitäten zu bekommen, werden diese nun kurz dargestellt.

  • Intersex- Personen:

Intergeschlechtliche Personen sind Menschen, bei denen ihr Geschlecht nicht eindeutig als männlich oder weiblich zugeordnet werden kann. Weitere Bezeichnungen für die Intergeschlechtlichkeit sind Intersexualität oder Varianten der Geschlechtsentwicklung. In der Medizin wird der Ausdruck “disorders of sex development” (DSD) verwendet. Seit Dezember 2018 besitzen intersexuelle Menschen in Deutschland die Option, außer den Geschlechtern ‚männlich‘ und ‚weiblich‘, ‚divers‘ im Personenstandsregister zu wählen (vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2020: intergeschlechtliche Menschen).

  • Transgender:

Die Bezeichnung Trans* stellt einen Oberbegriff dar, der Menschen bezeichnet, die sich nicht oder nicht ausschließlich mit ihrer zugewiesen Geschlechtsklasse identifizieren können. Unter ihnen zählen auch Personen, die eine geschlechtsangleichende Behandlung anstreben und unternommen haben (vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2020: Trans*).

„Trans* sind beispielsweise “Mann-zu-Frau” Transsexuelle oder “Frau-zu-Mann” Transsexuelle, aber auch Menschen, die sich geschlechtlich nicht verorten (lassen) möchten. Das Sternchen in der Bezeichnung soll Raum für verschiedene Identitäten lassen […]” (Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2020: Trans*).

  • Geschlechtsfreie Menschen:

Unter den geschlechtsfreien Menschen sind Personen zu verstehen, die sich zu keinem Geschlecht einordnen lassen wollen (vgl. Kotthoff 2018: 13).

Anhand dieser Auflistung wird deutlich, wie wichtig das Gender- Konzept ist, da es eine klare Geschlechterdarstellung ermöglicht.

Geschlechter sind im Sinne von Gender veränderbar und nicht binär. Diese Denkweise führte dazu, dass sich der Begriff doing gender etablierte. „Doing gender heißt, dass Gender im täglichen Leben permanent und immer wieder konstruiert wird, und erst dann und dadurch überhaupt entsteht, dass es eine soziale Gewohnheit ist” (Elsen 2020: 52). Von daher ist zu verstehen, dass Befürworter_innen jegliches biologische Geschlecht für unwichtig erachten oder als nicht existent betrachten. Umstritten ist, in wie weit eine realistische Ausblendung der biologischen Aspekte möglich ist (vgl. Elsen 2020: 51-52).

Bereits 1987 stellte West/Zimmermann fest, dass es dem Ansatz des doing gender an Umsetzung und entsprechend alternativen Handlungsdarbietungen fehlte. Es häufte sich die Kritik, sodass Hirschauer (1994) einen neuen Ansatz entwickelte, dem undoing gender. „Undoing gender heißt, die Geschlechtsunterscheidung in manchen, z.B. schulischen oder beruflichen, Situationen zu neutralisieren, wenn es angebracht ist, indem sie unwichtig und nicht mehr wahrgenommen wird” (Elsen 2020: 53). Verfechter_ innen dieses Ansatzes setzen sich für Unisex-Produkte bis hin zu Widerstand gegen Geschlechtsnormen und- stereotype ein (vgl. Elsen 2020: 53).

Sprache – Macht und Manipulation

Heutzutage wird von einer Verbindung zwischen neurologischen, kognitiven und sozialen Aspekten beim Sprechen ausgegangen. So sind die Linguist_innen durchaus der Meinung, dass im Gehirn ein Zusammenwirken zwischen Weltwissen, kontextuell-gesellschaftlichen und persönlichen Informationen die Sprache der Menschen beeinflusst. Dabei handelt es sich oftmals um ein sogenanntes ‚Meinungslenken‘, das durch eine Verknüpfung aus Sprache und Klischees entsteht (vgl. Elsen 2020: 65f). So gibt es „[…] neben dem unbewussten Tradieren von Stereotypen durch Sprache [auch] bewusst eingesetzte lexikalische und grammatische Strategien, die zum eigenen Nutzen verschweigen, verschleiern oder beschönigen” (Elsen 2020: 65). Um einen Zugang zum Text und dessen Inhalt zu erhalten, wird neben lexikalischen und grammatischen Strategien auch auf Weltwissen zurückgegriffen. Bereits Assoziationen, Metaphern oder auch Interferenzen lassen sich durch Stereotype aktivieren (vgl. Elsen 2020: 65-66).

U. seufzte laut und lehnte sich fröstelnd an Manfred an (Elsen 2020: 65).

Im oberen Beispielsatz gibt der Name keine genauen Angaben über das Geschlecht. Da allerdings das Verb „fröstelnd“ die Person beschreibt und diese Eigenschaft mehr einer Frau zugeordnet wird, wird U. als eine Frau interpretiert. Das Weltwissen, das durch Erfahrungen und Meinungsbilder erworben wurde, wirkt sich auf das Meinungsbild aus. Die wenigsten Leser_innen würden hier die Namensabkürzung U. als männlich einordnen.

Gender und Sprachsystem –
Die gängige Schreibweise „das generische Maskulinum“

Festzuhalten ist, dass Sprache sich stark auf das Denken auswirkt, sodass es schnell zu sprachlichen Diskriminierungen kommen kann. Ungerechte Sprache und Handlungen werden als ‚normal‘ angenommen (vgl. Elsen 2020: 69-70).

Sprachen besitzen unterschiedlich viele Genera. „Das sind grammatische Klassen, nach denen sie Nomen einteilen. Anders als etwa Plural und Mehrzahl – der Plural beschreibt immer eine Mehrzahl des Bezeichneten – waren ursprünglich Genus und Sexus getrennte Systeme” (Elsen 2020: 73). Es folgte allerdings im Laufe der Geschichte der deutschen Sprache eine Umorientierung, sodass maskuline Wörter zu Eigenschaften von Männern wurden. Somit vermischte sich das Genus und Sexus. Erst in der Epoche der Aufklärung setzte sich immer mehr der Gebrauch der männlichen Endung durch, sodass sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Wortbildungselement -er auf alle Personen übertrug. Dieses Phänomen, das als ‚generisches Maskulinum‘ bezeichnet wird, lässt sich im heutigen Sprachsystem weiterhin beobachten (vgl. Elsen 2020: 73). „Das generische Maskulinum war im deutschen Sprachsystem historisch nicht gegeben, es ist eine ursprünglich maskuline (nicht neutrale) Endung” (Elsen 2020: 73).

Im Deutschen werden die Substantive in die drei Gruppen Maskulinum, Femininum und Neutrum eingeteilt. Somit hat das Genus an sich nichts mit dem Sexus zu tun, es ist eine rein grammatische Kategorisierung (vgl. Elsen 2020: 47). „[Das] Genus wird erst dann sichtbar, wenn „[…] Wörter wie Artikel, Pronomina und Adjektive mit dem Bezugsnomen grammatisch übereinstimmen (bezogen auf Genus, Kasus, Numerus) und […] entsprechend flektiert [werden]” (Elsen 2020: 47). Im Deutschen erfolgt erst bei der dritten Person Singular eine Unterscheidung im Genus. Im folgenden Beispiel wird das Problem des generischen Maskulinums deutlich:

Ein Vater fährt mit seinem Sohn im Auto. Sie verunglücken. Der Vater stirbt, der Sohn wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und muss operiert werden. Der Arzt kommt, aber sagt: „Ich kann nicht operieren. Dies ist mein Sohn“ (Elsen 2020: 76).

In diesem Beispielsatz wird von einem Autounfall berichtet, in dem der Vater verunglückt und dessen Sohn mit Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht wird. Zunächst entsteht der Eindruck, dass der behandelnde Arzt ein Mann ist. Doch durch den Satz „Ich kann nicht operieren. Dies ist mein Sohn“ stellt sich heraus, dass es sich um eine Ärztin, also die Mutter des Sohnes, handelt. Das generische Maskulinum führt somit zu Irritationen.

Maskuline Formen reproduzieren das Männliche als das Häufige und damit Normale. Als Selbstverständlichkeit im alltäglichen Diskurs nehmen wir diese Diskriminierung nicht mehr wahr. Sie gehört zu einem Teil des Lebens, über den wir nicht nachdenken. Eine Veränderung der Sprache kann aber zu einer veränderten Wahrnehmung führen (Elsen 2020: 70).

Andere Beispiele für das generische Maskulinum sind beispielsweise man, niemand oder jemand. Bei diesen Pronomina gibt es keine feminine Entsprechung.

Verfechter_innen des generischen Maskulinums sind zum einen der Meinung, dass wegen der Ungleichheit zwischen Genus und Sexus eine Einordnung des generischen Maskulinums zum Sprachsystem gehört. D.h. sie ist als eine grammatische Regel anzuwenden.  Zum anderen sind sie davon überzeugt, dass maskuline Formen semantisch geschlechtsneutral sind (vgl. Diewald 2016: 288).

Problematisch ist, dass bereits die erste Annahme weder das generische Maskulinum begründet noch ablehnt. Vielmehr entstehen Schwierigkeiten in Bezug auf den lexikalischen Inhalt der Substantive ‚weiblich‘ und ‚männlich‘. Zu den semantischen Merkmalen ‚weiblich‘ lassen sich Substantive wie Frau, Großmutter oder Weibchen zuordnen. Bei den semantischen Merkmalen ‚männlich‘ können Substantive wie Mann, Großvater oder Männchen genannt werden. Hier besitzt das grammatische Genus keine Bedeutung, da Frau auf das Genus Femininum hinweist, Weib auf das Genus Neutrum, Mann auf das Genus Maskulinum und Männchen auf das Genus Neutrum (vgl. Diewald 2018: 288f).

Der semantische Gehalt eines nominalen Ausdrucks ist entscheidend für die Frage, auf welche Personen er angewendet werden kann. Es geht somit um den Gebrauch der betreffenden Ausdrücke, darum, wie jeweils die Bezugnahme auf außersprachliche Entitäten (Personenreferenz) erfolgt (Diewald 2018: 289).

Es zeigt sich sowohl, dass das generische Maskulinum weder eine strukturelle Unterscheidung des Sprachsystems noch eine grammatische Kategorisierung ist. Eine Abkehr vom generischen Maskulinum verletzt keinerlei Regeln oder das Sprachsystem, sondern ist eine Konvention des Sprachgebrauchs. Zudem handelt es sich um keine semantisch geschlechtsneutrale Form, da es in seiner Grundbedeutung männlich ist.

Alles in allem führt das generische Maskulinum zu Unklarheiten, Missverständnissen aber auch Diskriminierung. Frauen werden sprachlich nicht sichtbar und auch andere Geschlechteridentitäten finden keine Entsprechung.

Geschickte gendergerechte Formulierungen

Zuvor konnte verdeutlicht werden, dass die deutsche Sprache keinesfalls gendergerecht ist. Obwohl die meisten Menschen für eine Gleichberechtigung der Geschlechter sind, taucht das generische Maskulinum auch weiterhin in Texten, Berichten oder Ähnlichem auf.

Zu beobachten ist, dass täglich der Sprachgebrauch angepasst wird. Das Schreiben einer E-Mail an Vorgesetzte wird förmlicher verfasst als das Schreiben einer privaten WhatsApp Nachricht. „Die verschiedenen ‚Sprachen’, die wir auf diese Weise erlernen und anwenden, sind ein Beweis unseres kreativen Potenzials” (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf o.J.). Doch wieso erfolgt weiterhin ein Gebrauch des generischen Maskulinums, wenn es zu einem eingeschränkten Textverständnis führt und nicht alle Geschlechter anspricht?

Aufgrund der Vielfältigkeit von Geschlechtern sowie Geschlechtsidentitäten kommen oft Zweifel in der Anwendung. Welche Formen gibt es und wie wende ich sie an, sind die wohl am häufigsten auftretenden Fragen.

Um einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten von gendergerechten Formulierungen zu erhalten, werden diese nun vorgestellt.

1. Geschlechtsneutrale Bezeichnungen

Um alle Geschlechter gleichermaßen benennen oder ansprechen zu können, bietet es sich an, eine geschlechtsneutrale Personenbezeichnung zu wählen.

So heißt es zum Beispiel:

„Für eine Umfrage wurden Studierende der Universität Oldenburg befragt.“

In diesem Fall dient das Wort „Studierende“ als Oberbegriff und meint damit alle Studentinnen und Studenten der Universität Oldenburg. Durch die genderneutrale Personenbezeichnung werden alle Geschlechter repräsentiert und auch Dopplungen vermieden. Zudem wird die Lesbarkeit garantiert, die nicht durch typografische Besonderheiten erschwert werden. Da es allerdings nicht immer eine genderneutrale Begriffsbezeichnung im Deutschen gibt, kann hier mit einer Doppel- oder Beidnennung gearbeitet werden (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.).

2. Doppel- oder Beidnennung

Bei der Doppel- oder Beidnennung stehen die Geschlechter ‚weiblich‘ und ‚männlich‘ als sogenannte Paarform gegenüber. Oftmals wird diese Verwendung bevorzugt, wenn es keine genderneutrale Personenbezeichnung gibt (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.).

Somit heißt es dann:

„Für eine Umfrage wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität Oldenburg befragt.“

Anhand einiger Studien konnte belegt werden, dass durch die Nutzung der Doppel- oder Beidnennung Frauen gedanklich mit angesprochen wurden, so Stahlberg und Sczesny (2001); Braun et al. (2007).

3. Beidnennung mit Schrägstrich oder Klammer

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, zwischen der Benennung zweier Geschlechter einen Schrägstrich oder eine Klammer zu setzen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.).

Dann heißt es:

„Für eine Umfrage wurden Mitarbeiter/-innen der Universität Oldenburg befragt.“

„Für eine Umfrage wurden Mitarbeiter(innen) der Universität Oldenburg befragt.“

4. Das Binnen- I

Das Binnen-I kann dann verwendet werden, wenn alle Geschlechter in einem Wort/Begriff zu erfassen sind (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.).

Folglich heißt es:

„Für eine Umfrage wurden alle MitarbeiterInnen der Universität Oldenburg befragt.“

5. Der Unterstrich

Auch bei der Variante des Unterstrichs werden alle Geschlechteridentitäten angesprochen. Dabei ist der Unterstrich als eine Leerstelle zu verstehen, wodurch sich der Name gender_ Gap (gap = Lücke) etablierte (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.).

Es heißt dann:

„Für eine Umfrage wurden alle Mitarbeiter_innen der Universität Oldenburg befragt.“

6. Der Genderstern

Beim Genderstern * handelt es sich ebenfalls um eine gendergerechte Möglichkeit, bei der alle Geschlechter erwähnt werden. „Der Genderstern nutzt das Symbol des Sterns als Platzhalter und Stellvertreter für Menschen, die sich nicht in dem binären Geschlechtermodell und der zugehörigen Sprache wiederfinden” (Bundeszentrale für politische Bildung o.J.).

Demnach heißt es dann:

„Für eine Umfrage wurden alle Mitarbeiter*innen der Universität Oldenburg befragt.“

Es zeigt sich, dass es viele Möglichkeiten gibt, wie gendergerechte Sprache in den Alltag umgesetzt werden kann. Es bedarf mit Sicherheit viel Übung, um eine reibungslose Anwendung zu gewährleisten. Zudem ist festzuhalten, dass nicht alle gendergerechten Formulierungen jeder Zeit anwendbar sind.

Fazit- Sprache kann nie hundertprozentig gerecht sein, aber sie kann sich verändern

Wie bereits verdeutlicht wurde, gibt es nicht immer eine geschlechtsneutrale Bezeichnung, sodass auf eine andere Schreibweise zurückgegriffen werden muss. Die Doppel- oder Beidnennung lässt oftmals einen Text zusätzlich länger wirken und spricht dabei beispielsweise geschlechtsfreie Menschen nicht an. Auch die Beidnennung mit Schrägstrich oder Klammer birgt grammatikalische Schwierigkeiten, wie das Wort „Pat(inn)en“ zeigt. Obwohl bei der Verwendung des Binnen- I die Betonung der Binarität erfolgt, werden allerdings andere Geschlechter nicht mit angesprochen. Außerdem kann sie sich schlecht beugen, wie es der Beispielsatz im Singular „der/die aktive SchülerIn“ zeigt. Zudem wird des Öfteren kritisiert, dass die Großschreibung im Wortinnern keiner korrekten Rechtschreibung entspricht und in der gesprochenen Sprache nicht verwendet werden kann. Bei flektierten Formen oder bestimmten Artikeln kann die Schreibung des Unterstrichs nicht in Anspruch genommen werden (einem_r oder Paten_innen). Probleme birgt auch der Gebrauch des Gendersterns, wenn ein Umlaut gebildet wird (der*die Arzt*in). Anstelle des Gendersterns sollte dann mit beiden Formen „der Arzt oder die Ärztin“ gearbeitet werden (vgl. Universität Leipzig o.J.).

Ist es der Wunsch, das weibliche und männliche Geschlecht sichtbar zu machen, so liegt es nahe, die Doppel- und Beidnennung zu verwenden. Diese kann durch die Paarformen (Beidnennung) oder durch das Binnen-I Ausdruck finden. Sollen alle Geschlechter angesprochen werden, so ist zunächst nach einer geschlechtsneutrale Bezeichnung zu suchen. Ist diese nicht vorhanden, so kann der Gander-Gap oder der Gender-Stern benutzt werden.

Neben der Vielzahl von Methoden und Anwendungsmöglichkeiten bleibt es doch letzten Endes die persönliche Entscheidung, ob und wie genderneutral formuliert werden soll. Trotz der erhöhten Anforderungen und Schwierigkeiten, die bei einer gendergerechten Sprache zu beachten sind,  erachte ich es für wichtig, sich erst einmal die verschiedenen Möglichkeiten bewusst zu machen, um dann eine Entscheidung zu treffen.

Literatur und Quellen

Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2020): Fragen und Antworten zu intergeschlechtlichen Menschen. https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Geschlecht/Themenjahr_2015/Inter/FAQs_Inter.html [20.06.2020].

Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2020): Trans*. Verfügbar unter https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Geschlecht/Themenjahr_2015/Trans/trans_node.html [20.06.2020].

Becker, Katja/ Herling, Claudia (2017): Der Einfluss von Gender im Entwicklungsprozess von digitalen Artefakten. In: GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft 9 (3). S. 26-44.

Braun, F. u.a. (2007): „Aus Gründen der Verständlichkeit…“: Der Einfluss generisch maskuliner und alternativer Personenbezeichnungen auf die kognitive Verarbeitung von Texten. In: Psychologische Rundschau 58. S. 183–189.

Bundeszentrale für politische Bildung: Methoden gendergerechter Sprache (o.J.): Verfügbar unter https://konzept-und-entwurf.muthesius-kunsthochschule.de/wp-content/uploads/sites/17/2018/03/ws2017_2018_sarahgoebels_ba_genderstern_bachelorarbeit_plakate_broschuere.pdf [20.06.2020].

Diewald, Gabriele (2018): Zur Diskussion: Geschlechtergerechte Sprache als Thema der germanistischen Linguistik – exemplarisch exerziert am Streit um das sogenannte generische Maskulinum. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 46 (2). S. 283-299.

Elsen, Hilke (2020): Gender – Sprache – Stereotype. Geschlechtersensibilität in Alltag und Unterricht. Tübingen: UTB.

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (o.J.): Geschlechtergerechte Sprache Leitfaden für eine gerechte und diskriminierungsfreie Sprache. Verfügbar unter https://www.uni duesseldorf.de/home/fileadmin/redaktion/Oeffentliche_Medien/Vertretungen_und_Beauftragte/Gleichstellungsbeauftragte/Publikationen/Brosch_Geschlechtergerechte-Sprache_A6_korr.pdf [20.06.2020].

Ivanov, Christine u.a. (2019): Geschlechtergerechte Sprache in der Wissenschaft. Gebrauch und Motivation; Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series. Verfügbar unter https://dx.doi.org/10.3249/2509-8179-gtg-9 [20.06.2020].

Kleiner, Bettina (2016): Heteronormativität. In Gender Glossar / Gender Glossary (6 Absätze). Verfügbar unter http://gender-glossar.de [20.06.2020].

Kotthoff, Helga/ Nübling, Damaris (2018): Genderlinguistik. Eine Einführung in Sprache, Gespräch und Geschlecht. Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG.

Spieß, Constanze / Susanne Günthner/ Dagmar Hüpper (2012): Perspektiven der Genderlinguistik – eine Einführung in den Sammelband. In: Günthner, Susanne et al. (Hg.): Linguistik- Impulse und Tendenzen 45. Berlin/Boston: De Gruyter. S. 1-28.

Stahlberg, Dagmar/ Sczesny, Sabine (2001): Effekte des generischen Maskulinums und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen. In: Psychologische Rundschau 52. S. 131–140.

Universität Leipzig: Gender (o.J.): Gender. Verfügbar unter https://home.uni-leipzig.de/schreibportal/gender/ [20.06.2020].

Usinger, Johanna (o.J.): Genderwörterbuch. Verfügbar unter https://geschicktgendern.de/ [21.06.2020].


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