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Grammatik ist irgendwie total schwer

Partikeln? Und um was handelt es sich dabei?“

„Wie lautet das Wort? Partikel?“

Partikel? Als Element der deutschen Sprache? Ich kenne nur Staubpartikel.“

So und so ähnlich waren die meisten Reaktionen, die wir zu hören bekamen, wenn wir davon berichteten, uns innerhalb des sprachwissenschaftlichen Seminars Zweifelsfälle des Deutschen in dem Bereich der Pragmatik mit den Besonderheiten der Partikeln zu beschäftigen. Um der Verwirrung vorzubeugen, deshalb direkt zu Beginn eine wichtige Information bezüglich der Bezeichnung: Im Singular heißt es die Partikel, während die Pluralform lediglich durch ein angehängtes -n unterschieden wird (die Partikeln).

Partikeln begegnen uns sehr häufig beim Sprechen und Schreiben im Alltag, oft unscheinbar, doch in ihrer Funktion nicht zu unterschätzen. Um einen bildlichen Eindruck von ihnen zu erhalten, könnte man sie mit Socken vergleichen. Denn außer im Sommer, wenn man, von Ausnahmen abgesehen, mit entsprechend leichtem Schuhwerk prinzipiell weniger Socken trägt, zieht man Strümpfe mehr oder weniger das ganze Jahr über an. Dabei unterscheidet sich je nach Anlass, der Jahreszeit und entsprechender Temperatur sowie dem Schuhwerk, welche Socke wir tragen. Es gibt Sneaker, ein eingedeutschter Begriff für kurze Socken, von welchen lediglich das kurze Bündchen über den Schuh hinausragt, Sportsocken aus besonders atmungsaktivem Material, häufig in knalligen Farben, Wollsocken, erkennbar an einem einfach bis künstlerisch anmutendem Strickmuster, oft auch selbst gestrickt, sowie Ski- und Wandersocken, für die entsprechende Sportart ausgelegte Socken, mit Verstärkungen an besonders belasteten Stellen. So variationsreich wie Farbe und Material der Socke sowie deren Einsatz sind, so verschieden sind die Möglichkeiten Partikeln zu verwenden besonders häufig finden Partikeln Verwendung in der gesprochenen Sprache.

Aufgrund ihrer Vielfalt lassen sich Partikeln in diverse Unterklassen kategorisieren. Zu den wichtigsten zählen die Gradpartikeln (wenig, etwas, so), welche die Intensität von Eigenschaften anzeigen, die Steigerungspartikeln (sehr, völlig, überaus), welche, wie der Name schließen lässt, die Verstärkung einer Aussage bewirken, die Temporalpartikeln (erst, noch, schon), welche Auskunft über die Zeit geben sowie die Antwortpartikeln (doch, eben, genau), welche Zustimmung oder Ablehnung vermitteln. Doch was wäre der Alltag ohne den Allrounder unter den Socken, das Modell, welches in keiner Sockenschublade fehlen darf, auch wenn es, sobald man es in mehrfacher Ausführung mit leichten farblichen Abweichungen besitzt, oft zu Verwechslungen führen kann? Die schlichte Baumwollsocke. Während die schlichte schwarze Baumwollsocke eine sichere Wahl ist für alles, was einem begegnet zwischen Alltag in Jeans, Anlässen in Abendgarderobe bis hin zu Hochzeit oder Beerdigung im Anzug – so gesehen ein Must-have in jeder Garderobe – verhält es sich mit der Abtönungspartikel; auch als Modalpartikel genannt und fortan unter dieser Bezeichnung hier verwendet. Dieser zeitlose Klassiker ist zweifelsohne das unscheinbare Wort ja in seiner Funktion als Partikel. Deshalb möchten wir diesen Beitrag nutzen, um uns dieser Partikel zu widmen.

Zunächst sollte erwähnt werden, dass Partikeln nicht flektierbar sind, was zu Folge hat, dass sie unabhängig von anderen Elementen innerhalb eines Satzes gebraucht werden. Die Socke bleibt schwarz, auch wenn die restliche Kleidung aus hellen Farbtönen besteht. Des Weiteren können Partikeln keine eigenständigen Satzglieder bilden, sondern sind vielmehr Teile eines solchen. Selbst wenn man mehr als zwei Socken tragen und darüber hinaus zusätzlich ein Paar an die Hände ziehen würde, wäre man damit noch nicht angezogen. Mindestens ein bis zwei weitere Kleidungsstücke werden benötigt (Subjekt und Prädikat), damit man die Haustür öffnen kann, ohne zweifelnde Blicke zu erhalten. Die hauptsächliche Aufgabe der Partikeln besteht darin, Äußerungen so zu gestalten, dass sie dem Empfänger weitere Informationen vermitteln, welche außerhalb der inhaltlichen Ebene liegen.

Vergleichbar wäre dies damit, wenn eine Person im Verlauf eines Gespräches ein Bein überschlägt oder so ausstreckt, dass das Hosenbein etwas hochrutscht und den Blick auf die Socken freigibt. Da man mit dem Blick oft, wenn auch unbewusst, dieser Bewegung folgt, würde man erkennen, welche Socke der Gesprächspartner trägt und dadurch möglicherweise auf eine Botschaft schließen: „Interessant! Ich hätte ja nicht erwartet, dass er zu diesem „business-Outfit“ gestreifte Socken trägt.“

Da das Wort ja zu den Modalpartikeln gehört, wird im Folgenden der Schwerpunkt auf eben diesen liegen. Um den Gebrauch verschiedener Modalpartikel zu veranschaulichen, nun einige Beispiele.

Modalpartikeln treten auf in:

  • Aufforderungssätzen, welche die Einstellungen und Erwartungen des Sprechers beispielsweise in Form einer Drohung, aber auch als Ratschlag äußern.
  • Heb‘ bloß deine Füße (, damit du nicht stolperst)!
  • Heb‘ doch deine Füße (, um nicht zu schlurfen).
  • Ausrufesätzen, um Hinweise zur Beurteilung und Interpretation des Gesagten zu geben.
  • Sei einfach leise (, sonst werde ich sauer).
  • Sei doch leise (, ich würde mich freuen.)
  • sogenannten Wunschsätzen, die eine unter bestimmten Absichten getätigte Äußerung dadurch verdeutlichen und expliziter darstellen.
  • Wenn der Regen doch bald aufhört!
  • Fragesätze, in welchen sie das Gesagte sowie dessen Stellenwert verdeutlichen.
  • Ist die Aussicht nicht großartig? (Ja, das ist sie.)
  • Ist die Aussicht denn großartig? (Lohnt es sich, den Weg dafür auf sich zu nehmen?)
  • Aussagesätzen, in welchen sie einen Bezug zu vorherigen Äußerungen herstellen.
  • Er ist ja durch die Prüfung durchgefallen (, wie ich bereits erzählt hatte).
  • Sie hat halt den Zug verpasst (und ist deshalb zu spät gekommen).

Die Partikel ja gehört zu den meistverwendeten Partikeln der deutschen Sprache, weshalb wir sie genauer betrachten. Das Wort ja wird entweder betont oder unbetont verwendet. Die betonte Variante ist gekennzeichnet als positive Antwort auf eine Frage, welcher eine Entscheidung vorausgegangen ist, kann aber auch als Zeichen allgemeiner Zustimmung verwendet werden.

  • Hast du eingekauft? – Ja.
  • Das war eine schöne Wanderung heute. – Ja (, fand ich auch).

Genauso kann ja als Rückmeldungs- und Aufmerksamkeitssignal eingesetzt werden, dass man den vorangegangen Redebeitrag registriert hat. Typische Situationen dafür sind Telefongespräche oder Gespräche, in denen der Gesprächspartner unmittelbar antwortet.

  • Wieviel Hefe gehört nochmal in den Teig? – Ja, das habe ich mich auch schon gefragt.
  • … bevor er schließlich aufgehört hat. – Ja, das habe ich auch gehört und war sehr überrascht, dass …

Eine andere Möglichkeit ja zu verwenden, ist, wenn man es als Rückversicherung benutzt oder den Gesprächspartner damit zum Antworten auffordern möchte.

  • Wir treffen uns dann nachher an der Kastanie, ja?
  • Ich habe gehört, du hast vier Geschwister, ja?

Auch in einen Satz integriert kann ja vorkommen und wird dort oft in Verbindung mit sogar für eine Steigerung verwendet.

  • Die Eltern, ja sogar die Jugendlichen hatten noch nie von dieser App gehört.

Letztlich kann eine bewusste Betonung von ja innerhalb eines Satzes eine Aufforderung oder Frage bezüglich einer Entscheidung verdeutlichen.

  • Vergiss ja nicht die Tür abzuschließen.
  • Hast du dir das auch ja gut überlegt?

Das unbetonte ja tritt in unterschiedlicher Form auf, entweder in Feststellungen oder Behauptungen:

  • Sie singt ja morgen in der Rolle als Königin der Nacht.

oder als Ausdruck großer Überraschung über einen unerwarteten Sachverhalt:

  • Du hast ja toll gebacken! (Erstaunen darüber, dass es gelungen ist).

Welches Fazit können wir daraus ziehen?

Allen Formen von ja ist gemeinsam, dass sie sich auf eine Information beziehen, welche zuvor als korrekt oder zutreffend angenommen wurde und welche sowohl inner- als auch außerhalb des Gesagten liegen kann. Je nach Situation werden dabei Kenntnisse auf Seiten des Rezipienten vorausgesetzt. Wichtig für das richtige Verständnis von ja ist in jedem Fall die sinnhafte Einordnung in die Situation.

Das war ja nett von ihr! ▻ Socken an den Füßen tragend – für diesen Gebrauch vorgsehen

Das war etwa nett von ihr! ▻ Socken an den Händen tragend – kein sinnvoller Gebrauch, da zweckentfremdet

Daraus ergibt sich auch für die Wahl der Partikel ja, dass sie nicht beliebig verwendet, sondern nur in Abhängigkeit des Kontextes ihren Zweck erfüllen kann.