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Wissenschaftliche Analyse Fremdwort

1. Einleitung

Eine Statista-Umfrage (2008) hat ergeben, dass der Verlust deutscher Worte eine sicher erwartete Folge der Aufnahme von Fremdwörtern und besonders Anglizismen in den deutschen Wortschatz zu sein scheint. Mit 73% Zustimmung aller Befragten wird eine deutliche Position gegenüber den zunehmenden Anglizismen im deutschen Wortschatz ausgedrückt. Diese Einstellung wird durch weitere Ergebnisse der Umfrage untermauert, so war mit   61% die am zweithäufigsten genannte Folge der Verlust des Charakteristischen des Deutschen, danach folgt mit 53% das Erschweren der Verständigung (vgl. Statista, 2008). Fremdwörter werden von Teilen der Gesellschaft also als potenzielle Gefahr betrachtet, die das Deutsche bedroht, weil sie es beeinflusst. Dabei war das Deutsche schon seit Beginn der Entwicklung eine Nehmersprache von Fremdwörtern. Im Voralthochdeutschen und Althochdeutschen wurden bereits Wörter aus dem Keltischen, dem Slawischen und dem Lateinischen übernommen (vgl. Nübling et al., 2013: 149). Im Mittelhochdeutschen dominierten Entlehnungen aus dem französischen Wortschatz., darauf folgt in der Sprachgeschichte das Italienische im Spätmittelhochdeutsch und seit dem 18 Jahrhundert die Anglizismen (vgl. Nübling, 2013: 150). Diese vereinfachte Skizzierung der deutschen Geschichte mit Fremdwörtern zeigt also, wie früh die Entlehnungen aus fremden Wortschätzen eigentlich begannen. Diese Entlehnungen werden von den meisten Menschen wie selbstverständlich in ihrem sprachlichen Alltag gebraucht, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. Das liegt daran, dass die meisten dieser Entlehnungen in den deutschen Wortschatz integriert und an die bestehenden Strukturen angepasst beziehungsweise sich eingefügt haben, sodass es sich gar nicht mehr um Fremdwörter, sondern um sogenannte Lehnwörter handelt. Selbst Zweifelsfälle bei den früh entlehnten Wörtern, wie der Plural von „Globus“, werden mittlerweile als selbstverständlich wahrgenommen und stellen anscheinend eine weniger große Gefahr da als die Anglizismen.

Der Gebrauch von Anglizismen nimmt in der modernen Welt immer mehr zu. Das hängt damit zusammen, dass das Englische als Weltsprache auch die Sprache in den sozialen Medien und der gesamten globalisierten Welt beeinflusst. Diese Phänomene des modernen Zeitalters, in denen das Englische dominiert, sorgen außerdem für intensivere Kontaktmöglichkeiten mit anderen Sprachen, sodass Wörter leichter und schneller anderen Sprachen entlehnt werden, da der Gebrauch sich schneller verbreitet. Die Fremdwörter ermöglichen demnach auch neue Ausdrucksmöglichkeiten, denn sie ergänzen das Deutsche mit Begriffen, für die es noch kein deutsches Synonym gibt. Anstatt also neue deutsche Wörter zu schaffen, werden welche aus anderen Sprachen entlehnt, sodass die Fremdwörter zur Notwendigkeit im Diskurs über spezielle Themen werden.  Im Gegensatz zu beispielsweise den meisten Latinismen sind die neueren Entlehnungen noch nicht in das Deutsche integriert und werfen dadurch besonders viele Zweifelsfälle auf, da sich die Entlehnungen erst mit der Zeit den bestehenden Strukturen anpassen. Diese Zweifelsfälle stellen die Sprecher des Deutschen im Alltag vor große Schwierigkeiten, denn im Gegensatz zu nativen Zweifelsfällen gibt es meistens mehr als nur zwei Varianten, zwischen denen Zweifel besteht, nämlich Varianten der Geber-, der Nehmersprache und eventuell Mischformen.

Diese wissenschaftliche Analyse befasst sich mit Zweifelsfällen der Flexion von Fremdwörtern. Hierbei werden drei Wortarten näher betrachtet, die Verben, die Adjektive und die Substantive. Jedes einzelne Unterkapitel wird auf die jeweilig spezifischen Zweifelsfälle der einzelnen Wortarten eingehen, um schließlich zu dem Schluss zu kommen, dass die meisten Zweifelsfälle, besonders die der Wortarten Adjektive und Verben, sich mit der Entwicklung der Sprache von selbst ergeben werden, da sich eine der Varianten festigen wird, und dass unteranderem deswegen die Akzeptanz mehrerer Varianten gerechtfertigt ist. Außerdem werden hierdurch befürchtete Folgen durch die Entlehnung von Fremdwörtern größtenteils widerlegt.

2. Analyse

2.1. Verbflexion von Fremdwörtern

Um die Zweifelsfälle bei der Konjugation von Fremdwörtern untersuchen zu können, müssen zunächst einmal die deutschen Strukturen betrachtet werden, in die fremdsprachliche Verben integriert werden. Im Gegensatz zu der Deklination von Substantiven werden die Verben nicht in die starke Flexion integriert, sondern ausschließlich in die schwachen Strukturen der deutschen Flexion (vgl. Eisenberg, 2012: 242). Die fremdsprachlichen Verben bilden ihre Formen also nach den Strukturen der schwachen Verbflexion des nativen Wortschatzes. Dementsprechend treten zumindest in diesem Bereich, zwischen starker und schwacher Flexion, keinerlei Zweifelsfälle auf. Dafür können Zweifelsfälle in anderen Bereichen auftreten, nämlich bei der Bildung einzelner Flexionsformen (vgl. Eisenberg, 2001: 194). Es handelt sich hierbei am häufigsten um Anglizismen (vgl. Eisenberg, 2001: 193), da die meisten Verben anderer Gebersprachen sich aufgrund ihres Zeitpunkts der Entlehnung bereits in die deutschen Strukturen integriert haben und nun zumindest in ihrer Flexion weniger als Entlehnungen erkennbar sind.

Eine Flexionsform, die besonders viele Zweifelsfälle aufzuwerfen scheint, ist die Bildung der Partizip II-Form. Zwar folgen die Verben im Prinzip der grundlegenden Struktur der schwachen Partizip II Bildung mit dem Präfix „ge-„, dem Verbstamm und der Endung „-t“. Der Zweifelsfall entsteht allerdings durch die Frage nach der Endung, denn hier konkurriert die deutsche Endung „-t“ mit der Endung der Gebersprache Englisch „-(e)d“. Diese Endung entspricht der englischen Form der Partizip II Bildung, beziehungsweise dem entsprechenden Tempus „Past Participle“. Es entstehen demnach mehrere Varianten, zwischen den gewählt werden muss, eine Form, die komplett den deutschen Strukturen der schwachen Flexion folgt, dann noch eine Form, die die englische Endung „-ed“ anhängt, aber wenn möglich dennoch das deutsche Präfix „ge-“ verwendet, deshalb bezeichnet Mihutiu (2017) sie als „pseudoenglische Formen“. Als alternative Variante ist noch eine Mischform aus dieser eingedeutschten Form und der im Prinzip ebenfalls als richtig geltenden Mischform möglich. Wie unterschiedlich sich die jeweiligen Fälle verhalten, lässt sich anhand von Beispielen beschreiben. Dazu wird die Partizip II Bildung der folgenden Verben näher betrachtet, das sind die Anglizismen liken, screenshotten, designen, sowie die der zusammengesetzten Verben wie outsourcen oder downloaden.

Bei „liken“ lassen sich nun drei unterschiedliche Partizip II Formen bilden: geliked, geliket und gelikt. Die letzte genannte Form wird als einzige vom automatischen Rechtschreibprogramm anerkannt, denn sie folgt den Strukturen der nativen Flexion. So gesehen scheint an sich eine korrekte Variante der Partizip II Form von „liken“ zu existieren, doch das Sprachgefühl nativer erwachsener Sprecher widerspricht diesem Sprachgefühl. Eine stichprobenhafte Umfrage mit 100 Teilnehmern (vgl. Blogeintrag) hat ergeben, dass gerade diese Variante, die für eine komplette Integration der Flexion des Verbes sprechen würde, mit nur 3% als am wenigsten akzeptabel erachtet wird, obwohl sie die größte Ähnlichkeit zu der regulären Partizip II-Bildung aufweist. Stattdessen wird die Form „geliked“ präferiert mit der Endung der Gebersprache. Demnach wurde im Prinzip die „Participle“ Form des Englischen „liked“ genommen und durch das Präfix „ge-“ ergänzt. Dadurch ließe sich argumentieren, dass diese Schreibweise die Aussprache anzeigt, da die englische Endung andeutet, dass die Aussprache des Wortes ebenfalls wie die englische ist. Die Endung „-ed“ hätte also den Vorteil, dass dem Sprecher Hinweise zur Aussprache gegeben werden, sodass das Wort nicht versehentlich wie die englischen Wörter „leaked“ oder „licked“ ausgesprochen werden. Die Mischform beider Varianten lässt sich allein damit begründen, dass sie zwei Aspekte beider Varianten vereint, das „e“ der englischeren und das „t“ der deutscheren Form. Sie scheint im Prinzip als eine Art Kompromiss beider Formen zu dienen. Dass das Sprachgefühl, wie die Statistik zeigt (vgl. Blogeintrag), eher zu den englischeren Varianten tendiert, könnte eventuell als Indiz dafür gewertet werden, dass das Verb „liken“ sich noch am Anfang des Entlehnungsprozesses befindet, demnach also erst seit relativ kurzer Zeit im deutschen Wortschatz gebraucht wird und somit noch nicht als vollständig entlehntes Verb angesehen wird. Das Verb hätte demnach laut dem Sprachgefühl der Sprecher des Deutschen noch nicht genug Sprachkontakt mit dem Deutschen, um in die deutschen Strukturen integriert zu werden. Dementsprechend würde dies bedeuten, dass der Zweifelsfall der Flexion von „liken“ sich mit der Zeit auflösen könnte, sollte das Verb in die bestehenden Strukturen der deutschen Flexion integriert werden.

Dieses Verhalten eines Zweifelsfalls bei der Partizip II-Bildung bestätigt sich bei Betrachtung weiterer Beispiele dieser Art Anglizismen. Hierzu gehört unteranderem auch „screenshotten“. Zumindest bei der präferierten Endung zeigt sich in der Umfrage ein vergleichbares Ergebnis wie bei dem Verb „liken“, denn auch hier erhielten die beiden Varianten mit der Endung -ed aus den vier Auswahlmöglichkeiten am meisten Zuspruch (vgl. Blogeintrag). Die Endung scheint hierbei das entscheidende Merkmal der Struktur zu sein, denn interessanterweise wurde die Variante gewählt, die, abgesehen von dem Zweifelsfall der Endung, den Strukturen beider Sprachen widerspricht. Mit 41% wurde die Variante „gescreenshoted“ klar von den Teilnehmern der Umfrage bevorzugt. Diese Variante entspricht in einem Merkmal weder den englischen noch den deutschen Strukturen, denn das [t] gehört zu zwei Silben des Wortes, es handelt sich hierbei also um ein Silbengelenk, das in beiden Sprachen mit der Verdopplung des Konsonanten verschriftlich wird. Die Teilnehmer der Umfrage scheinen sich bei der Entscheidung für eine Schreibweise also an der Schreibweise des Substantivs „Screenshot“ und nicht an den sprachlichen Regularitäten orientiert zu haben. Auch in diesem Zweifelsfall ist die Partizip II-Form, die eine vollständige Integration des Wortes in die deutschen Strukturen anzeigen würde, „gescreenshottet“, die mit die am wenigsten gewählt wurde (vgl. Blogeintrag). Auch hier ließe sich demnach die Theorie anwenden, das Wort sei im Sprachgefühl der Sprecher noch im Entlehnungsprozess, wodurch die englischeren Varianten bevorzugt werden.

Allerdings zeigen sich auch Fälle, die anscheinend bereits mehr in den deutschen Wortschatz und in die deutschen Strukturen integriert sind. Mihutiu (2017) zufolge wird bei dem Anglizismus „designen“ die deutschere Variante „designt“ der englischeren Variante „designed“ mittlerweile vorgezogen, was sich durch die Häufigkeit des Gebrauchs ausdrückt. Allerdings weist Mihutiu (2017) auch darauf hin, dass bei der Bildung dieser Form das Präfix der Partizip II-Bildung „ge-“ weggelassen wird. Zwar gibt es auch deutsche Formen, die ihre Partizip II-Form ohne diese Vorsilbe bilden, diese haben allerdings meist untrennbare Präfixe (deutschplus.de), eine Kategorie, zu der das Verb „designen“ nicht gezählt werden kann. Obwohl die Anfangssilbe des Wortes fälschlich an das lateinische Präfix „de-“ erinnert, was bei Verben ausdrückt, dass etwas aufgehoben oder rückgängig gemacht wird (vgl. Duden, Eintrag de-, De-), handelt es sich in diesem Fall nicht um ein Präfix. Die fehlende Vorsilbe „ge-“ ist also nicht auf eigentliche deutsche Regeln zurück, sondern bleibt bei der englischen Bildung des Partizip II beziehungsweise Past Participle ohne Präfix. Zusätzlich beeinflusst die Ähnlichkeit zu Verben mit dem Präfix „de- “wie zum Beispiel „dekonstruieren, die ihre Partizip II-Form ebenfalls ohne das Präfix bilden, diese Partizip II-Form von „designen“. Dieser Aspekt trägt dazu bei, dass man im Gegensatz zu „liken“ und „screenshotten“ davon ausgehen kann, dass das Verb „designen“ bereits vollständig entlehnt wurde und bereits fast vollständig in das Deutsche integriert wurde, sodass der Zweifelsfall, ob „designed“ oder „designt“, weniger häufig auftritt. Jedenfalls scheint die Entscheidung eindeutiger zu sein, sodass „designen“ anscheinend bereits als Teil des deutschen Wortschatzes betrachtet wird (vgl. Mihutiu, 2017).

Zweifelsfälle bei der Bildung des Partizip II bei zusammengesetzten Verben, wie „outsourcen“ oder „downloaden“, werfen zusätzlich zu den Zweifeln der Endung auch weitere Zweifel auf. Diese Zweifel der Flexion entstehen durch die Frage nach der Trennbarkeit der Verben (vgl. Klein, 2018: 210). „Downloaden“ lässt sich sowohl als trennbares als auch als nicht-trennbares Verb beschreiben, wie die Beispiele Kleins (2018) verdeutlichen „Ich loade das schnell down“ oder „ich downloade das schnell“ (vgl. 210). Beide Formen sind möglich und resultieren in unterschiedlichen möglichen Partizip II Formen. „Downgeloadet“ wäre die Partizip II-Form bei Trennbarkeit des Verbs „downloaden“, während „gedownloadet“ Nicht-Trennbarkeit anzeigen würde. Die Rechercheergebnisse (vgl. Mihutiu, 2017) haben gezeigt, dass beide Formen durchaus verwendet werden, wobei interessant ist, dass unterschiedliche Studien unterschiedliche Präferenzen der verschiedenen Formen zeigen (vgl. Mihutiu, 2017). Kleins (2018) Analyse des Beispiels „downloaden“ lässt sich auf andere Verben, wie „outsourcen“, übertragen. Einerseits könnte man das Verb als trennbar betrachten „Wir sourcen zur Zeit Arbeitsplätze out“, dann wäre die Partizip II-Form „outgesourct“ und andererseits scheint das Verb auch als untrennbar gelten zu können „Wir outsourcen zur Zeit Arbeitsplätze“, wodurch die Partizip II-Form „geoutsourct“ wäre. Klein (2018) zufolge werden sich diese Zweifelsfälle im Laufe der Zeit selbst lösen, da ihm zufolge zumindest „downloaden“ durch das deutsche Synonym „herunterladen“ ersetzt wird, da dieses Verb keine Zweifelsfälle aufwirft (vgl. 211). Bei „outsourcen“ wäre es denkbar, dass es sich nicht gegen das deutsche Synonym „auslagern“ durchsetzen kann. Diese Art Zweifelsfälle sind also nicht auf den Entlehnungsprozess oder die Strukturen der Gebersprache zurückzuführen, sondern „existiert im Deutschen […] bereits unabhängig von Sprachkontaktvorgängen.“ (Klein, 2018, 210).

Vergleichbare Zweifelsfälle wie bei der Bildung des Partizip II treten auch beispielsweise bei der Bildung des Präteritums oder der 2. Person Plural auf. Diese hängen im Prinzip mit den Zweifelsfällen der Partizip II-Bildung zusammen. Hierbei dient das Präteritum vielmehr als ein Beispiel, was Zweifelsfälle bei anderen Flexionsformen für Folgen nach sich ziehen können. Bei der Bildung der 2. Person Plural stehen wieder zwei Formen zur Auswahl, die sich am besten anhand des Beispiels von Mihutiu (2017) beschreiben lassen. Denn der Zweifelsfall, der hier auftritt, ist eigentlich gar nicht berechtigt. Dies lässt sich anhand von „designen“ erklären, denn die Formen der 2. Person Plural die laut Mihutiu (2017) einander gegenüber stehen, wären „ihr designt“ und „ihr designed“. Hier zeigt sich nun, wieso der Zweifelsfall an sich keine Berechtigung hat, denn „designed“ als Form der 2. Person Plural ist lediglich eine pseudoenglische Formbildung, die der Gebersprache möglichst ähneln soll, dabei aber gegen die Strukturen dieser verstößt. Die Endung „-ed“ wird in der englischen Sprache allein für die Vergangenheitsform gebraucht und entspricht somit nicht der eigentlich englischen Form der 2. Person Plural im Indikativ Präsens, denn das wäre „you like“. Der Zweifelsfall basiert also nicht auf einer reellen Struktur der Gebersprache, die mit den Strukturen des Deutschen konkurriert. Mihutiu (2017) führt diese existierenden Formen und die daraus entstehenden Zweifelsfälle auf die fehlenden Regeln beim Integrationsprozess ins Deutsche zurück, die Sprecher zu irritieren scheint. Die Zweifelsfälle der Bildung des Präteritums sollen wie bereits erwähnt als Beispiel einer Folge eines Zweifelsfalls aufgeführt werden. Um bei dem eben aufgeführten Beispiel zu bleiben, scheint die Bildung des Präteritums von „designen“ relativ eindeutig zu sein. Das Sprachgefühl der meisten nativen deutschen Sprecher würde vermutlich zu „designte“ tendieren, doch die Zweifelsfälle bei anderen Formen des Verbes sorgen dafür, dass auch hier ein Zweifelsfall entsteht, denn wenn vorher stets Varianten mit englischem oder pseudoenglischem Einfluss gewählt wurden, scheint es nicht ganz stimmig zu sein, diese Form vollständig in die deutschen Strukturen der Flexion zu integrieren. Diese Folgefälle von Zweifelsfällen werden sich im Integrationsprozess der Verben größtenteils auflösen.

Eine besondere Art von Zweifelsfällen bilden die Verben mit der Endung „-le“ beziehungsweise „-el“. Verben dieser Art leiten sich von Substantiven mit der Endung „-le“ ab, dazu gehören unteranderem Puzzle oder Google. Die dazugehörigen englischen Verben wären „to puzzle“ und „to google“. Bei der Integration der Verben ins Deutsche passten diese sich bestehenden deutschen Strukturen an und erhielten dadurch die „-el“ Endung, so lauten die dazugehörigen Verben zu den Substantiven im Deutschen „googeln“ und „puzzeln“. Damit passen sie in die Kategorie der Verben auf „-eln“ und verhalten sich wie weitere Verben dieser Art, wie zum Beispiel „handeln“ oder „segeln“. Diese Verben scheinen also in das deutsche Sprachsystem vollständig integriert zu sein und sollten somit scheinbar keine Zweifelsfälle aufwerfen. Diese entstehen jedoch, da die Verben in Strukturen integriert wurden, die im nativen Wortschatz bereits selbst in ihrer Flexion Zweifelsfälle aufwerfen, spezifisch bei der Bildung der 1. Person Singular Indikativ Präsens. Hierbei lassen sich drei Formen rechtfertigen, „segel“, „segele“ und „segle“. Alle Varianten lassen sich unterschiedlich begründen. Die Form „segle“ oder auch die vergleichbare fremdsprachliche Variante „google“ sind gerechtfertigt, da sie der typischen Personenmarkierung mit einer Schwa-Endung folgt und sie außerdem zweisilbig ist und damit der Prosodie der anderen Formen des Paradigmas folgt, allerdings passt diese Form nicht zum Stamm der Verben, da sie wieder auf „-le“ endet. In der Hinsicht passen die anderen Formen besser zur Stammform. „Segele“ und „googele“ bringen allerdings einen anderen Nachteil mit sich, denn bei ihnen bleiben die Stammformen „segel“ und „googel“ zwar erkennbar und die Personenmarkierung durch die Schwa-Endung bleibt auch erhalten, allerdings passen sie von der Prosodie her nicht zum restlichen Paradigma, denn sie sind dreisilbig. Die Varianten „segel“ und „googel“ sind mit der Stammform identisch und passen dementsprechend dahingehend ins Paradigma, auch die Prosodie passt durch die Zweisilbigkeit der Verben dazu. Dadurch, dass diese Formen mit den Stammformen übereinstimmen, fehlt jedoch auch die Personenmarkierung durch den Schwa-Laut am Ende (vgl. Eisenberg, 2013: 391). Dieser kurze Vergleich zeigt also, dass einerseits alle existierenden Formen ihre Gültigkeit besitzen und unterstützt andererseits auch noch einmal die Behauptung, dass die Verben nicht aufgrund der Herkunft Zweifelsfälle aufwerfen, sondern da sie in Strukturen des Deutschen integriert werden, bei denen unterschiedliche Varianten begründbar sind.

Im Falle der Verbflexion lassen sich also zwei hauptsächliche Gründe für Zweifelsfälle bei Fremdwörtern ermitteln. Auf der einen Seiten gibt es die Zweifelsfälle deren Existenz mit dem Entlehnungs- beziehungsweise Integrationsprozess der Verben zusammenhängen und also Zweifelsfälle zwischen Varianten der Geber-, der Nehmersprache und Mischformen oder Pseudoformen beider aufwerfen. Diese unterschiedlichen Formen lassen sich nicht prinzipiell in richtig oder falsch einteilen, sondern nur durch ihre Nähe zu einer der beiden Sprachen beschreiben. Sie liefern somit Indizien für den Stand der Entlehnung und Integration eines Verbes, da einige Verben wie „liken“ im Sprachgebrauch noch eher in ihrer Gebersprache verortet werden, als Verben wie zum Beispiel „designen“, die bereits eher als Teil des deutschen Wortschatzes erachtet werden, sodass dort bereits die Flexion nach deutschen Strukturen bevorzugt wird. Dadurch, dass diese Zweifelsfälle mit Prozessen des Sprachwandels zusammenhängen würde es auch wenig Sinn ergeben, eine der Formen als die einzig richtige zu deklarieren. Hier ist die Akzeptanz der unterschiedlichen Formen am sinnvollsten, da sie alle ihre Berechtigung haben und die meisten dieser Art Zweifelsfälle sich mit der weiteren Entwicklung der Sprache lösen werden, durch die Integration des Verbes oder zumindest die Festlegung auf eine offizielle Form. Der andere Grund und Typus von Zweifelsfällen bei der Flexion fremder Verben ist die Integration in native Zweifelsfälle, also in native Strukturen die Zweifelsfälle aufwerfen und bei denen unterschiedliche Formen begründbar und richtig sind, sodass auch hier eine Festlegung auf bloß eine Form sinnfrei zu sein scheint. Diese Art von Zweifelsfall lässt sich aber zur Widerlegung der Angst vor Fremdwörtern nutzen, denn es zeigt sich, dass nicht nur Fremdwörter Zweifelsfälle aufwerfen, da sie nicht integriert sind, sondern, dass sie es auch gerade wegen ihrer Integration tun. Dieses Kapitel kann demnach eventuell als Gegenargument für die Befürchtungen der Einleitung genutzt werden, denn ein Teil der Zweifelsfälle bei Verben wird bloß wegen der nativen Strukturen aufgeworfen und der andere Teil wird sich zu einem großen Teil mit der Integration der Verben lösen.

2.2. Substantivflexion von Fremdwörtern

„In größeren Wortschätzen des Deutschen sind mindestens zwei Drittel der Wörter Substantive, und der Anteil dieser Wortklasse nimmt gegenwärtig eher noch zu. Neue Substantive gewinnt das Deutsche auf jede nur denkbare Weise, auch durch Entlehnung und Fremdwortbildung.“ (Eisenberg, 2012: 212) Aus diesem einführenden Zitat wird ersichtlich, wie wichtig es scheint, die Substantive als Wortklasse hinsichtlich ihrer Flexion, gerade bei den Fremdwörtern oder bereits entlehnten Wörtern, die Zweifel aufwerfen lassen, zu analysieren. Denn Eisenberg lässt hier deutlich erkennen, dass diese Wortklasse durch entlehnte Wörter und Fremdwörter immer weiter zunimmt. Um daran anschließend untersuchen zu können, wonach Substantive aus einer anderen Sprache eigentlich flektieren, müssen zuerst die Grundstrukturen in unserem deutschen Kernsystem thematisiert und besprochen werden. Die Substantive im Kernsystem, welches die Flexion im nativen deutschen Wortschatz umreißt, werden meistens von Artikeln wie: der, die oder das begleitet. Substantive besitzen ein festes Genus: Maskulinum, Femininum und Neutrum. Zudem können diese entweder schwach oder stark flektieren. Ob ein Substantiv nun schwach flektiert, also in eine markierte Pluralklasse, oder stark flektiert, in eine unmarkierte Pluralklasse, kommt darauf an, wie sich das Substantiv in seinem Plural verhält. (vgl. Eisenberg, 2012:  214)

Das Kernsystem besteht aus Maskulina, Neutra und Feminina und flektiert nach der Markiertheit, also entweder in eine unmarkierte Pluralklasse, in eine markierte Pluralklasse, oder in die sogenannte s-Flexion. Betrachten wir nun zuerst die unmarkierten Plurale, also die starke Flexion der Substantive, stellen wir fest, dass es sich hierbei bei den Maskulina und Neutra um Pluralendungen mit -es/-e handelt. Eisenberg kategorisiert diese Pluralklasse als den Typ 1. (vgl. Eisenberg, 2012: 214) Dieser Pluraltyp bildet in unserem nativen deutschen Kernsystem den ,Normalzustand‘, das heißt also folglich, dass tendenziell Substantive in diese Pluralklasse am häufigsten flektieren. Anhand des Beispiels: der Schlauch – die Schläuche wird klar ersichtlich, dass dieser Typus seinen Plural auch mit einem Umlaut bilden kann. Dies kommt allerdings nicht so häufig vor wie der Plural ohne Umlaut. Dies führt zu einer hohen Variation innerhalb des Wortes, wodurch sich dieser Pluraltyp sich flexibler verhält als bei anderen Pluralklassen. Hinsichtlich dieses Typus lassen sich Substantive einordnen, wie beispielsweise: der Tisch, für unmarkierte Maskulina, oder auch Bein und Seil als Beispiel für unmarkierte Neutra. (vgl. Eisenberg, 2012: 214) Nach Eisenberg folgt danach der Typ 2, und zwar die unmarkierten Feminina. Seine Pluralendungen bildet dieser Typ mit -en, wie bei dem Beispiel: Blumen. Die Besonderheit dieses Typus ist die sogenannte n-Flexion. Diese tritt beispielsweise dann auf, wenn ein Wort mit einem Schwa-Laut endet. Nehmen wir hier das Substantiv: die Kiste, dann endet dieses Wort auf einen Schwa-Laut, wodurch im Plural, also folglich: die Kisten, die n-Flexion auftritt. Die n-Flexion bildet zusammen mit den zuvor thematisierten Maskulina und Neutra, die ebenfalls stark flektieren, die populärste Pluralform im nativen deutschen Kernsystem. (vgl. Eisenberg, 2012: 214-215) Des Weiteren folgt die markierte Pluralklasse, also die Substantive, die im Kernsystem schwach flektieren. Der Typ 3 nach Eisenbergs Werk: ,Das Fremdwort im Deutschen‘, ist die Pluralklasse der markierten, also folglich schwachen Maskulina. Schwache Maskulina besitzen die Pluralendung -en/-en. Das lässt sich deutlich an den zwei Beispielen: der Affe – die Affen und der Hase – die Hasen erkennen. „Schwache Maskulina bezeichnen Lebewesen, die hoch- d.h. dem Menschen nahe im Kontinuum der Arten angesiedelt sind.“ (Eisenberg, 2001: 197) Dieses Zitat verdeutlich an dieser Stelle, dass den schwachen Maskulina der markierten Pluralklasse hauptsächlich Substantive zugeordnet werden, die ein Lebewesen beschreiben. Auch an dem zuvor dargestellten Beispiel (Affen/Hasen), lässt sich dieses Zitat belegen. Hier lässt sich feststellen, dass dieser Pluraltyp für Substantive aus der deutschen Sprache nicht besonders relevant ist, da festgestellt werden konnte, dass die meisten Substantive eher stark flektieren. Allerdings kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Fremdwörter und bereits entlehnte Wörter tendenziell eher in die markierte Flexionsklasse flektieren, also demnach schwach. (vgl. Eisenberg, 2012: 215) Im Kernsystem folgen den schwachen Maskulina, logischerweise die schwachen Neutra. Die markierten Neutra bilden ihren Plural mit den Endungen -er/-es. Um ein Beispiel aufzuzeigen, welches diesen Typ 4 darstellt, wäre das Substantiv: das Loch- die Löcher. Auffällig ist hierbei, dass der Plural in den meisten Fällen durch einen Umlaut gebildet wird. Das bedeutet konkret, dass die Singularform des Wortes einfach umgelautet wird. (vgl. Eisenberg, 2012: 125) Die letzte Pluralform, also Typ 5, welcher der markierten Flexion, sind die schwachen Feminina, wie: die Sau – die Säue und die Macht – die Mächte. Deutlich erkennbar ist, dass der Plural mit -e gebildet wird. Zusätzlich wird auch hier die Singularform des Substantives umgelautet (zu erkennen, an dem zuvor dargestellten Beispiel: die Sau – die Säue). (vgl. Eisenberg, 2012: 215-216) Kommen wir hinsichtlich der Beschreibung des Kernsystems nach Eisenberg zu unserer letzten Pluralform (Typ 6), der sogenannten s-Flexion. Eine Besonderheit der s-Flexion ist es, dass durch sie die Prosodie nicht verändert wird und somit die Grundform eines Wortes bestehen bleibt. Folglich wird diese Pluralform von den Wörtern angenommen, die besonders darauf angewiesen sind, ihre Prosodie und ihre Grundform beizubehalten. Dementsprechend wird diese Pluralklasse der s-Flexion auch häufig als Stammplural betitelt oder als diesen angesehen. (vgl. Eisenberg, 2001: 199-200) Dieser Flexion werden Eigennamen wie beispielsweise: Müllers, Neubildungen, Kurzwörter und nicht-indigene Wörter zugeordnet. Für unsere weitere Analyse sind besonders die Wörter relevant, die auf einem Vokal enden, um entlehnte Wörter wie: die Pizza, zu untersuchen. (vgl. Eisenberg, 2001: 200)

Bevor sich der Deklination von Fremdwörtern und Lehnwörtern vollständig gewidmet wird, muss zuerst festgehalten werden, das wie bereits erwähnt die unmarkierte Flexionsklasse von besonderer Bedeutung für die Fremdwortintegration ist. Des Weiteren können wir an dieser Stelle festhalten, dass es einige bereits entlehnte Wörter gibt, wie beispielsweise: Fenster oder Preis, die schon vollständig in unser Kernsystem integriert wurden. Solche sogenannten Lehnwörter können wir schon nicht mehr als fremd wahrnehmen. Kaum einer würde wahrscheinlich darauf kommen, dass es sich bei diesen beiden Beispielen um Latinismen handelt, da sie in unserem alltäglichen Sprachgebrauch bereits eingebettet sind. Hier entstehen also dementsprechend weniger Zweifel hinsichtlich der Schreibweise oder im Sprachgebrauch, als es bei anderen Fremd- oder Lehnwörtern der Fall ist. Betrachten wir daher Zweifelsfälle, bei denen es anders aussieht. Klein (2018) schreibt: „Auf den ersten Blick erwecken Pluralformen wie Pizzen, Villen, Konten, Globen, Individuen, Atlanten den Eindruck der völligen Integriertheit. Denn sie erhalten offensichtlich das native Pluralmorphem -en. Das ist aber trügerisch.“ (221) In unserer Analyse möchten wir zwei Zweifelsfälle aus Kleins Zitat entnehmen und genauer betrachten: Pizzen und Globen. Hier stellt sich also die Frage: Sind das die richtigen Plurale? Da wir im ersten Teil der Analyse mit den Grundlagen der Substantive und ihrer Flexion im Kernsystem beschäftigt haben, können wir die Integration von Fremdwörtern oder bereits entlehnten Wörtern strukturierter darstellen, da wir nun eine Basis geschaffen haben, an der wir uns orientieren können.

Zuerst richten wir unseren Blick auf das Substantiv Pizza. Bei dem Wort handelt es sich laut Duden wahrscheinlich um ein Lehnwort aus dem Italienischen, wobei die Herkunft bis heute nicht ganz geklärt ist. (vgl. Duden, Eintrag Pizza) Hierbei kommt der Zweifel auf, ob der tendenziell richtige (an der dieser Stelle können wir festhalten, ein richtig oder falsch gibt es eigentlich nicht, lediglich eine tendenzielle Richtung) Plural von Pizza nun: Pizzas oder Pizzen lautet. Betrachten wir den Plural Pizzas, fällt direkt auf, dass dieser der Kategorie der s-Flexion zugeschrieben werden kann. Dieser scheint auf den ersten Blick definitiv gerechtfertigt zu sein, denn wir stellen fest, dass das Substantiv Pizza auf einen Vollvokal, nämlich dem a, endet. Zuvor haben wir analysiert, dass Wörter, die auf einem Vollvokal enden, meistens mit der s-Flexion gebildet werden. Folglich ist die Pluralform Pizzas in jeder Hinsicht begründet. Allerdings fällt auf, dass auch der Typus Pizzen als Plural von Pizza gerechtfertigt ist. Dieser Plural auf -en, lässt sich der Klasse der unmarkierten Feminina, also der starken Flexion, zuordnen. Erkennbar ist dies an der Singularform: die Pizza. Dementsprechend lassen sich also beide Pluralformen wie Pizzas, als auch Pizzen rechtfertigen und beide sind auch in unserem Sprachgebrauch integriert. Des Weiteren zeigt sich durch die Analyse, dass keine der beiden Typen als falsch angesehen werden kann. Die Verwendung und der Gebrauch der Pluralformen sind also vom Sprecher abhängig. Richten wir nachfolgend unseren Blick auf die Pluralform von Globus. Vorab ist festzuhalten, dass es sich bei dem Substantiv um ein Lehnwort aus dem Lateinischen handelt. Die Pluralformen, die hinsichtlich des Wortes Globus umstritten sind, lauten: Globen oder Globusse. Der Typus Globen lässt sich, in Verbindung zu unserem zuvor erläuterten Kernsystem, den schwachen Maskulina zuschreiben. Da wir jedoch herausfiltern konnten, dass es sich bei den schwachen Maskulina hauptsächlich um Lebewesen wie Affen oder Hasen handelt, können wir diese Pluralform eigentlich nicht rechtfertigen, und müssten diese aufgrund dessen, dass es sich bei einem Globus um einen Gegenstand handelt und nicht um ein Lebewesen, ausschließen. In diesem Fall scheint hier der Typus Globusse die tendenziell richtige Flexion darzustellen. Beziehen wir uns an dieser Stelle auf den Duden, so werden allerdings beide Plurale als mögliche Varianten anerkannt. (vgl. Duden, Eintrag Globus) Dies könnte daran liegen, dass es innerhalb der schwachen Flexion der Maskulina auch unbelebte Substantive gibt. Dabei scheint weniger die Bedeutung des Wortes entscheidend zu sein, sondern eventuell die Endung der Singularform mit dem Suffix -us. (vgl. Eisenberg, 2012: 221-22) Hierbei wäre also die Form: Globen auf eine Art der sogenannten Stammformflexion zurückzuführen. (vgl. Klein, 2018: 221) Genauso wie bei dem Beispiel zuvor, sind also beide Plurale anerkannt und gerechtfertigt.

Rüdiger Harnisch (2002) stellt in seinem Werk die Vermutung auf, dass sich durch die Fremdwörter eine schwache Flexion in unserem Kernsystem ausbreitet. Dies heißt konkret, dass wir der Annahme nachgehen müssen, ob Fremdwörter allgemein eher schwach flektieren und ob unsere Analyse mit Harnischs Vermutung übereinstimmt.  Um auf unser Kernsystem zurückzuführen, können wir bereits festhalten, dass es sich bei der schwachen Flexion, um die markierten Maskulina, Neutra und Feminina, handelt. „Es scheint nun so zu sein, daß die Korrelation von Formtyp, Flexionstyp und Wortbedeutung bei den Fremdwörtern insgesamt noch konsequenter ist als im Kernwortschatz und der schwachen Flexion zu Produktivität verhilft.“ (Eisenberg, 2001: 198) Eisenberg macht in diesem Zitat also deutlich, dass auch er der Meinung ist, dass Fremdwörter tendenziell eher in eine schwache Pluralklasse flektieren und das diese sich in deren Worttypus oft ähneln. Auch in einem weiteren Werk von Eisenberg aus dem Jahre 2012, also etwas aktueller, ist herauszufiltern, dass es sich gerade bei den schwachen Maskulina um einen Typus handelt, der oft von Fremdwörtern als produktiv angesehen wird. (vgl. Eisenberg, 2012: 219) Diese beiden Belege von Eisenberg könnten also ein erstes Anzeichen dafür sein, dass Rüdiger Harnisch mit seiner Annahme zugestimmt werden könnte.

Innerhalb unserer Analyse wollen wir eine weitere Annahme aufstellen, und zwar, dass es sich bei der s-Flexion um einen Typus handeln könnte, der der schwachen Flexion im Kernsystem zugeschrieben werden kann. Denn viele Fremdwörter erhalten diese als sogenannten Übergangsplural. (vgl. Harnisch, 2002: 75) Auch nach Eisenberg heißt es offensichtlich, dass die meisten Fremdwörter vorerst in die s-Flexion flektieren, da sie sich erst mit der Zeit dem Kernsystem anpassen und auch erst ab dem Zeitpunkt der völligen Integriertheit einen nativen Plural annehmen können. Dementsprechend wird dieser Übergangsplural gewählt, bis sich einige der Fremdwörter mit der Zeit bewiesen haben, durch einen alltäglichen Sprachgebrauch o.ä., bis sie zu Lehnwörtern werden. Auch dies könnte ein Hinweis dafür sein, dass durch Fremdwörter eine allgemeine schwache Flexion im Kernsystem ausgelöst wird.

Schlussendlich können wir anhand des oben angeführten Beispiels von Pizza erkennen, dass durchaus Mischformen bestehen. Folglich sind oft auch zwei Pluralformen vertreten und bereits integriert, sodass beide Varianten bereits im Duden fest verankert sind. Auch können wir an dieser Stelle, der Vermutung von Rüdiger Harnisch zustimmen, dass Fremdwörter höchstwahrscheinlich der Grund für eine zunehmende Ausbreitung der schwachen Flexion im nativen deutschen Wortschatz sind.

2.3. Adjektivflexion von Fremdwörtern

Bei Adjektiven unterscheidet man zwei Formen – die unflektierten und flektierten Adjektive. Die unflektierten Adjektive gelten als Grundform beziehungsweise Kurzform der Adjektive. Eine große Zahl der Adjektive stellt die flektierte Form dar. Diese folgen alle demselben Muster, sodass es keine unterschiedlichen Flexionstypen gibt (vgl. Eisenberg. 2012: 236.). Die Komparationsformen Positiv, Komparativ und Superlativ sind Formen der Adjektive.

Wenn man sich mit der Integration von fremden Adjektiven beschäftigt, muss man zunächst klären, ob das Adjektiv in derselben syntaktischen Funktion wie das Kernadjektiv vorkommt (vgl. Eisenberg, 2012: 236.). Hier wird grundsätzlich geprüft, ob ein Adjektiv überhaupt flektiert, beziehungsweise eine Flektierbarkeit aufweisen kann. Um sich näher mit dem Verhalten und der Funktion der fremden Adjektive zu beschäftigen, muss man prüfen, inwiefern sich die syntaktischen Funktionen der flektierten und unflektierten Kernadjektive auf das Verhalten der fremden Adjektive übertragen lässt (vgl. Eisenberg, 2012: 236.).

Die unflektierte Adjektive kommen meist in Verwendung mit Kopulaverben ´sein´, ´bleiben´, ´werden´ vor. Ein Beispiel, dass Eisenberg heranzieht ist der Satz: Es ist/bleibt/wird fest (vgl. Eisenberg, 2012: 237.). Steht das Adjektiv nach dem Subjektiv handelt es sich meist um ein unflektiertes Adjektiv. Im umgekehrten Fall – Adjektiv nach Substantiv –  handelt es sich meist um die flektierten Adjektive (vgl. Eisenberg, 2012: 237.). Steht das Adjektiv vor dem Subjektiv ist es, wie bereits erwähnt, in der Regel flektiert. Ist dies nicht der Fall und das Adjektiv ist trotz seiner Position unflektiert, handelt es sich um eine Eigenschaft von fremden Adjektiven (vgl. Eisenberg, 2012: 237.). Flektierte Adjektive weisen bestimmte Merkmale und Eigenschaften auf, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen.

Ein häufiges Vorkommen stellen die flektierten Adjektive in attributiver Form dar. Die meisten dieser Adjektive können nämlich nicht prädikativ verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit, in der Adjektive vorkommen können, ist die gespaltene Nominalgruppe. In diesem Fall wird das Adjektiv dem Artikel nachgestellt (vgl Eisenberg, 2012: 237.). Bezogen auf die fremden Adjektive ist hier wichtig, in welchem grammatischen Kontext ein Adjektiv vorkommen kann und wann nicht (vgl. Eisenberg, 2012: 237.). Um dies zu prüfen bedarf es jedoch eine gewisse Menge an Hintergrundwissen und sei somit schwer auf die fremden Adjektive anzuwenden. Eine Vergleichbarkeit lässt sich auf der phonologischen Ebene tätigen (vgl. Eisenberg, 2012: 237). Einfache Adjektive werden im Komparativ und Superlativ häufig umgelautet: Bsp.: warm – wärmer . Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Bei fremden Adjektiven findet keine Umlautung statt: Bsp. Cool – cooler (vgl. Eisenberg, 2012: 237.).

Eine weitere Form der Adjektive stellen die Anglizismen dar. Bei ihnen ist es eindeutig, dass es sich um fremde Adjektive handelt. Anglizismen sind Wörter, die aus dem Englischen entlehnt wurden. Diese lassen sich nach Eisenberg in unterschiedliche Gruppen differenzieren: Einfache und komplexe Adjektive (Anglizismen) und komplexe Adjektive (Gallizismen und Latinismen) (vgl. Eisenberg, 2012: 237.).

Bei den einfachen Adjektiven (Anglizismen) handelt es sich beispielsweise um Wörter wie ´clean´, ´cool´, ´clever´, ´gentle´. Alle diese Wörter sind eindeutig als fremd erkennbar. Bei einigen Wörtern kann die Orthographie bei der Flexion ein Hindernis darstellen, auch in Bezug auf die Integration eines fremden Adjektivs. Um genauer auf die einfachen Adjektive (Anglizismen) eingehen zu können, unterteilt Eisenberg diese in mehrere Untergruppen:

a. clean, cool, soft, fair, smart, safe, tough

b. clever, proper, gentle, open

c. crass, high, hype, light, life, pur

d. fit, hot, hip, top

e. pink

Die Gruppe a ist den entlehnten Adjektiven zu zuordnen. Aufgrund der Schreibung und Lautung sind sie als Anglizismen erkennbar. (vgl. Eisenberg, 2012: 238.). Bei der Gruppe b sei dies ähnlich. Aufgebaut sind diese Adjektive als zweisilbige Stämme mit silbischen Sonoranten (vgl. Eisenberg, 2012: 238.). Unterschiede werden hier bei der Flexion deutlich – Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Reduktion von Schwa (vgl. Eisenberg, 2012: 238). Die Adjektive der Gruppe c flektieren nicht, können aber häufig nach dem Subjektiv gestellt werden und als Attribute fungieren (vgl. Eisenberg, 2012: 238.). Auf einen prädikativen und adverbialen Gebrauch beschränkt seien die Adjektive aus der Gruppe d. Diese flektieren in der Regel, genau wie die Gruppe zuvor, nicht (vgl. Eisenberg, 2012: 238.). Würden diese Adjektive flektieren, würde hier der Konsonant verdoppelt werden, wie beispielsweise ´fit à fitter´. Diese Variante ist möglich, entspreche jedoch prinzipiell nicht der Norm (vgl. Eisenberg, 2012: 238.). Nimmt man das Adjektiv ´pink´  –  auch hier handelt es sich um ein aus dem Englischen entlehntes Wort. Phonologisch betrachtet steht einer Flexion des Wortes nichts im Weg. Dennoch wird es selten flektiert (vgl. Eisenberg, 2012:  238. ). Nach Eisenberg sei es allgemein bekannt, dass es sich bei dem Adjektiv ´pink´ um ein entlehntes Wort handelt (vgl. Eisenberg, 2012: 238.).

Bei den komplexen Adjektiven (Anglizismen) unterscheidet Eisenberg zwei unterschiedliche Gruppen:

a. easy, dirty, fancy, groggy, happy, trendy, tricky, sexy

b. relaxed, recycled, gelabelled, gepuzzled, geleased, interviewed, airconditioned, overdressed, stonewashed

Die Adjektive mit den komplexen Stämmen wie ´easy´,´happy´,´fancy´. Man spreche bei dieser Gruppe von komplexen Stämmen, da diese im Deutschen häufig von Substantiven abgeleitet werden, dennoch habe dies keinerlei Auswirkungen auf das Flexionsverhalten dieser Adjektive (vgl. Eisenberg, 2012: 239.). Die Adjektive mit den komplexen Stämmen flektieren nicht. Grund hierfür sei, dass sie auf einem unbetonten Vollvokal enden (vgl. Eisenberg, 2012: 239.). Die andere Gruppe sind die Adjektive oder auch Formen von Verben. Diese Adjektive können flektiert werden und sind in ihrer Form in der deutschen Sprache bereits weitestgehend integriert (vgl. Eisenberg, 2012:  238.). Als Beispiel kann man hier das Adjektiv ´geleased´ nehmen. Dieses ist auf dem Englischen entlehnt und man könnte dieses auch als solches Verwenden: Das Auto ist geleased. Stellt man den Satz nun um zu Das geleaste Auto, so wird aus ´geleased´´geleaste´. Es wird also der deutschen Sprache angepasst. Bei den Gallizismen und Latinismen handelt es sich ebenfalls um komplexe Adjektive, die eindeutig als fremd erkennbar seien. Erkennbar sind diese Adjektive eher am Stamm und nicht wie bei den meisten Adjektiven am Suffix (vgl. Eisenberg, 2012: 238-239.). Eisenberg unterscheidet auch hier mehrere Gruppen:

a. derangiert, deplaciert, prononciert, artikuliert, diskutiert, frustriert

b. brillant, frappant, elegant, amüsant, galant, charmant, rasant, relevant

c. visibel, terribel, horribel, penibel, flexibel, sensibel, disponibel

d. räsonabel, komfortabel, blamabel, rentabel, veritabel, tolerabel

Eisenberg geht hier überwiegend auf die Herkunft ein, um anschließend auf das Flexionsverhalten aufmerksam zu machen. Aus der Gruppe a werden die Wörter (bis auf derangiert und deplaciert ) dem Lateinischen zugeordnet – Latinismen (vgl. Eisenberg, 2012: 240.). Zu den Gruppen c und d äußert Eisenberg, dass Wörter, welche auf ibel enden, der französischen oder der englischen Sprache zugeordnet werden können. Hier sei die Aussprache von Bedeutung (vgl. Eisenberg, 2012: 240.). Endungen auf abel lassen sich häufig dem Französischen zuordnen (vgl. Eisenberg, 2012: 240.). Diese lassen sich flektieren, folgen jedoch einem bestimmten Muster. (vgl Eisenberg, 2012: 240.). Verwendet man bewusst fremde Adjektive oder hat eine bewusste anglisierte Aussprache, so werden sie in der deutschen Sprache nicht flektiert (vgl. Eisenberg, 2012: 240.).

Betrachtet man nun den Aspekt der Zweifelsfälle, so kommt die Frage auf, warum es sich bei Anglizismen wie nice,  beautiful, dangeours, high, mad, magical oder fair um Zweifelsfälle des Deutschen handelt. Alle diese Wörter benutzen wir in unserem Alltag. Man könnte denken, dass es sich hier schlicht und einfach um englische Wörter handelt, aber dennoch nutzen wir diese Wörter in der deutschen Sprache. Wie am Anfang bereits erwähnt, können wir sehr viele der Adjektive im deutschen flektieren und nur sehr wenige nicht. Aber wie flektieren wir die oben genannten Wörter ? Heißt es nice- nicer – the nicest oder nice – nicer – am nicesten ? Flektieren wir so, wie wir auch unsere deutschen Adjektive flektieren würden, oder auf die englische Art und Weise? Hier besteht der erste Zweifelsfall. Heißt es dangerous – more damgerous – the most dangerous oder dangerous, dangerouser – am dangerousten? Es stellt sich heraus, dass man hier überlegen muss wie man flektiert, wobei es keine eindeutige Antwort gibt. Ein weiterer Grund, weswegen es sich bei diesen Anglizismen um Zweifelsfälle handelt, hängt ebenfalls mit der Flexion zusammen. Nicht nur die Frage, ob man nach deutschen oder englischen Strukturen flektiert, sondern auch, wann man flektiert oder eben nicht? Hängt das Ganze mit der Übersetzung der Wörter zusammen oder wonach entscheidet man das ?

Eine mögliche Begründung, weswegen man wann und wie flektiert, könnte auf die Integriertheit des fremden Adjektivs zurückzuführen sein. Ist das Wort gut in der deutschen Sprache integriert, so könnte man es nach deutschen Strukturen flektieren. Beispielsweise das Wort nice: Das Kleid war nice, aber der Pullover war am nicesten. Ist das Wort nicht in der deutschen Sprache integriert, so flektiert man es gar nicht, oder eben auf die Art und Weise der Herkunftssprache. Dies ist jedoch lediglich eine Vermutung, keine sichere Aussage. Aber genau aus diesem Grund handelt es sich bei vielen Adjektiven auch um Zweifelsfälle. Es gibt mehrere Möglichkeiten ein Adjektiv zu flektieren – aber welche die richtige Art und Weise ist, ist unklar.

3. Fazit

Abschließend lässt sich nach dieser Analyse festhalten, dass die Zweifelsfälle bei Fremdwörtern im Gegensatz zu einigen nativen Zweifelsfällen oftmals mehr als nur zwei mögliche Formen aufzeigen und damit im Prinzip das Musterbeispiel eines Zweifelsfalls darstellen. Diese zeichnen sich vor allen Dingen dadurch aus, dass es meistens keine richtige oder falsche Lösung gibt, denn im Allgemeinen lassen sich meist mehrere der unterschiedlichen Varianten begründen und damit auch im Alltag gerechtfertigt gebrauchen. Diese Uneindeutigkeit zeichnet sich ebenfalls im Sprachgebrauch ab, denn es lässt sich keine eindeutige Tendenz der bevorzugten Formen ermitteln und somit auch keinen allgemeingültigen Leitfaden für den Umgang mit Fremdwörtern ableiten. Dadurch kommen wir zu demselben Fazit wie Klein (2018): „Die Suche nach der einen, einzigen richtigen Variante führt nicht immer zum Ziel. Oft liegt in der Akzeptanz von zwei Varianten eine sinnvolle, gut begründbare Lösung für den Umgang mit einem sprachlichen Zweifelsfall. Die Anerkennung von zwei Varianten kann sowohl mit der Sprachentwicklung als auch mit den normativen Bedürfnissen im Sprachalltag Schritt halten.“ (223). Dieses Zitat fasst die den Umgang mit Zweifelsfällen bei der Flexion von Fremdwörtern treffend zusammen, denn viele der Zweifelsfälle werden sich mit dem Sprachwandel und ihrer Integration selbst mit der Zeit klären, dies trifft besonders auf die Adjektive und Verben zu. Aus diesem Grund ist die in Deutschland verwurzelte Angst vor Fremdwörtern, die mit den neueren Anglizismen wieder präsenter geworden zu sein scheint, nicht begründet. Auch wenn es so scheint, als würden übermäßig viele Wörter entlehnt werden, die bloß Zweifelsfälle verursachen, muss noch einmal betont werden, dass die deutsche Sprache eine Geschichte solcher Entlehnungen hat, die die Sprache ebenfalls ergänzt und verändert, aber nicht zerstört haben. Die deutsche Sprache sollte also keineswegs vor Fremdwörtern beschützt werden, stattdessen sollte die Verbreitung von Panik vor Fremdwörtern unterbrochen und von den neuen Ausdrucksmöglichkeiten Gebrauch gemacht werden.

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