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Schadenersatz und Schadensersatz

“Na da können Sie aber einiges an Schadenersatz einfordern!”, staunte der Polizist nicht schlecht als am Unfallort eintraf.

“Schadenersatz? Sie meinen wohl Schadensersatz!”, antwortet der Unfallbeteiligte.

“Spielt das eine Rolle? Lassen Sie mich erst einmal ihre Stellungsnahme aufnehmen – können Sie mir bei der Datumsangabe helfen?”, entgegnet der Polizist.

“Uh, da klappen sich einem ja die Fußnägel hoch! Wo haben Sie denn sprechen gelernt?!”

“Vorsichtig, Sie sprechen hier immer noch mit einer Respekt… einer Respekts…mit einer…. Ich bin immer noch eine Person des Respekts!”

Und wieder ist ein tolles Beispiel wie vermeidlich falsche Aussprache zu mehr Ärger führt als es gutes bringt! Doch das muss nicht sein, die s-Verfugung von Komposita sind doch wirklich total übersichtlich strukturiert: Entweder handelt es sich um Zusammensetzungen mit besonderen Bestimmungswörtern, einem substantivierten Infinitiv oder um Bestimmungswörter auf -tum, -ling, -ion, tät, -heit, -keit, -schaft, -ung,… Ok vielleicht doch nicht so leicht.

Schaut man im Duden für richtiges und gutes Deutsch nach den prominentesten Zweifelsfällen der s-Fuge fällt eine Gemeinsamkeit schnell auf:

Einkommenssteuer, Schadensersatz, Kriegsführung, Beitragszahlung, verfassungsgebend, Vertragsschließender… alles nicht gerade Alltagswörter. Eher der Wortschatz von Ämtern und Amtsträgern, die ja bekanntlich etwas langsamer sind als der Durchschnitt, also entstehen Zweifel vielleicht durch Behörden die sich einfach ein wenig kryptischer ausdrücken wollen als der Normalsterbliche?

Schaut man auf den Ursprung vieler s-Fugen so liegen sie in der Wortzusammenfügung an sich. So war die Kapitänsmütze früher die Mütze des Kapitäns oder eben des Kapitäns Mütze. Solche Sprachentwicklungen erstrecken sich allerdings über einen so langen Zeitraum, dass sie wohl kein Leser an die Zeit erinnern kann in der es “des Kapitäns Mütze” hieß. Das erweckt in Bezug auf unsere behördlichen Fugenverkenner den Eindruck, beide Varianten “Schadenersatz” und Schadensersatz” würden, wenn auch nicht gerade friedlich, koexistieren.

Es gibt allerdings noch eine Herangehensweise um die vermeintlich richtige Lösung zu finden und das ist die Sprechbarkeit. Noch so ein vager Begriff, der sich darauf bezieht, was locker von der Zunge geht und was eben nicht. Bei dieser Betrachtungsweise geht es also um die subjektive Auffassung, was sich intuitiv richtig anfühlt in der Aussprache. Allgemeine Ableitungen kann man daraus nicht fällen, denn nur weil sich kriegsführend für jemanden richtig anhört, muss das gleiche nicht für zielsführend gelten.

Das Gute an dieser Art sich dem Problem zu nähern ist, dass es kein wirkliches richtig oder falsch gibt. Also lassen wir unsere Amtträger und Respektpersonen doch einfach weiter an ihre Antragformulare und Wiederrechtbelehrungen glauben, auch wenn einige dazu eine andere Meinung haben – Diversität ist selten etwas Schlechtes, so bleibt die Sprache lebendig und zeitsgemäß – oder so.