Auf dem ehemaligen Schießstand im Wernerwald in Sahlenburg, Cuxhaven, steht seit 18. April 2015 ein Gedenkstein, der namentlich an die folgenden fünf Opfer des nationalsozialistischen Regimes erinnert:
Georg Braun – Karl Fnouka – Erich Friedrichs – Kurt Pester – Martin Wachtel
Wer diese fünf Menschen waren und welche Geschichte sich hinter diesem Gedenkstein verbirgt, wird im Folgenden näher beschrieben.
Zunächst begab ich mich auf einen kleinen Spaziergang zu dem Gedenkstein. Dieser befindet sich auf dem ehemaligen Schießplatz im Wernerwald in Cuxhaven. Meine ersten, persönlichen Eindrücke habe ich neben den obigen Fotos mit Zeichnungen und folgenden Stichpunkten festgehalten:
- weder Hinweisschilder noch Ausschilderungen für den Standort des Gedenksteins vorhanden
- Gedenkstein ist relativ schwierig zu finden, da er sich im Wald hinter Bäumen und Büschen befindet
- Gedenkstein in einem guten Zustand
- vor dem Gedenkstein wurden Blumen und ein Blumentopf niedergelegt
- Blumen sind verwelkt und nicht mehr schön anzusehen (Grund könnte der starke Regen sein)
- mehrere rötlich-ockerfarbene Steine liegen auf dem Gedenkstein
- Gedenkstein hat eine Vorder- und Rückseite: Vorderseite mit Inschrift und namentlichem Verweis auf fünf an dem Standort ermordete Menschen & Rückseite mit Übersicht über Initiator, Vereine und Sponsoren
Während der weiteren, näheren Betrachtung des Gedenksteins haben sich zudem mehrere Fragen ergeben:
- Wer kümmert sich um die Instandhaltung des Gedenksteins?
- Wer legt dort Blumen nieder?
- Wer hat die Steine auf den Gedenkstein gelegt?
- Warum wurden die Steine dort hingelegt?
- Wo kommen diese Steine her?
- Was bedeutet das Zeichen auf der rechten Seite des Gedenksteins?
Wie anhand der obigen Notizen deutlich wird, hinterließ der Besuch des Gedenksteins viele Fragen. Daher stellte ich sofort Recherchen an, die folgende Informationen zu der Geschichte der fünf ermordeten Menschen sowie des Gedenksteins ans Tageslicht brachten. Die Fotos stammen dabei, abgesehen vom sechsten Bild, von meinem Recherche-Spaziergang:
Der ehemalige Schießstand im Wernerwald in Sahlenburg, Cuxhaven, überdauerte zwei Weltkriege. Er wurde stillgelegt, als auf dem Übungsplatz Altenwalde Ende der 1980er Jahre eine moderne Standort-Schießanlage in Betrieb ging. Diese diese wurde 2001 abgerissen und der Natur übergeben.
Auf diesem ehemaligen Schießstand befindet sich seit dem 18. April 2015 ein Gedenkstein. Das Datum der Enthüllung ist mit Bedacht gewählt: Genau an diesem Tag vor 30 Jahren, am 18. April 1945, wurden fünf besondere Menschen festgenommen.
Der Grund ihrer Verhaftung: Sie wollten Helgoland, Deutschlands einzige Hochseeinsel, welche ca. 60 km von Cuxhaven entfernt liegt, kampflos an die Engländer übergeben, um die Zerstörung der Insel zu verhindern.
Helgoland wurde von den National- sozialisten während des 2. Weltkrieges zur Kriegsfestung ausgebaut. Es gab einen riesigen Bestand an Waffen, Munition und Militäranlagen sowie einen gigantischen U-Boot-Bunker.
Kurz vor Kriegsende, am 17. April 1945, stellten die Engländer Helgoland per Funk ein Ultimatum: Wenn am nächsten Tag bis zwölf Uhr mittags nicht die weiße Fahne gehisst sei, werde die Insel bombardiert.
Georg Braun, Karl Fnouka, Erich Friedrichs, Kurt Pester und Martin Wachtel wollten dieses schreckliche Ereignis und weiteres Blutvergießen verhindern und planten deshalb die Signalstation einzunehmen, um die weiße Fahne zu hissen.
Sie wurden jedoch von zwei angeblichen Sympathisanten verraten und in den frühen Morgenstunden verhaftet. Kurze Zeit später wurde Helgoland bombadiert und fast vollständig zerstört. 128 Menschen starben.
Noch vor der Evakuierung der Bevölkerung wurden die verhafteten Widerständler, die im Bunker überlebt hatten, per Schnellboot nach Cuxhaven transportiert und zwei Tage später vor Gericht gestellt. “Tod durch Erschießen wegen Verschwörung und Aufforderung zur Meuterei”, lautete im Schnellverfahren das Urteil.