Wiebke Cassens Fundstück

Fundstück aktueller Zustand

Mein Fundstück habe ich bei dem Mahnmal am Panzergraben in Aurich gefunden. Ich habe mich bei meinem Besuch dort sowieso sehr unwohl gefühlt und musste nun etwas finden, was ich mitnehmen wollte. Dabei habe ich mich die ganze Zeit gefragt, was ich mitnehmen kann ohne etwas zu entwenden, was andere Menschen hier bewusst abgelegt haben.

Auf dem Boden vor dem Mahnmal wurden Rosen zum Gedenken niedergelegt. Erst wollte ich eine dieser Rosen mitnehmen, was sich aber völlig falsch angefühlt hat. Immerhin hatte hier jemand etwas bewusst niedergelegt. Also habe ich diesen Zweig mitgenommen, der von den umstehenden Bäumen heruntergefallen war und auf den Rosen lag. Der Zweig hatte also direkte Berührung mit den Rosen gehabt und schien mir dadurch “aufgeladen” von dem Ort. Er war nun in meinen Augen etwas besonderes geworden, weil er direkte Berührung hatte mit der Trauer der Menschen, die hier Blumen niedergelegt haben.

Der Zweig lag eine Weile unbeachtet auf meine Schreibtisch, immer wenn ich auf ihn schaue bekomme ich direkt ein unwohles Gefühl. Etwas erinnert mich an den Ort und an die Grausamkeiten die dort passiert sind. Mittlerweile sind die Blätter des Zweiges vertrocknet und porös. Sie zerfallen und haben etwas vergängliches, wie das Schicksal der Personen die an dem Panzergraben ihr Leben lassen mussten. Würde dort kein Mahnmal stehen, würden auch die Erinnerungen an die Menschen zerfallen.

Die Arbeiter die am Panzergraben schufteten sind teilweise auf Zeichnungen und Fotografien abgebildet. Hier kann man deutlich die Spuren der harten Arbeit und Ausbeutung sehen, die Körper der Menschen sind ausgemergelt und erinnern mehr an Tote als an Lebende. Auch der Zweig ist dünn und wirkt fast knochig. Auf erschreckende, ja fast gruselige Art, muss ich dadurch häufig an die Schicksale der Menschen denken.