Shila Aghassi Fundstück

Etwas aus der alten Pathologie mitzunehmen, war unmöglich, da es sich um einen Ausstellungsraum der Gedenkstätte handelte. Somit entschied ich mich auf meinem Rückweg über das Gelände der Klinik die Augen offen zu halten und bemerkte einen großen Tannenzapfen, der auf einer Grünfläche vor der alten Pathologie lag. Erst beim Anheben bemerkte ich den rostigen Draht, der sich um den Tannenzapfen schlang. Das änderte mein Empfinden schlagartig, da nun klar wurde, dass dieser Tannenzapfen einst Teil eines Gestecks oder ähnlichem gewesen sein musste. Er war nun nicht mehr ein Teil willkürlicher Natur des Grundstückes, sondern wurde mit einer Absicht dort hinterlassen. Da mir auch das Fotografieren auf dem Gelände der Klinik eigentlich untersagt war, nahm ich den Tannenzapfen als Erinnerung an meinen Besuch mit. Er liegt seitdem auf meiner Fensterbank, neben einer Blumenvase und Kerzenständern. Irgendwie ist der Tannenzapfen über die Zeit nun zu einem Teil meiner Wohnung geworden. Wie ich mich damit nun fühle, weiß ich noch nicht recht. Ich werde mein Empfinden weiterhin beobachten, da ich auch noch nicht weiß, was in Zukunft mit meinem Fundstück passieren wird/soll.

Nachtrag:

Zu dem Tannenzapfen der alten Pathologie hat sich ein kleinerer dazugesellt. Er stammt von dem Besuch der Gedenkstätte in Bergen-Belsen. 

Seit Kurzem habe ich einen neuen Gedanken: Ich habe in unserem Seminar gelernt, wie wichtig die Konfrontation mit der NS Vergangenheit auch erneut im Erwachsenenalter ist. Die Geschehnisse sind bewusst, aber man befasst sich nach der Schulzeit nicht mehr so intensiv damit. So empfinde ich es zumindest. Daran möchte ich etwas ändern. Für mich persönlich haben die beiden Fundstücke nun einen Einfluss auf meine Gegenwart. Isoliert von ihrem eigentlichen Ort, wirken sie auf eine Art und Weise noch stärker und erinnern fern von ihrem Ursprung an das Gedenken. Für den Moment, gibt mir das ein gutes Gefühl. Es bedrückt und irritiert mich nicht mehr die Tannenzapfen täglich zu sehen.