Stolpersteine in Oldenburg

von Lavinia von Hören

Seit Beginn des neuen Semesters befinde ich mich in Oldenburg, wo ich auch meine Recherche vor Ort begonnen habe. Zunächst habe ich zu dem Projekt ‚Stolpersteine‘ recherchiert, da ich bereits davon gehört und auch schon Stolpersteine in anderen Städten gesehen hatte.

In Oldenburg gibt es drei Orte, an denen Stolpersteine verlegt wurden. Insgesamt wurden fünf Stolpersteine (in Rahmen von zwei Terminen) seit 2011 verlegt. Im Vergleich mit anderen Städten dieser Größenordnung oder kleiner ist die Zahl der Stolpersteine in Oldenburg sehr gering.

An folgenden Orten wurden Stolpersteine verlegt:

  • Nadorster Straße 155, Oldenburg (drei Steine)
  • Kloster Blankenburg, vor der Kapelle, Oldenburg (ein Stein)
  • Neusüdender Weg 50, Oldenburg (ein Stein)

Ich habe mich auf den Weg zur Nadorster Straße gemacht, da sie bei mir in der Nähe ist. Nach längerem Suchen fand ich die Hausnummer 155 (das Gebäudegehört zum BVO = Bezirksverband Oldenburg). Eher unscheinbar lagen die Steine mitten auf dem Fußweg, wo sie leicht übersehen werden. So musste auch ich genau hinsehen, um die Steine zu finden.

Verlegt wurden die Steine am 8. November 2011. Sie erinnern an die drei Geschwister Erna Maria, Otto und Alfons Evers.

In Abständen von einem Jahr wurden die Geschwister in Deindrup bei Vechta geboren. Alle drei wurden als geistig behindert eingestuft und konnten daher nur im St. Vincenz Haus in Cloppenburg zur Schule gehen.

Das St. Vincenz Haus Cloppenburg ist eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Schulische und heilpädagogische Förderung erfolgte auf Grundlage eines christlichen Menschenbildes. Das Haus war bis 1969 die einzige Möglichkeit auf Schulbildung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen aus den Landkreisen Vechta und Cloppenburg.

Im Jahr 1934 wurden die Geschwister in die Pflegeanstalt Getrudenheim in Oldenburg eingewiesen. Das Getrudenheim befindet sich heute noch fast unmittelbar hinter dem Gebäude des BVO.

Das Gertrudenheim Oldenburg ist ebenfalls eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Viele Eltern gaben ihre Kinder in der NS-Zeit in diese Einrichtung. Im Gertrudenheim wurden bereits 1936 die ersten Krankenmorde durchgeführt, obwohl Hitler diese erst 1939 befohlen hatte. Insgesamt starben 106 Kinder und Jugendliche im Gertrudenheim den Hungertod (ihnen wurde systematisch die Nahrung entzogen, um Geld zu sparen und es stattdessen an kulturelle Einrichtungen zu spenden). Alle Leichen wurden beim Kloster Blankenburg und auf dem Neuen Friedhof in Oldenburg vergraben.

Das Jahr 1937 markierte die Verlegung von Erna Maria und Otto Evers in die Pflegeanstalt Blankenburg (heutiges Kloster Blankenburg bei Oldenburg). Zu dem Zeitpunkt war das Kloster eine Psychiatrie.

Alfons blieb bis 1941 im Getrudenheim und wurde danach in die Heilanstalt Erlangen verlegt, wo er im März 1943 als Opfer der Euthanasie verstarb. Otto verstarb bereits im April 1938 an mangelnder Pflege und Unterernährung. Er war 12 Jahre alt. Erna Maria fiel im Januar 1940 ebenfalls der Euthanasie zum Opfer.

Lange war man der Ansicht, dass es im Oldenburger Land wenige bis gar keine Gräueltaten im Nationalsozialismus gegeben habe. Erst 2011 kamen, im Rahmen von Schulprojekten und Recherchen, die Gräueltaten, die sich im Gertrudenheim und im Kloster Blankenburg abgespielt hatten, ans Licht.

Das Kloster Blankenburg hat bisher keinerlei Gedenktafeln für die Opfer der Euthanasie aufgestellt; auf dem Neuen Friedhof in Oldenburg jedoch soll eine Gedenkstätte entstehen, die dieser Opfer gedenkt.

Subjektiver Eindruck
Ich musste gezielt nach der Hausnummer suchen, um die Stolpersteine zu finden. Sie liegen eingebettet in den Gehweg an der befahrenen Nadorster Straße vor einem modernen Gebäude des Bezirksverbandes Oldenburg.
Sie sind mir erst beim genaueren Hinsehen aufgefallen. In einer Vorher-Recherche hatte ich mich nur darüber informiert, wo die Steine liegen. Im Nachhinein hätte ich es besser gefunden, vorher mehr über die Bedeutung des Ortes und des Getrudenheimes gewusst zu haben (dann hätte ich mir das Getrudenheim auch gleich angeschaut).

Die Steine wirken aufgrund der Breite des Gehwegs sehr klein und unscheinbar.
Ich kann mir vorstellen, dass sie schnell übersehen werden (so wie auch anfangs von mir). Als ich davorstand und auf die Stolpersteine herunterblickte, hatte ich ein ganz merkwürdiges Gefühl (ich fühlte mich fast ein bisschen unwohl). Also kniete ich mich davor. In der Position fühlte es sich nicht mehr ganz so befremdlich an. Von den Steinen und dem Gebäude, vor dem sie liegen, Fotos zu machen fand ich dann aber doch merkwürdig. Es fühlte sich falsch an. Fast so, als wäre ich ein Tourist, der eine Sehenswürdigkeit fotografieren würde.

https://www.nwzonline.de/oldenburg/bildung/stolpersteine-erinnern-an-nazi-opfer_a_1,0,556111634.html

https://www.nwzonline.de/oldenburg/kultur/stolperstein-gegen-das-vergessen_a_31,2,1828374722.html

https://www.nwzonline.de/oldenburg/kinder-starben-hungertod-in-blankenburg-kinder-starben-hungertod-in-blankenburg_a_16,0,2778729018.html