– Spuren der Vergangenheit –
von Fenja Knop
Auf ihrem Leidensweg von den
Konzentrationslagern Neuengamme nach Bergen-Belsen starben
am 12. April 1945
269 Menschen.
Gequält und fast verhungert,
flohen diese Menschen aus dem Zug.
Von Hunden aufgestöbert,
mussten sie ihr eigenes Grab schaufeln.
Sie wurden von den Wachen erschlagen und in die Grube geworfen.
Einige Lebendigen Leibes.
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Während meiner Schulzeit kam ich erstmals mit den Spuren des Nationalsozialismus in meinem Heimatort in Berührung. Ein Modell eines Denkmals sollten wir zur Erinnerung an die Vorkommnisse konstruieren. Ich wollte es empfindsam und erlebbar machen, aber die Orte des Geschehens habe ich nie besucht. Heute nach fünf Jahren machte ich mich auf den Weg und versuchte jene dokumentierten Plätze zu suchen. Hierfür fuhr ich nach Schneverdingen, Wintermoor, Wolterdingen und Soltau. Ich begegnete Friedhöfen, Bahnhöfen und Wäldern. Ich sah viele Gräber, Steine, Schriften, Namen und Blumen.
Hier ruhen 156 unbekannte Opfer des dritten Reiches.
Herr erbarme Dich. 62 unbekannte KZ-Tote.
Nur Gott der Herr kennt Ihre Namen. 269 Unbekannte Menschen sind hier beigesetzt. Sie erteilte der Tod in den letzten Tagen des Krieges.
Die Friedhöfe empfand ich weniger schrecklich als die Vorstellungen der Bahnhöfe und Wälder, schließlich fanden die Opfer auf den Begräbnisstätten nach ihrer Exhumierung ihre letzte Ruhe. Beim Spazierengehen im Wald nahe des Bahnhofes in Wolterdingen, indem die meisten KZ-Häftlinge nach Verfolgungsjagten getötet wurden, kreisten mir die Informationen der letzten Stunden oder Tage der Opfer durch den Kopf, welche ich zuvor recherchierte. Dieses Kopfkino begleite mich dauerhaft bei den Besuchen der Orte. Ich fühlte mich unwohl und bedrückt. Auch beim Besuch des Friedhofes in Wintermoor überkam mich ein schlechtes Gefühl, als ich Namen und Alter von 26 Opfern erblickte. Dadurch bekam die Suche einen persönlichen Charakter. An diesem Ort hielt ich mich auch am längsten auf.
Es war schön zu sehen, dass an fast jedem besuchten Ort Blumen zu finden waren, ich pflückte ebenfalls welche und legte sie dazu. Eine Blume nahm ich mit nach Hause.
Vergangenes Jahr wurde ein Denkmal für die KZ-Opfer der Transportzüge auf der Heidebahn am Schneverdinger Bahnhof errichtet. Ein kleines Häuschen direkt an den Bahnschienen ist für jeden zugänglich. Vor dem Häuschen ist ein kleiner Platz, auf dem sich eine Bank befindet. Beim Betreten stößt man auf große Holzbretter, welche einen Kasten formen. Darin befinden sich viele gigantische Nägel. An den Wänden hängen Informationstafeln. Meine Gedanken waren, dass der große Kasten einen Güterwagon darstellen soll, in dem die KZ-Opfer deportiert wurden. Die Nägel stellen gleichzeitig Personen, Leid, Überfüllung und Enge dar.
Historischer Hintergrund der KZ-Züge auf der Heidebahn
Wenn gehetzte Großstädter mit dem kleinen Zug in die Lüneburger Heide fahren, mag es ihnen scheinen, als seien die beschaulichen Orte an der Bahnstrecke in einen Dornröschenschlaf versunken.
Wohl kaum einer von ihnen ahnt, dass sich hinter der Rosenhecke auf den Friedhöfen ein Geheimnis verbirgt. Andere Bahnreisende waren vor ihnen hierhergekommen. Niemand sollte sie bemerken.
Anwohner, die sich dennoch den Reisenden in ihren Zügen näherten, sahen Lederpeitschen, hörten Schüsse und grauenhafte Schreie.
Gräber wurden geschaufelt, auf denen bald Heidekraut wuchs.
Mit ihm wuchs eine Dornenhecke des Schweigens.
Erst in jüngster Zeit ist es gelungen, diese Hecke des Schweigens zu überwinden…
http://www.kz-zuege.de
Ein kurzer Umriss:
Im Jahr 1944/45 wurden Transporte von KZ-Häftlingen von den Lagern Neuengamme nach Bergen-Belsen und andersherum unternommen. Vor Rund 75 Jahren, als die ganzen Geschehnisse langsam zu Ende gingen, sollte das KZ-Gefangenenlager Bergen-Belsen geräumt werden, um die Häftlinge nach Neuengamme zu deportieren. Der Verbindungsweg war hierfür die Heidebahnstrecke. In kleine Viehwagons wurden rund 60 Personen gesteckt und auf den Weg Richtung Hamburg geschickt. Allerdings wollte das Lager Neuengamme die Häftlinge nicht aufnehmen und so verblieben die Züge auf den Bahnhöfen in Handeloh, Schneverdingen, Wintermoor, Soltau und Wolterdingen, nachdem auch die Bahnschienen durch Bombenangriffe zerstört wurden.
AnwohnerInnen wollten den Personen in den Zügen Essen und Trinken bringen, wurden aber von Anhängern Hitlers und Wachen zurück delegiert, ansonsten blühe ihnen ebenfalls der Tod. Viele KZ-Häftlinge starben schon während der Transporte an Unterernährung, Krankheiten und Schwäche. Mit den toten Personen wurden leere Wagons bis obenhin befüllt. Zudem versuchten mehrere Häftlinge in die Wälder zu entkommen, jedoch wurden sie von SS-Truppen, der Hitlerjugend und AnwohnerInnen gejagt und umgebracht.
Weiterführende Informationen unter:
http://www.kz-zuege.de/inhalt.htm
(Hier findest Du unter anderem viele Zeugenberichte!)
https://blog.befreiung1945.de/tag/soltau/
(Foto Exhumierung Wolterdingen von dem britischen Armeefotograf Sergeant D.M. Smith,Video Exhumierung in Soltau)