Ein Ende ist gefunden…

Mit der vorangegangenen Dokumentation ist das Projekt über künstlerische Produktionen von und über Queers im indigenen Nordamerika bereits einen wichtigen Schritt in Richtung Projektabschluss gegangen. Vollendet findet sich das Ganze dann in naher Zukunft als wissenschaftlicher Artikel beim studentischen Online-Journal Forsch! der Universität Oldenburg. Zur Zeit muss dieser nur noch einer Layout-Überarbeitung unterzogen werden um dann anschließend auf http://openjournal.uni-oldenburg.de/index.php/forsch/index? zu erscheinen. Sobald dieser online geht, werden wir Sie umgehend auf unserem Blog darüber informieren. Ansonsten hoffen wir, dass Ihnen unser Blog gefallen hat und wir Sie über unser Projekt ausreichend informierten haben – mehr noch, Neugierde geweckt haben! Für uns ist mit der Veröffentlichung des Artikels ebenfalls ein Ende nach mehr als einem Jahr Projektarbeit in Sicht und wir freuen uns, dass es uns möglich war, unsere Erkenntnisse und Forschungsergebnisse öffentlich zu machen und mit Ihnen zu teilen.

22/06/15 Was sind künstlerische Produktionen?

Die Sitzung am 22. Juni 2015 beschäftigte zunächst mit der Frage, was künstlerische Produktionen überhaupt sind. Darauf folgte eine Einführung in die Cultural Studies. Beiden Themenfeldern näherten sich die Studierenden mit entsprechenden Texten, die zuvor aufgeteilt wurden. Dabei handelte es sich um folgende Textgrundlagen:

  • Bal, Mieke, 2008, Visual Analysis. In: Bennett, T. / Frow, J. (Hg.) (2008), The SAGE Handbook of Cultural Analysis. Los Angeles / London / New Dehli / Singapore: SAGE, S. 162 – 184.
  • English, James F., o. A., Literary Studies. In: Bennett, T. / Frow, J. (Hg.) (2008), The SAGE Handbook of Cultural Analysis. Los Angeles / London / New Dehli / Singapore: SAGE. S. 126 – 144
  • Gunning, Tom; o. A., Film Analysis. In: Bennett, T. / Frow, J. (Hg.) (2008), The SAGE Handbook of Cultural Analysis. Los Angeles / London / New Dehli / Singapore: SAGE, S. 185 – 202.
  • Leuthold, Steven, 1999, Native Media’s Communities. In: Champagne, Duane (Hg.), Contemporary Native American Cultural Issues. AltaMira Press, Walnut Creek, S. 193 – 215.
  • Lutter, Christina / Reisenleitner, Markus, 2008 [Orig. 1998], Cultural Studies: Eine Einführung. Wien: Turia & Kant, Kapitel 3, S. 51 – 87.
  • Nayar, Pramod K., 2008, An Introduction to Cultural Studies. New Delhi usw.: Viva, Kapitel 2, S. 47 – 88.
  • Perdue, Theda / Green, Michael D., 2010, North American Indians: A Very Short Introduction. Oxford usw.: Oxford University Press, Kapitel 7, S. 115 – 130.
  • Rowse, Tim, 2008, Indigenous Culture: The Politics of Vulnerability and Survival. In: Bennett, Tony / Frow, John (Hg.), 2008, The Sage Handbook of Cultural Analysis. Los Angeles u.a.: SAGE, S. 406 – 426.

Die einzelnen Texte wurden von den Studierenden der Reihe nach vorgestellt und besprochen. Dazu hat jede_r ein Handout vorbereitet, in dem wiederum Thesen, Zitate und Fragen aufgegriffen wurden. Im Folgenden werden ausgewählte, bedeutungsstarke Aspekte herausgestellt, erörtert und mit Fragen in Bezug auf künstlerische Produktionen verdichtet:

  • In Indigenious Cultures geht es um die Frage, wer wie sehr indigen ist. In diesem Kontext fällt der Begriff des Blood Quantum. In vielen indigenen Communities ist der indigene ‚Blut-Anteil‘ ein wichtiges Kriterium und verbunden mit offiziellen Anträgen, Papieren etc. Damit verbunden ist auch der ethnic fraud, sprich der ‚ethnische Betrug‘. Diese Aspekte lassen die Frage aufkommen, ob indigene Identität bzw. Ethnizität nicht auch ‚nur‘ ein weiteres soziales Konstrukt ist. Des Weiteren fallen die Begriffe natureculture und NaturenKulturen, welche die Gegensätze zwischen Natur und Kultur in aktuellen ethnografischen Bestrebungen versuchen aufzuheben.

Hinsichtlich der Fragestellung nach dem, was überhaupt künstlerische Produktionen sind, werden weitere Fragen in Bezug auf indigene Kunst generiert: Ist indigene Kunst reduziert auf indigene Themen, Symbole etc.? Wo sind indigene Künstler_innen zu verorten, die an der modernen Kunst partizipieren? Handelt es sich auch dann noch um indigene Kunst, wenn der_die Künstler_in, aber nicht die Kunst indigen ist? Inwieweit können nicht-indigene Künstler_innen durch das Aufgreifen von indigenen Motiven, Symboliken etc. an indigener Kunst partizipieren? Was machen Zuschreibungen wie indigen, homo- und heterosexuell, queer mit Kunst? Wie ist queere Kunst und wie muss der_die Künstler_in der Kunst sein? Handelt es sich um unberechtigte Aneignung, wenn eine hegemonial situierte Person sich an Motiven aus der subalteren Schicht bedient? In Verbindung mit der letzten Frage steht der Begriff der cultural appropriation. Mit der Frage, ob jegliches Rezipieren lediglich das Aufgreifen von etwas ist, das bereits im Diskurs besteht, eröffnet sich der Begriff des cultural copyright.

  • In Native Media’s Communities geht es um die Frage, wie lokal die Ebene von Communities konstituiert sein muss, um eben auch als indigene Community definiert zu werden. In diesem Kontext ist insbesondere die Rolle sowohl von Medien als auch von künstlerischen Produktionen zu klären. In diesen Zusammenhang lässt sich z. B. das Phänomen der PowWows anführen. An diesen beteiligen sich einige indigene Personen gerne, andere wiederum lehnen diese jedoch ab mit der Begründung von mangelndem persönlichen Bezug.
  • Im Kapitel cultural sovereignity wird die kulturelle Souveränität von indigenen Bevölkerungen in Bezug auf ihre Repräsentationen behandelt. Vor diesem Hintergrund ist die Frage entstanden, ob Repräsentationen subaltern situierter Personen allgemein sein darf und kann. Nach Butler würde es sich durch eine Verallgemeinerung um eine Abjektion Verwerfung, Absprechung des Mensch-Seins handeln.

In Bezug auf künstlerische Produktionen bestehen die Fragen, wer Kunst für wen produziert und wie Kunst im Diskurs von Preisen und Auszeichnungen, sowohl aus der eigenen als auch aus der ‚fremden‘ Kultur zu beurteilen ist. Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die Aufstellung eines Kanons und welche Bedeutung hat es, in einem Kanon aufgenommen zu werden?

  • In Visual Analysis geht es um Intelligibilität von Indigenousness und Queerness sowie dem Spiel mit Stereotypen. Daraus ergeben sich Fragen wie: Welche Bedeutung hat die Betonung einer Identität als Künster_in in einer sich globalisierenden Welt, in der zunehmend mehr Personen am Künster-Sein teil haben (können)?
  • Die Kapitel Film Analysis sowie Literary Studies sind jeweils aus dem SAGE Handbook of Cultural Analysis So befinden sich Film als auch Visual Analysis aktuell in ihrer psychoanalytischen Phase, besonders aus feministischer Perspektive. Dabei ist zu beachten, dass die ethno-Psychoanalyse nicht deckungsgleich ist mit der klassischen Psychoanalyse und andere Begriffe verwendet, wie z. B. hegemonial bzw. dominant vs. subaltern oder auch oppositionell und subversiv. Im Kapitel zu den Literary Studies wird u. a. die stärkere Verbreitung von Literatur hin zu Populärkultur thematisiert. Der Hang zur Interdisziplinarität dient allerdings seit jeher dem Erhalt der Ressourcen und der eigenen Bedeutsamkeit.

15/06/15 Einführung zu Queer

In der Sitzung am 15. Juni wurde eine Einführung zum Thema ‚Queer‘ vorgenommen. Dazu wurden zuvor von jedem_r Projektteilnehmer_in Vorbereitungen getroffen. Diese umfassten das Lesen von ausgewählten (Einführungs-) Texten in die Thematik und das Festhalten von darin enthaltenen Thesen, Zitaten, Fragen und Begriffen auf Zetteln. Diese wurden innerhalb des Seminars nach und nach vorgetragen, besprochen und nach Zusammenhängen geordnet. Im Folgenden werden ausgewählte, bedeutungsstarke Aspekte herausgestellt und erörtert:

  • Queer: „Denn queer denken, heißt übliche Vorstellungen sexueller Identität, die glatten Einteilungen Frau / Mann und homosexuell / heterosexuell in Frage zu stellen.“[1]. Queer ist einerseits ein analytischer Begriff aus der Queer Theory und wird als wider-kategoriale bzw. als ein wieder-kategorialer Begriff verstanden. Queer ist eine widerständige Strategie und Praxis.
  • Performativität nach Butler: Laut Butler schließen sich Identifikation und Begehren gegenseitig aus. Doch durch den performativen Akt werden Geschlechternormen durch Zitationen und Wiederholungen immer wieder performativ hergestellt und festgelegt. Damit diese bestehen bleiben, sind sie auf ihre Zitationen angewiesen. Indem also etwas gesagt oder getan wird, wird wiederum etwas hergestellt. Als Bsp. kann hierbei die Hochzeitszeremonie angeführt werden, bei der mit den Worten „Hiermit ernenne ich euch zu Mann und Frau“ Geschlechternormen in Form von binären Gegensätzen naturalisiert werden und Heteronormativität konstruiert wird.
  • Performanz bezieht sich auf eine bestimmte Geschlechterperformanz, die als Möglichkeit der Subversion zu sehen ist. Als Beispiel führt Butler hierbei Drag-Queens an, die mit festgeschriebenen Geschlechternormen spielen und anders ‚performen‘ als es ‚gesellschaftlich‘, eben nach der binären Geschlechterordnung, von ihnen erwartet wäre. Heteronormativität wird somit als ‚nicht naturgegeben‘ entlarvt.
  • Intersektionalität beschreibt alle miteinander verschränkten Diskriminierungsebenen. Für Diskriminierung liegen immer mehrere Ordnungssystem wie ‚race‘, ‚class‘, oder ‚gender‘ zugrunde, die miteinander verwoben sind und somit nicht strikt zu trennen sind.
  • Eine weiteres Themenfeld, welches insbesondere für das Projekt von Bedeutung ist, bezieht sich auf historische Dimensionen und ist für die Entwicklung bzw. Entstehung des vorherrschenden Ordnungssystems der Geschlechter wichtig zu beachten. So wurde im Zuge der Kolonisation Heteronormativität übertragen. Heute bestehen viele Verschiebungen und Veränderungen der damaligen (Geschlechter-)Ordnungen, aber es werden immer noch viele alte Vorurteilsmuster aufgegriffen.
  • Anti-Bias: Begrifflichkeit, die mit Anti-Diskriminierung und gegen Mobbing gleichzusetzen ist.
  • Begriffliche Unterscheidung von sex und gender unterliegt einem historischen Prozess mit Ausgangspunkt im Feminismus der 1970er / 1980er Jahre. In dieser Zeit wurde erstmals eine Unterscheidung zwischen dem ‚biologischen‘ und dem ‚sozialen Geschlecht‘ vorgenommen. Judith Butler revidierte diese Unterscheidung wiederum in den 1990er Jahren, indem sie der Frage nachging, wo ‚sex‘ aufhöre und wo ‚gender‘ beginne. Daraus schlussfolgerte sie, dass ‚sex‘ immer schon ‚gender‘ gewesen ist.
  • Für das Projekt ist der Begriff der künstlerischen Produktionen unumgänglich und kann als Ermöglichung des Verständnisses von Gender und Queer wahrgenommen werden. Die Analyse der jeweiligen künstlerischen Produktionen erfolgt im Sinne der Cultural Studies. Kunst wird somit als virtueller Erfahrungsraum bzw. Imaginationsraum verstanden, was wiederum neue Wirklichkeitsmöglichkeiten eröffnet. Kunst ist also auch ein Spiel mit den Grenzen und vor allem auch politisch.

Zu guter Letzt stand die Frage nach der Verbindung zwischen Queer und künstlerischen Produktionen im Raum. Die Queer – Bewegung und Theory ermöglicht es, Kategorien in ihrer Konstruiertet offen zu legen und ‚Sicherheiten‘ in Frage zu stellen. Queer schafft somit VerUneindeutigungen.

[1] Weiss, Volker, 2001, Queer-Theorie und Queer-Politics: Eine Einführung. In: Klaus Stehling (Hg.), Queer Politics: Aufbruch zu neuer Ufern!? Göttingen: Edition Waldschlösschen Materialien: 34.

01/06/15 Besprechung zu queeren, indigenen Textproduktionen

Das in der Sitzung zuvor (18. Mai 2015) besprochene Vorgehen umfasste eine Aufteilung von Texten, die sich konkret mit der Forschung zu queeren, indigenen künstlerischen Produktionen auseinander setzen. Folgende Texte wurden dafür einbezogen:

  • Roscoe, Will, 2007 [2002], Native North American Literature. In: glbtq: An Encyclopedia of Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender and Queer Culture, siehe www.glbtq.com/literature/native_north_am_lit.html (konsultiert am 29.03.2013).
  • Tietz, Lüder, 2013, Two-Spirit als ethnisches, geschlechtliches und sexuelles Selbstkonzept: Kulturpsychologische Untersuchung lebensgeschichtlichen Materials, Kapitel 2.4. Unveröffentlichte Diplomarbeit in Psychologie an der Universität Bremen.
  • Lowe, John, 1994, Coyote’s Jokebook: Humor in Native American Literature and Culture. In: Wiget 1994: 193-205.
  • Driskill / Qwo-Li / Justice, Daniel Heath / Miranda, Deborah (Hg.), 2011, Sovereign Erotics: A Collection of Two-Spirit Literature. Tucson, AZ: University of Arizona Press: 1 – 17.
  • Moses, Daniel David / Goldie, Terry, 2005, An Anthology of Canadian Native Literature in English. Toronto, ON usw.: Oxford University Press, XIII – XXII.
  • Wright, Judy A. / Lopez, Melodie A. / Zumwalt, Lora L., 1997, That’s What They Say: The Implication of American Indian Gay and Lesbian Literature for Social Service Workers. In: Brown 1997: 67-84.

Der erste Teil in dieser Sitzung wurde von der Frage geleitet, welche Aspekte aus der jeweils zugeteilten Literatur für das Projekt spannend sein könnten. In dieser Protokollzusammenfassung finden relevante Aspekte aus folgenden drei Texten Eingang:

So ergaben sich aus der Einleitung zum Text „An Anthology of Canadian Native Literature in English” Fragen rund um den Kanon, also um Fragen für einen möglichen ‚Verhaltensleitfaden‘ in Bezug auf (queere) Literatur von Native Americans: Wie nehmen weiße Wissenschaftler diese Literatur auf? / Was sind die wichtigsten Werke und warum? / Wer wählt das aus?

Weitere Aspekte aus der Einleitung zu diesem Text lassen danach fragen, wer überhaupt über wen schreiben und / oder forschen darf und inwiefern eine Abgrenzung zwischen dem Native Writer und dem White Reader besteht. Darüber hinaus ist uns von den Autoren_innen Kritik am Mainstream aufgefallen und gleichzeitig ein Rückgriff auf diesen, indem kein eigenes Publikationsorgan für die queere, indigene Literatur verwendet wird, sondern ein von Weißen Europäern dominierender Verlag (Oxford University Press).

Darauf folgt eine Textbesprechung zum Coyote’s Jokebook: Humor in Native American Literature and Culture, in der der Begriff des Trickster erneut aufgerollt wurde. So ist der Trickster demnach ein unsterblicher Gestaltenwandler, der wiederum als eine Sagenfigur zu verstehen ist und vor allem in der Mythen- und Religionsforschung verankert ist. Sie verhält sich zugleich komisch als auch unterschwellig boshaft und hat dabei einen ganz eigenen Humor, der dafür sorgt, dass der Mensch die Kontrolle über seine Körperfunktionen verliert. Dabei hat jede Ethnie ihre eigenen Trickster-Figuren und Geschichten, wobei sich eine Trickster-Figuren auch überschneiden. Der Trickster hat innerhalb der Ethnie die Aufgabe, ernste Rituale aufzulockern und sie dann wiederum durch eine Irritation zu festigen.

Nach dieser Textvorstellung folgt eine Textbesprechung zur Einleitung aus That’s What They Say: The Implication of American Indian Gay and Lesbian Literature for Social Service Workers. Aus diesem geht die Frage hervor, wo sich Menschen mit indigenen Wurzeln und nicht heterosexueller Ausrichtung verorten. Also eher in der LSBTTIQ – Community oder in der eigenen Ethnie (als Two-Spirit).

Im zweiten Teil dieser Seminareinheit ging es um die Erstellung eines wissenschaftlichen Blogs mit Hilfe von wordpress. Dazu waren zwei Medientutoren geladen, welche die Funktionsweise für einen mit wordpress erstellten Blog erläuterten.