Carina

Zur Verwendung von mythischen Bezügen und der Tricksterfigur im Roman Der Kuss der Pelzkönigin von Tomson Highway – Ergebnis

In diesem Unterprojekt wurde unter der Fragestellung ‚Wie werden traditionelle, nordamerikanische, indigene Mythen und Figuren modernen, künstlerischen Produktionen von Queers anverwandelt‘ eine Antwort gesucht, die zugleich einen Beitrag zur übergeordneten Gesamtfragestellung des Projektes liefert. Dazu wurde der ins deutsch übersetzte Roman Der Kuss der Pelzkönigin (2001) von Tomson Highway mittels einer hermeneutischen Literaturinterpretation einer Analyse unterzogen, wobei ein postmodernes Mythenverständnis nach Hans Blumenberg die Grundlage bildet. Tomson Highway verarbeitet im Roman vor dem Hintergrund seiner queeren Cree-Identität Anteile seiner Vita und greift z. T. auf Themen zurück, die aus einer subalternen Position heraus gründen: Zwangsassimilation, sexuelle Gewalt, Rassismus, Alkoholismus und rigider Katholizismus. Eingebunden in traditionelle, indigene nordamerikanische Mythen, erweist sich der Roman auf zwei Ebenen als eine Hybridisierung: Zum einen als ein in sich hybrides Werk, da der Roman seinen Ursprung im europäischen Raum verortet und eine Narration vor einem queeren, indigenen und nordamerikanischen Kontext erzählt. Zum anderen repräsentiert er Hybridität durch das Verschmelzen von traditioneller, indigener Mythologie mit einem queeren Kontext. Darüber hinaus stellt die Tricksterfigur ein durch und durch hybrides Wesen dar und ist damit als Schlüsselmoment in den Vordergrund der Analyse gerückt worden. Die Tricksterfigur hat ihren Ursprung wiederum in indigenen, nordamerikanischen Mythen und begegnet den Protagonisten im Roman als Patin bzw. Beschützerin. Mal als Polarfüchsin, dann wieder als hybrides, feminines Wesen zwischen Tier und Mensch, nimmt sie unterschiedliche Gestalt an. Zugleich kommt ihr eine (psycho-)therapeutische Wirkung zugute, die u.a. Ausdruck in der Legitimation bestimmter Verhaltensweisen erfährt und damit als eine Art ‚Ventil‘ aufgefasst werden kann. In diesem Verständnis bewegt sich auch das postmoderne Mythen-Verständnis, welches vor allem durch Flexibilität und Wandelbarkeit geprägt ist. Auf diese Weise legitimiert Highway die Anverwandlung von traditionellen, indigenen, nordamerikanischen Mythen und Figuren an einen queeren Kontext. Denn seit jeher wurden Mythen verändert und sind unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt, wie z. B. transkulturellen Erfahrungen. Die Tricksterfigur ist bereits an sich eine ambivalente, wandelbare Persönlichkeit und damit per se legitimiert in jeglicher Gestalt in jeglichem Kontext aufzutreten. Eine Kritik daran, dass Highway die traditionelle, indigene Tricksterfigur in seinem Roman vor einem queeren Kontext quasi ‚zweckentfremdet‘ hätte, ist somit nicht haltbar. Der Roman lässt sich als zeitgenössischer Umgang mit Mythen lesen und wirkt darüber hinaus als eine Revitalisierungsstrategie für das Phänomen Two-Spirit.

Medien:

Highway, Tomson (2001), Der Kuss der Pelzkönigin. München: Frederking & Thaler.

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Zur Verwendung von mythischen Bezügen und der Trickster-Figur im Roman Der Kuss der Pelzkönigin von Tomson Highway – Zwischenergebnis

Unter diesem Arbeitstitel wird der Frage nachgegangen, „Wie traditionelle, indigene Mythen und Sagen an moderne künstlerische Produktionen von Queers im indigenen Nordamerika ‚angepasst“ werden. Dazu wird in dem geplanten Unterprojekt eine Analyse des Romans Der Kuss der Pelzkönigin (2001) von Tomson Highway vorgenommen. Bei dieser künstlerischen Produktion aus einem queeren, indigenen Kontext handelt es sich um ein hybrides Werk, da es indigene, traditionelle Mythen, Sagen und Trickster-Figuren in die literarische Gattung des Romans überträgt und auf diese Weise narrative Realität mit der Mythologie von Native Americans verwebt. Gleichzeitig drapiert Highway Mythen und Trickster in einen modernen, queeren Kontext. Aufgrund der stilistischen und metaphorischen Arbeit Highways ergeben sich Fragen nach der Bedeutung und dem Zweck der Verflechtung von narrativer Realität und traditionellem Mythos. Des Weiteren stellen sich Fragen nach der Bedeutungszugehörigkeit der Trickster-Figur, die im Roman an unterschiedlichen Stellen erscheint. Im Fokus der Analyse liegen somit diese Schnittstellen, in denen narrative Realität und indigener Mythos miteinander verschmelzen sowie das Auftreten der Trickster-Figur.

Für die Analyse werden sowohl Methoden aus den Sozialwissenschaften als auch aus den Literaturwissenschaften herangezogen. So beziehe ich zum einen mein Wissen aus der Sequenzanalyse nach Jürgen Raab (2008) mit ein als auch die Narratologie nach Gérard Genette (vgl. Vogt 2005: 287 – 307) sowie die Methodik des Close Readings (vgl. Wenzel 2004: 191 – 195). Für das Wissen um Mythen und Sagen werde ich u. a. Märchensammlungen von Kunike (Indianermärchen, 1984), Clark (Indianische Legenden, o. A.) und Taylor (Die Mythen der nordamerikanischen Indianer, 1996) heranziehen. Ein thematisch relevantes Vergleichsstück bietet zudem die queere Mythensammlung von Elledge (Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender Myths, 2002).

 

Literatur
Clark, Ella Elizabeth (o. A.), Indianische Legenden aus Nordamerika. Weltbild Verlag: 
Augsburg.
Elledge, Jim (2002), Gay, lesbian, bisexual, + transgender myths from the Arapaho to the 
Zuñi: an anthology. Peter Lang: New York.
Highway, Tomson (2001), Der Kuss der Pelzkönigin. Frederking & Thaler Verlag: 
München.
Kunike, Hugo (1984), Indianer Märchen. Nach amerikanischen und deutschen Quellen. 
Insel Verlag: Frankfurt am Main.
Raab, Jürgen (2008), Visuelle Wissenssoziologie. Theoretische Konzeption und materiale 
Analysen. UVK Verlagsgesellschaft: Konstanz.
Vogt, Jochen (2005), ››Grundlagen narrativer Texte‹‹. In: Arnold, Heinz Ludwig / 
Detering, Heinrich (Hg.), Grundzüge der Literaturwissenschaft. München: Dt. Taschenbuch-Verl.; 287-307.
Wenzel, Peter (2004), ››New Criticism‹‹. In: Ansgar Nünning (Hg.), Grundbegriffe der Literaturtheorie. Stuttgart und Weimar: Metzler Verlag; S. 191-195. 

 

One thought on “Carina

  1. Wow! Danke für diesen Beitrag. Es ist wirklich spannend, wie du dich in verschiedene Methoden aus verschiedenen Disziplinen einarbeitest/hast, um dann eine literarische Analyse zu machen, die ich sehr gelungen finde. Besonders die Trickster-Figur scheint mir eine wunderbare Metapher für Queerness und auch Transität (in einem weiten Sinne) zu sein.

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