Marius

Die Aneignung und Kontextualisierung der Trickster-Figur – Ergebnis 
Mythen bilden einen wichtigen Bestandteil der gemeinsamen Kultur und den spezifischen Kulturen der indigenen Ethnien Nordamerikas. Im besonderen fällt hierbei die Tricksterfigur auf, welche sich durch ihre überlieferte Charakterisierung sehr gut für eine Aneignung seitens aktueller Künstler_innen zu eignen scheint. Die Tricksterfigur steht zwischen der menschlichen und der göttlichen Ebene und so ist es der Tricksterfigur freigestellt, frei die eigene Gestalt zu wählen. Hierbei stehen Trickster sowohl menschliche als auch tierische Gestalten offen. Diesen Umstand weiß Trickster in vielen Geschichten sinnvoll einzusetzen. Moderne indigene Künstler_innen Nordamerikas verweisen oftmals auf die Tricksterfigur in ihren Arbeiten. Hierbei nimmt die Tricksterfigur teils neuartige Rollen ein, die sich mit aktuellen Verhältnissen auseinandersetzen können. Auffällig ist dies etwa bei der Serie rund um Coyote des Malers Harry Fonseca. Die Frage dieser Arbeit befasst sich mit der Hybridisierung und (Wieder-)Aneignung der Tricksterfigur in einer aktuellen künstlerischen Produktion. Aus dieser Frage folgt, ob eine solche Hybridisierung, so sie stattfindet, eine Nutzung der Tricksterfigur in künstlerischen Produktionen von Two-Spirits erlaubt und/oder ermöglicht. Der Fokus liegt hierbei auf der Gemäldereihe Coyote von Harry Fonseca[1]. Harry Fonseca positionierte sich selbst zwar weder als queer, noch als Two-Spirit, stellte die Tricksterfigur Coyote jedoch in solch mannigfalitger Konfiguration dar, sowohl bezüglich der Kleidung, der Umgebung, der Zeit als auch des Geschlechts, dass sich die Frage eröffnet, ob Fonseca mit seiner Arbeit an Coyote nicht vielleicht sogar eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Tricksterfigur im Kontext von Queer und Two-Spirit eröffnet hat. Die Theorie gibt einem Recht, wenn man sagt, ein Mythos sei etwas Veränderliches. Gerade in Zeiten, in denen neue Kulturkontakte zustande kommen, in denen sich Gruppen von anderen Gruppen abzusetzen suchen oder eine eigene Stimme finden wollen, treten Neuinterpretationen und Neuerzählungen auf. Hier erfüllen Mythen ihren Zweck, „Grundmodell [zu sein], das uns erlaubt, Welt und Welterleben einzufangen und zur Aussage zu bringen“ (Zgoll / Kratz 2013: 1). Gerade Trickster eignet sich innerhalb der indigenen nordamerikanischen Mythenwelt dazu, die Rolle der Heldenfigur in neuen und neuinterpretierten Geschichten zu übernehmen. Trickster verwendet Humor und List, macht sich aber auch die Hände schmutzig, indem Trickster Heldentaten vollbringt, die tatsächliche Konsequenzen für die inidigene nordamerikanischen Bevölkerung haben können. Fonsecas Coyote reiht sich in diese stets in Bewegung bleibende Tradition der fließenden Mythen ein. Trickster stellt sich bei Fonseca voller Selbstbewusstsein der Welt außerhalb der Reservations, nimmt gleichzeitig neues und westliches an und bleibt dem eigenen Erbe treu. Hierbei präsentiert sich außerdem eine Beweglichkeit zwischen einer westlichen binären Geschlechterordnung.
[1] Hierbei wurde folgende vier Gemälde untersucht: Coyote Leaves the Res (1976), Bad Dog (1994), Coyote Woman #1 (1976) sowie Pow Wow Club (1987).

 Die Aneignung und Kontextualisierung der Trickster-Figur – Zwischenergebnis 

Trickster ist ein bedeutender Bestandteil der Mythologie des indigenen Nordamerikas. In aktuellen künstlerischen Produktionen indigener Queers aus Nordamerika finden sich Darstellungen dieser Figur, welche modernisiert und/oder in anderer Weise angeeignet und kontextualisert sind. Die lange laufende Gemäldereihe Coyote (1979 erstes Gemälde) von Harry Fonseca zeigt eine oder mehrere Trickster-Figuren in unterschiedlichen Situationen oder in wechselnden Kostümanpassungen. Kent Monkman zitiert Trickster ebenfalls in einigen seiner Werke und innerhalb des Romans Der Kuss der Pelzkönigin (2001) nimmt eine Trickster-Figur sogar eine entscheidende Rolle innerhalb der Handlung ein. Jede_r der genannten Künstler_innen setzt Trickster in eigener Form ein. So spiegelt sich die ursprüngliche Ambivalenz der Figur auch heute noch wider. In welcher Form genau finden Aneignungen und Kontextualisierungen der Trickster-Figur in modernen künstlerischen Produktionen indigener Queers statt? Wie lässt sich dies mit ursprünglichen Trickster-Mythen verbinden?

Um diesen Fragen nachzugehen, wird sich dieses Unterprojekt mit mehreren künstlerischen Produktionen mithilfe bildwissenschaftlicher (Rose 2013), kulturtheoretischer (Bal 2009) sowie literaturwissenschaftlicher (Schneider 2010) Methoden auseinandersetzen und ebenso die Ursprünge des Trickster-Mythos beleuchten und berücksichtigen. Da hierbei auch das Konzept der Oralität eine Rolle spielt, wird dieses ebenfalls einen Teil des Unterprojekts ausmachen.

Ziel soll es sein, den Mythos der Trickster-Figur als wichtiges Mittel aktueller künstlerischer Produktionen indigener Queers Nordamerikas besser verstehen zu können.

Literatur
Bal, Mieke (2009), Working with Concepts In: European Journal of English Studies, Vol. 13, Issue 1.
Fonseca, Harry. Unterseite Coyotes. http://www.harryfonseca.com/Coyotes/Coyotes/index.html (abgerufen 30.09.2015)
Highway, Tomson (2001), Der Kuss der Pelzkönigin. Frederking & Thaler Verlag, München
Rose, Gillian (2012³), Visual methodologies: an introduction to researching with visual materials. Los Angeles: Sage.

One thought on “Marius

  1. Danke für den Beitrag.

    Du stellst ja im Grunde die Unterfrage, inwieweit die Kunst von Fonseca subversives Potential hat, oder nicht? Oder vielleicht besser: Inwieweit schafft das die Trickster-Figur in Fonescas Kunst? Denn du besprichst ja in deinem älteren Beitrag auch die Tricksterfigur in dem Roman der Kuss der Pelzkönigin.

    Du beantwortest diese Frage erfolgreich in deinem Update, indem du sagst, der der Künstler sich zwar selbst nicht als queer oder TwoSpirit bezeichnet, dass seine Trickster-Figur allerdings subversives Potential hat, um gewohnte binäre Geschlechterbilder anzufechten. Wäre es nicht schön, ein Bild von ihm auf dieser Seite zu haben oder geht das aus rechtlichen Gründen nicht?

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