In der Sitzung am 11.05.15 haben wir uns zunächst in zwei Gruppen mit jeweils vier Studierenden aufgeteilt, um Themen und Fragen aus dem Buch „Die Welt der Indianer“ bzw. „Political sovereignty and economic autonomy“ herauszuarbeiten und anschließend im Plenum vorzutragen.
Die Gruppe, die sich mit dem Buch „Die Welt der Indianer“ auseinandergesetzt hat, stellt die Frage nach der Perspektive. Es gilt stets zu beachten wer Geschichte schreibt bzw. geschrieben hat und ob es sich dabei um eine Insider- oder eine Outsiderperspektive handelt. Die Autor_innen legen dabei fest, welche Daten als relevant angesehen werden und ob sie sich auf sogenannte Oral History verlassen. Hinzu kommt, dass es sich bei Werken über das indigene Nordamerika oftmals um eine eurozentristische Sichtweise handelt und nicht um eine Tribatography, die aus der Perspektive einer bestimmten Ethnie geschrieben wird. Damit gehen die Fragen nach der Eigendefinition und der Fremdzuschreibung einher, die nicht getrennt voneinander gesehen werden dürfen. Wenn ich mich selbst definieren will, muss ich mich damit auseinandersetzen, wie ich von außen gesehen werde. Dabei stellt sich die Frage nach dem „wirklichen“ und dem „symbolischen Indianer“, der oftmals in Geschichtsschreibungen auftaucht. Es geht dabei um Sicht- und Hörbarkeit, als auch um Intelligibilität. Wann werden indigenen Personen als solche lesbar und auch als indigen anerkannt? Die Gruppe stellte somit die Frage nach der Perspektive, als auch die Frage nach der Identität bzw. nach dem Subjekt.
Diejenigen, die sich mit dem Buch „Political Sovereignty and Economic Autonomy“ beschäftigten, stellten die Frage nach der Anerkennung eines Staates bzw. einer Kultur. Dazu wurde der Kulturrelativismus herangezogen, der besagt, dass jede Kultur in sich gleichwertig ist und aus sich selbst heraus erklärt werden kann. Dadurch wird eine ethnische Sichtweise politisch umgesetzt. Das Aufzwängen des „American Way of Life“ und die Einstellung, dass es nur eine „richtige“ Kultur gibt und die für alle Menschen zu gelten hat, hat damit ein Ende. Aus diesem Gedanken sind Reservationen entstanden, die aber auch als Ghettos betrachtet werden können und somit das Ergebnis einer Vertreibungspolitik sind.
Nachdem diese beiden Themenbereiche von den Gruppen abgehandelt wurden, ist die Frage nach der Definition von Kultur aufgetaucht. Es kann Kultur als eine Lebensweise verstanden werden, sodass alles Kultur ist. Oder Kultur kann als Symbolsystem verstanden werden, sodass es sich bei Kultur um Sprache, Texte oder Religion handelt. Das letztere Verständnis wird von Sapir-Whorf, Weber und Geertz vertreten. Dazu diskutierten wir in zwei Gruppen die Frage, was die Unterschiede zwischen den beiden Konzepten im Hinblick auf die indigene Kultur sind. Die Gruppe, die sich mit der Kultur als Lebensweise auseinandersetzte, sammelte die folgenden Thematiken: Leben in Reservation, Kleinstadt, Metropole oder auf dem Land, Armut, Drogensucht und Kasinos, Vorstellungen darüber wie ein „Indianer“ zu sein hat und die damit verbundene „Touristifizierung“, sowie die Anerkennung religiöser Gemeinschaften. Die Gruppe, die sich mit Kultur als Symbolsysteme stellt sich diesbezüglich folgende Fragen: Inwieweit soll indigene Sprache in Textproduktionen eingesetzt werden? Wie ist dies umsetzbar und wie kann Verständlichkeit gewährleistet bleiben? Wer darf welche Kunst in welcher Form darstellen? Darf ein Weißer eine indigene Figur (in Theater und Film) spielen? Und wie werden Symbolsysteme tradiert?
Durch diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen von Kultur, entstehen erneut unterschiedliche Fragen, die es im Laufe der Forschung zu beachten und zu definieren gilt. Diese Sitzung sollte einen Einblick darüber geben, dass es wichtig ist die Fragen nach der Perspektive, der Identität, aber auch dem Begriffsverständnis zu klären, da diese unterschiedliche interpretiert werden können.