Update der Unterprojekte

Nachdem die Ausrichtung des Gesamtprojektes und den jeweiligen Unterfragen durch die Gesamtprojektskizze ausformuliert war und wir so einen Fahrplan für unsere jeweiligen Unterprojekte hatten, konnten wir intensiv an unseren Unterprojekten mit den je spezifischen Forschungsfragen arbeiten. Insbesondere die letzten Monate im Jahr 2015 sowie die ersten in 2016 nutzten wir, um uns auf unsere Projekte zu konzentrieren und unser Material ergebnisorientiert zu analysieren. Bei einigen änderte sich noch die Unterfrage, bei anderen wiederum das Material oder die Analysemethode. Um auf den neusten Stand in den jeweiligen Unterprojekten zu kommen und eine kurze Zusammenfassung über den Verlauf dieser in Erfahrung zu bringen, findet ihr unter den jeweiligen Kategorien der Forschungsgruppen ein kurzes Update.

Radiobeitrag “Projekteindruck”

Im Laufe eines kulturjournalistischen Seminars, während des  Sommersemesters 2015, haben Juliane, Lisa und Michael einen Radiobeitrag  erstellt, in dem sie das gemeinsame Projekt „Künstlerische Produktionen  von Queers  im indigenen Nordamerika“ und dessen Rahmenbedingungen vorstellten.  Dieser Radiobeitrag ergab zusammen mit anderen Beiträgen eine  einstündige Radiosendung, welche von Studierenden der Carl von Ossietzky  Universität Oldenburg erstellt wurde. Diese wurde bereits  von dem Radiosender Oldenburg Eins (O1) übertragen.

18/05/15 Two-Spirits: Historischer und ethnologischer Hintergrund

In der Sitzung vom 18.05.15 haben wir uns dem Thema „Two-Spirits: Historischer und ethnologischer Hintergrund“ angenähert. Die Textgrundlage für alle Studierenden war ein Auszug aus der Diplomarbeit „Two-Spirit als ethnisches, geschlechtliches und sexuelles Selbstkonzept: Kulturpsychologische Untersuchung lebensgeschichtlichen Materials.“ von unserem Dozenten Dr. Lüder Tietz (2013). Neben diesem grundlegenden Text haben sich jeweils zwei Student_innen mit weiterer Literatur intensiver beschäftigt und in Form eines Hand-Outs für die Gruppe aufbereitet. Die Literaturangaben dieser Texte befinden sich am Ende des Beitrags.

Der Begriff Berdache bildet ein Schlagwort der Texte. Ursprünglich stammt dieser Ausdruck aus dem persischen Raum und wird teilweise frei mit Lustknabe übersetzt. Damit ist der jüngere Part in einer homosexuellen Beziehung gemeint. Eine genaue Übersetzung ist jedoch schwierig. Berdache ist stets eine Fremdbezeichnung und wurde häufig in historischen ethnologischen Texten verwendet, um die heutigen Two-Spirits zu bezeichnen. Berdache ist im Zuge der Kolonialisierung entstanden und war zu nächst negativ konnotiert. Anschließend wurde er romantisiert und in historischen Berichten über das indigene Nordamerika verwendet, um Menschen, die nicht dem heteronormativen Geschlechterkonzept zugeordnet werden konnten, zu bezeichnen. Einige Forscher_innen benutzen den Begriff auch noch heute als ethnologische Bezeichnung für Two-Spirits. Andere wiederum distanzieren sich komplett davon, da es sich, anders als bei Two-Spirits, um eine Fremd- und keine Selbstbezeichnung handelt.

Im Laufe unseres Projektes werden wir künstlerische Produktionen aus dem indigenen Nordamerika, die sich u.a. mit dieser Thematik auseinandersetzen, sowie Künstler_innen, die sich selbst als Two-Spirits verorten, kennenlernen. Häufig werden dabei durch die Kunst kulturelle Werte rezipiert und Tradition wieder hergestellt. Wie genau sich das in den jeweiligen Produktionen äußern kann, wollen wir im Laufe unserer Forschung aufzeigen.

Literaturangaben zu dieser Sitzung:

Gilley, Brian Joseph (2006): Becoming Two-Spirit. Gay Identity and Social Acceptance in Indian Country. Lincoln: University of Nebraska Press.

Jacobs, Sue-Ellen/ Thomas, Wesley/ Lang, Sabine (Hg.) (1997): Two-Spirit People. Native American Gender Identity, Sexuality, and Spirituality. Urbana: University of Illinois Press.

Roscoe, Will (2000) [Orig. 1998]: Changing Ones. Third and Fourth Genders in Native North America. New York: St. Martin’s/Griffin.

Williams, Walter L./ Johnson, Toby (2006): Two Spirits. A Story of Life with the Navajo. Maple Shade, NJ: Lethe.

11/05/15 Perspektiven, Identitäten und Begriffe

In der Sitzung am 11.05.15 haben wir uns zunächst in zwei Gruppen mit jeweils vier Studierenden aufgeteilt, um Themen und Fragen aus dem Buch „Die Welt der Indianer“ bzw. „Political sovereignty and economic autonomy“ herauszuarbeiten und anschließend im Plenum vorzutragen.

Die Gruppe, die sich mit dem Buch „Die Welt der Indianer“ auseinandergesetzt hat, stellt die Frage nach der Perspektive. Es gilt stets zu beachten wer Geschichte schreibt bzw. geschrieben hat und ob es sich dabei um eine Insider- oder eine Outsiderperspektive handelt. Die Autor_innen legen dabei fest, welche Daten als relevant angesehen werden und ob sie sich auf sogenannte Oral History verlassen. Hinzu kommt, dass es sich bei Werken über das indigene Nordamerika oftmals um eine eurozentristische Sichtweise handelt und nicht um eine Tribatography, die aus der Perspektive einer bestimmten Ethnie geschrieben wird. Damit gehen die Fragen nach der Eigendefinition und der Fremdzuschreibung einher, die nicht getrennt voneinander gesehen werden dürfen. Wenn ich mich selbst definieren will, muss ich mich damit auseinandersetzen, wie ich von außen gesehen werde. Dabei stellt sich die Frage nach dem „wirklichen“ und dem „symbolischen Indianer“, der oftmals in Geschichtsschreibungen auftaucht. Es geht dabei um Sicht- und Hörbarkeit, als auch um Intelligibilität. Wann werden indigenen Personen als solche lesbar und auch als indigen anerkannt? Die Gruppe stellte somit die Frage nach der Perspektive, als auch die Frage nach der Identität bzw. nach dem Subjekt.

Diejenigen, die sich mit dem Buch „Political Sovereignty and Economic Autonomy“ beschäftigten, stellten die Frage nach der Anerkennung eines Staates bzw. einer Kultur. Dazu wurde der Kulturrelativismus herangezogen, der besagt, dass jede Kultur in sich gleichwertig ist und aus sich selbst heraus erklärt werden kann. Dadurch wird eine ethnische Sichtweise politisch umgesetzt. Das Aufzwängen des „American Way of Life“ und die Einstellung, dass es nur eine „richtige“ Kultur gibt und die für alle Menschen zu gelten hat, hat damit ein Ende. Aus diesem Gedanken sind Reservationen entstanden, die aber auch als Ghettos betrachtet werden können und somit das Ergebnis einer Vertreibungspolitik sind.

Nachdem diese beiden Themenbereiche von den Gruppen abgehandelt wurden, ist die Frage nach der Definition von Kultur aufgetaucht. Es kann Kultur als eine Lebensweise verstanden werden, sodass alles Kultur ist. Oder Kultur kann als Symbolsystem verstanden werden, sodass es sich bei Kultur um Sprache, Texte oder Religion handelt. Das letztere Verständnis wird von Sapir-Whorf, Weber und Geertz vertreten. Dazu diskutierten wir in zwei Gruppen die Frage, was die Unterschiede zwischen den beiden Konzepten im Hinblick auf die indigene Kultur sind. Die Gruppe, die sich mit der Kultur als Lebensweise auseinandersetzte, sammelte die folgenden Thematiken: Leben in Reservation, Kleinstadt, Metropole oder auf dem Land, Armut, Drogensucht und Kasinos, Vorstellungen darüber wie ein „Indianer“ zu sein hat und die damit verbundene „Touristifizierung“, sowie die Anerkennung religiöser Gemeinschaften. Die Gruppe, die sich mit Kultur als Symbolsysteme stellt sich diesbezüglich folgende Fragen: Inwieweit soll indigene Sprache in Textproduktionen eingesetzt werden? Wie ist dies umsetzbar und wie kann Verständlichkeit gewährleistet bleiben? Wer darf welche Kunst in welcher Form darstellen? Darf ein Weißer eine indigene Figur (in Theater und Film) spielen? Und wie werden Symbolsysteme tradiert?

Durch diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen von Kultur, entstehen erneut unterschiedliche Fragen, die es im Laufe der Forschung zu beachten und zu definieren gilt. Diese Sitzung sollte einen Einblick darüber geben, dass es wichtig ist die Fragen nach der Perspektive, der Identität, aber auch dem Begriffsverständnis zu klären, da diese unterschiedliche interpretiert werden können.

27/04/15 The Business of Fancydancing

Am 27.04.15 haben wir uns eine der möglichen künstlerischen Produktionen, mit denen wir uns im Projekt auseinandersetzen können, näher angeschaut. Dabei handelte es sich um den Film „The Business of Fancydancing“ von dem Regisseur Sherman Alexie aus dem Jahr 2002. Näheres zum Inhalt des Filmes kann unter der Seite Materialien –> Film nachgelesen werden. In diesem Protokoll wird nur die Filmbesprechung dargestellt, die wir im Anschluss an dem Film gemeinsam erarbeitet haben. Dabei handelt es sich um erste Aspekte bzw. Thematiken.

Dabei hat sich die Arbeit an dem Repräsentationsbegriff als wichtig herausgestellt. Neben den Akteur_innen müssen auch die Elemente, wie beispielsweise die Tanzsequenzen, berücksichtigt werden. Hier stellt sich jeweils die Frage: Wie werden sie wahrgenommen? Wie sind sie lesbar? Weiterhin spielen Grenzen eine wichtige Rolle. Es werden der Tod und das Leben, als auch Übergangsriten thematisiert. Außerdem werden Grenzen zwischen dem Leben im Reservat und im urbanen Raum dargestellt. Hierbei schwingt stets die Frage mit: Wo ist das zu Hause? Was ist Heimat? Was stellt einen Ort der Zuflucht dar? In diese Fragen fließt auch die Thematik der Identifizierung mit ein. Immer wieder tauchen Szenen auf, die Fragen nach der (indigenen) Identität stellen. Was ist für wen indigen? Was ist dabei die Selbst- und was die Fremdwahrnehmung? Hierbei wird auch auf rassistische Stereotypen eingegangen. Da der Protagonist homosexuell ist, werden auch seine Sexualität und damit einhergehend homophobe Stereotypen thematisiert. Es tauchen die Fragen auf: Wer erkennt welche Beziehung an? Wer kann zu einer Familie gehören? Damit geht auch die Frage nach den Verwandtschaftsverhältnissen einher, die sich bei indigenen Familien oftmals anders gestalten. Hier ist es so, dass sich Menschen verwandt fühlen und nicht die tatsächliche Blutsverwandtschaft im Vordergrund steht.

Neben diesen inhaltlichen Aspekten, die wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschöpfend behandelt haben, wurde auch die Intermedialität des Films besprochen. Es werden immer wieder Gedichte des Regisseurs eingeblendet. Hinzu kommt die Perspektive der Handkamera, die gewissen Szenen einen dokumentarischen Charakter verleiht. Zwischen den Abschnitten tauchen wiederholt Tanzszenen auf, die indigene Tänze (Fancy Dancing) zeigen. Gekreuzt wird das Ganze noch durch Visionen, sodass es für die Zuschauer_innen häufig unklar bleibt, was Realität und was nur Fiktion ist.

Nachdem wir die inhaltlichen und gestalterischen Aspekte des Films grob gesammelt haben, sind wir auf mögliche Theorien bzw. Konzepte eingegangen. Neben dem Kolonialismus, der in historischen Zusammenhängen auftaucht, spielt auch das kulturelle Gedächtnis eine wichtige Rolle. Damit geht auch die Decolonial Theory einher. Darüber hinaus taucht immer wieder die Auseinandersetzung mit der Identität auf, wobei hegemoniale/ subalterne Maskulinität thematisiert wird.

Wir haben in dieser Sitzung einen Einblick erhalten, wie eine künstlerische Produktion von Queers aus dem indigenen Nordamerika aussehen kann, welche Themen diese enthalten kann und welche Theorien angewandt werden könnten. Wir haben dabei grob unsere Gedankengänge gesammelt, um zu zeigen welche möglichen Forschungsfragen in einer solchen Produktion stecken könnten. In der Forschung gilt es sich auf einen Aspekt zu konzentrieren und diesen genau zu untersuchen.

20/04/15 Einführung in bisherige (studentische) Projekte

In unserer ersten Sitzung am 20.04.15 haben wir uns gegenseitig die vergangenen Projekte aus den Masterstudiengängen Kulturanalysen sowie Museum und Ausstellung vorgestellt. Des weiteren wurde relevante Literatur zur Planung und Durchführung von Projekten zusammengetragen.

Bei den studentischen Projekten „Schönheit“, „Dressing Difference“ und der Ausstellung „Was übrig bleibt“ lag der Fokus primär auf der Dokumentation. Eine gemeinsame Projektdokumentation soll auch als abschließende Zusammenfassung des Verlaufes unserer Forschungen, einschließlich unserer Ergebnisse, dienen.

Die weitere Literatur, welche in dieser Sitzung vorgestellt wurde, bezieht sich oftmals auf Projekte der Wirtschaftswissenschaften. Dies ist für unser Forschungsprojekt generell irrelevant,  sodass hier eher der Grundgedanke von Steuerungsinstrumenten vermittelt wurde. Für unser Projekt wird sich dies in den Organisations- und Feedbackgruppen, als auch im Zeitmanagement (individuell und kollektiv) niederschlagen.

Zudem wurde uns vorgestellt, wie man ein forschungswissenschaftliches Thema findet und dies beforscht. Wichtig ist hierbei die genaue Abgrenzung und damit einhergehend die Benennung des jeweiligen Projektes, als auch die Vereinbarkeit unserer einzelnen Unterprojekte. Diese müssen ausreichend Anknüpfungspunkte untereinander bieten, um zu Ergebnissen in unserer gesamten Dokumentation zu führen. Dies stellte bei vergangenen Projekten die größte Schwierigkeit dar.

 

Literaturangaben zu dieser Sitzung:

Boy, Jacques/  Dudek, Christian/ Kuschel, Sabine (2002): Projektmanagement. Grundlagen, Methoden und Techniken, Zusammenhänge (10. Aufl.). Offenbach: Gabal.

Eco, Umberto (2010): Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt (13. Aufl.). Stuttgart: UTB.

Hug, Theo/ Poscheschnik, Gerald (2014): Empirisch forschen (2. Aufl.). Stuttgart: UTB.