18/05/15 Two-Spirits: Historischer und ethnologischer Hintergrund

In der Sitzung vom 18.05.15 haben wir uns dem Thema „Two-Spirits: Historischer und ethnologischer Hintergrund“ angenähert. Die Textgrundlage für alle Studierenden war ein Auszug aus der Diplomarbeit „Two-Spirit als ethnisches, geschlechtliches und sexuelles Selbstkonzept: Kulturpsychologische Untersuchung lebensgeschichtlichen Materials.“ von unserem Dozenten Dr. Lüder Tietz (2013). Neben diesem grundlegenden Text haben sich jeweils zwei Student_innen mit weiterer Literatur intensiver beschäftigt und in Form eines Hand-Outs für die Gruppe aufbereitet. Die Literaturangaben dieser Texte befinden sich am Ende des Beitrags.

Der Begriff Berdache bildet ein Schlagwort der Texte. Ursprünglich stammt dieser Ausdruck aus dem persischen Raum und wird teilweise frei mit Lustknabe übersetzt. Damit ist der jüngere Part in einer homosexuellen Beziehung gemeint. Eine genaue Übersetzung ist jedoch schwierig. Berdache ist stets eine Fremdbezeichnung und wurde häufig in historischen ethnologischen Texten verwendet, um die heutigen Two-Spirits zu bezeichnen. Berdache ist im Zuge der Kolonialisierung entstanden und war zu nächst negativ konnotiert. Anschließend wurde er romantisiert und in historischen Berichten über das indigene Nordamerika verwendet, um Menschen, die nicht dem heteronormativen Geschlechterkonzept zugeordnet werden konnten, zu bezeichnen. Einige Forscher_innen benutzen den Begriff auch noch heute als ethnologische Bezeichnung für Two-Spirits. Andere wiederum distanzieren sich komplett davon, da es sich, anders als bei Two-Spirits, um eine Fremd- und keine Selbstbezeichnung handelt.

Im Laufe unseres Projektes werden wir künstlerische Produktionen aus dem indigenen Nordamerika, die sich u.a. mit dieser Thematik auseinandersetzen, sowie Künstler_innen, die sich selbst als Two-Spirits verorten, kennenlernen. Häufig werden dabei durch die Kunst kulturelle Werte rezipiert und Tradition wieder hergestellt. Wie genau sich das in den jeweiligen Produktionen äußern kann, wollen wir im Laufe unserer Forschung aufzeigen.

Literaturangaben zu dieser Sitzung:

Gilley, Brian Joseph (2006): Becoming Two-Spirit. Gay Identity and Social Acceptance in Indian Country. Lincoln: University of Nebraska Press.

Jacobs, Sue-Ellen/ Thomas, Wesley/ Lang, Sabine (Hg.) (1997): Two-Spirit People. Native American Gender Identity, Sexuality, and Spirituality. Urbana: University of Illinois Press.

Roscoe, Will (2000) [Orig. 1998]: Changing Ones. Third and Fourth Genders in Native North America. New York: St. Martin’s/Griffin.

Williams, Walter L./ Johnson, Toby (2006): Two Spirits. A Story of Life with the Navajo. Maple Shade, NJ: Lethe.

One thought on “18/05/15 Two-Spirits: Historischer und ethnologischer Hintergrund

  1. In diesem Abschnitt beschreibt ihr eure Sitzung, in der ihr gemeinsam Auszüge aus Lüder Tietz’ Diplomarbeit gelesen habt. Dabei wird der Begriff der Two Spirits abgegrenzt von dem Begriff Berdache, der aus dem persischen frei übersetzt so viel wie Lustknabe bedeutet. Davon distanzieren sich viele Wissenschaftler*innen, da er negative Konnotationen hervorrufen kann und außerdem ist er, anders als der Begriff Two Spirits, eine Fremd- und keine Eigenbezeichnung.

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