Moin zusammen,

ich bin Svenja, 24 Jahre alt und studiere Mathematik und Politik-Wirtschaft auf Lehramt im 2. Mastersemester. Mein Studium begann im Oktober 2017 wie für viele andere Studierende vermeintlich „normal“ und ohne jede Vorahnung, dass sich in ein paar Jahren vieles verändern würde.

Im ersten Online-Semester belegte ich noch die letzten benötigten Module und Veranstaltungen, damit ich im nächsten Semester mit meiner Bachelorarbeit durchstarten konnte. In den ersten Wochen war es teilweise noch etwas chaotisch und alle, Studierende und Dozierende, mussten sich mit der neuen Situation der Online-Seminare, Vorlesungen und Übungen zurechtfinden, denn Corona hat uns alle überrumpelt. Irgendwie musste jeder sich an die neuen Gegebenheiten der Online-Lehre anpassen und seine eigene Routine finden.

In Politik-Wirtschaft fanden die Seminare eigentlich ganz normal statt, halt nur online. Doch mein Mathestudium veränderte sich schlagartig: Die Vorlesungsinhalte wurden in teilweise sehr langen Videos hochgeladen und die normalerweise in den Tutorien vorgerechneten Übungsaufgaben wurden ebenfalls in Erklärvideos hochgeladen. Dies hatte den Vorteil, dass ich mir wirklich viel Zeit nehmen konnte, die Inhalte zu verstehen. Dies hat zwar mehr Zeit gekostet als die normalen Vorlesungen, so konnte ich die Inhalte aber besser verstehen und verinnerlichen und musste mir weniger Zeit für die Nachbereitung nehmen. Die Tutorien wurden genutzt, um Fragen zu beantworten und Hilfestellungen bei den Übungsaufgaben zu geben. Da sie meist nur eine halbe Stunde gingen, denn die Inhalte waren ja in Videos hochgeladen, gaben die Tutoren uns noch ein paar Tricks und Kniffe für die anschließende Bearbeitung der Übungszettel, die online eingereicht werden mussten. In dieser Zeit lernte ich mein IPad mit Apple Pencil sehr schätzen, das ich schon 2 Jahre zuvor gekauft hatte. Denn ich hatte bereits alle Aufzeichnungen digital und konnte die Übungsblätter ohne umständliches Scannen einfach hochladen und bei Fragen meinen Bildschirm mit der entsprechenden Aufgabe teilen. Eine Herausforderung war allerdings das gemeinsame Bearbeiten der Übungszettel in Lerngruppen. Wir trafen uns zwar online, um uns auszutauschen, doch war dies leider sehr umständlich und machte weniger Spaß. Man war doch mehr auf sich selbst gestellt.

Ich bestand alle Prüfungen und konnte nun mit meiner Bachelorarbeit anfangen und diese fertigstellen. Damit ich eine weitere Herausforderung hatte, begann ich zusätzlich als Tutorin zu arbeiten und gab ein Tutorium in Logik. Das Tutorium war ebenfalls online und so konnte ich viele digitale Tools ausprobieren und die Studierenden waren sehr motiviert, neue Dinge auszuprobieren, auch wenn dies nicht immer wie geplant klappte und die Technik einige Male ihre Tücken hatte. Da ich meine Bachelorarbeit in dieser Zeit schrieb, hatte ich keine anderen Veranstaltungen und war entweder Zuhause oder in der Bib und war so häufig in der leider viel zu leeren und trostlosen Uni. Es fehlten einfach die Studierenden, die zu Veranstaltungen eilten oder draußen Kaffee tranken, quatschten und zusammen lernten.

Doch zum Glück war das nächste Wintersemester ein Hybridsemester, das heißt einige Veranstaltungen waren online und andere fanden in Präsenz, anfangs noch mit strengeren Hygieneregelungen der Uni, die später immer weiter gelockert wurden, statt. Im gleichen Semester begann auch mein Masterstudium und ich hatte zum Glück viele Veranstaltungen – bis auf ein paar wenige – in Präsenz. So hatte ich ein einigermaßen „normales“ Studentenleben und ich genoss die Zeit, die wieder fast so war wie als ich mit dem Studium begann. Allerdings merkte ich schnell, dass nicht wieder alles beim Alten war. Die Studierenden mussten sich erst wieder an die Präsenz gewöhnen, war doch zwei Jahre alles online. Außerdem hatten viele Studierende das Studentenleben vor Corona gar nicht kennengelernt, denn sie hatten während Corona ihr Studium begonnen. Doch nach und nach kehrte wieder das Leben von vor Corona in die Universität zurück.

Rückblickend bleibt nun die Frage: Alles wieder zum Anfang zurück? Nein, sicherlich nicht. Vieles hat sich im alltäglichen Unileben verändert. Viel mehr Studierende sind digitaler unterwegs. War ich vor Corona eine Exotin mit meinem IPad, ist dies jetzt schon fast normal geworden und nur wenige schreiben noch mit Stift und Papier mit. Die Studierenden schätzen viel mehr das Campusleben. Viele Gebäude der Uni wurden renoviert und modernisiert und die Dozierenden haben ihre Erfahrungen und digitalen Tools aus den Coronajahren mit in die Präsenz genommen. Allgemein finden sich die digitalen Tools viel mehr im Unialltag.

Meiner Meinung nach hat sich auch die Lehre an der Uni verbessert, da wir durch die Onlinesemester aus dem täglichen Trott kamen und nicht mehr alles ging wie immer. Die Lehrenden mussten kreativ werden und alternative Lernkonzepte entwickeln, die auch die Präsenzlehre bereichern. So werden in Mathe beispielweise weiterhin zusätzliche Erklärvideos hochgeladen bzw. die alten Videos recycelt und generell werden mehr Vorlesungen digital aufgezeichnet. Für Präsentationen oder Gruppenarbeiten treffen wir uns auch häufig immer noch online, damit die Pendler nicht extra zur Uni müssen.

Wir alle haben vieles aus der Online-Lehre gelernt und dieses Wissen und Erfahrungen werden auch weiterhin in der Präsenzlehre genutzt. Wir wissen nun, was online möglich ist und wo die Grenzen der Online-Lehre sind und nutzen nun die Vorteile. Alle sind froh, dass wieder Präsenzlehre möglich ist, doch noch ist nicht alles wie vor Corona. Viele Veränderungen, die Corona und die Online-Lehre gebracht haben, werden auch die Präsenzlehre weiterhin beeinflussen.