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“Dann will ich aber die 1!” – Unrechtsempfinden und Gerechtigkeit Gottes im Gleichnis

Zaynap und Emil stehen auf dem Schulflur und streiten sich. Gerade haben sie mündliche Noten bekommen. Beide haben eine zwei. Zaynap ist der Meinung, dass sie sich viel häufiger gemeldet hat als Emil. Das nun beide die gleiche Note bekommen haben, empfindet sie als ungerecht. 

Subjektives Unrechtsempfinden gehört für Schüler*innen zum Alltag, sei es zu Hause oder in der Schule. Auch der neutestamentliche Kanon hält ein solches Lehrstück im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1-15) bereit. 

Im Angesicht pandemiebedingten Onlineunterrichts stellt das Vermitteln von Gleichnissen eine von vielen Herausforderungen des Faches evangelische Religion dar. 

Der vorliegende Unterrichtsentwurf zu einer Doppelstunde für eine fiktive achte Klasse einer IGS soll dabei als Vorschlag und Anregung dienen. Er ist nach dem Prinzip der Freiarbeit gestaltet, sodass höchstmögliche Selbstbestimmung und Flexibilität im Bezug auf Zeit und Ort für die Schüler*innen ermöglicht wird. 

Dieser Unterrichtsentwurf setzt voraus, dass Merkmale und Grundstruktur von Gleichnissen bzw. Parabeln bereits bekannt sind. 

Da die Unterrichtsstunde vollständig digital geplant ist, sollte auch der Umgang mit dem Tool Padlet und einer Stop Motion App (z.B. Stop Motion Studio) bekannt sein. Außerdem benötigen alle Schüler*innen Zugang zu einem Tablet, Laptop oder Desktop-PC. 

Im folgenden wird „Schüler*innen“ mit SuS* abgekürzt. 

Die Sachanalyse

Gleichnisse stellen eine besondere Kategorie neutestamentlicher Texte dar: sie sind Erzähltexte, die Jesus gesprochen haben soll (vgl. Conzelmann/Lindemann 2004: 102). Sie zeichnen sich durch ihren metaphorischen Charakter und ihre Struktur aus. So haben Gleichnisse häufig einen „Überraschungsmoment“ (Conzelmann/Lindemann 2004: 102), Röckel spricht auch von einer „Kontrasterfahrung“ (Röckel 2006: 215). Zur markanten Struktur zählt die Einleitungsformel, die z.T. in abgewandelter Form zu Beginn der Gleichnisse zu finden ist: “Denn das Himmelreich gleicht…” (Mt 20, 1).

Die Forschungslage zeigt einen Diskurs darüber in wie weit sich Gleichnisse weiteren Unterkategorien zuordnen lassen. Auf der einen Seite findet sich die Unterscheidung in „Gleichnis im engeren Sinne“ (Erlemann 2020: 60; Röckel 2006: 215) und „Parabel“ (ebd.). Erstere sind im Präsens verfasst, haben häufig nur eine handelnde Person und beschreiben einen „Natur- oder Alltagsvorgang“ (Erlemann 2020: 61). Parabeln hingegen sind narrative Texte und somit in einem Vergangenheitstempus verfasst. Außerdem lässt sich ein dreischrittiger Aufbau erkennen: Ausgangssituation, Krise, Lösung (vgl. Röckel 2006: 215). Häufig stehen die Charaktere in einem ungleichen Verhältnis zueinander, wie beispielsweise bei Mt 20, 1-15 Tagelöhner gegenüber dem Weinbergbesitzer. 
Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass Gleichnisse „parabolai“ (Müller 2016) genannt wurden und somit eine weiter Unterteilung nicht erfolgte. Der folgende Unterrichtsentwurf folgt den Annahmen von Röckel und Erlemann.

So lässt sich das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg den Parabeln zuordnen. Die Kontrasterfahrung erfolgt hier aus dem Gerechtigkeitsverständnis des Gutsherren, das nicht dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit entspricht. Das überraschende Moment rührt daher, dass die Identifikation in der Regel nicht mit der Figur stattfindet, die das Problem löst sonder mit der, die es erzeugt (vgl. Röckel 2006: 220).

Betrachtet man den christologischen Aspekt von Mt 20,1-15 so lässt sich sagen, dass der Gutsbesitzer sowohl mit Gott als auch mit Jesus assoziiert werden kann (Erlemann 2020: 141), da auch er zur Arbeit auf seinem „Weinberg“ ruft (vgl. Mt 9,37f.).
Die “Ersten” gönnen den “Letzten” die Güte des Herren nicht, was vom Gutsherrn als deplatziertes Verhalten aufgelöst wird (anthropologischer Aspekt) (vgl. Erlemann 2020: 144). Betrachtet man den ekklesiologischen Aspekt der Parabel, so lässt sich sagen, dass vor Gott “Standesunterschiede” nicht zählen (Erlemann 2020: 145). Er richtet seinen Blick auf die Würde und Bedürftigkeit eines*r jeden. Dem soll seine Gemeinde gleich tun und einander gütig begegnen. Die ethische Aussage des Gleichnisses umfasst den Appell, dass die “Ersten” dem Beispiel des Gutsherrn folgen sollen (vgl. Erlemann 2020: 147). Um im Reich Gottes “Erster” zu sein, soll man sich während seines irdischen Lebens zum “Letzten” machen, d.h. “der Weg zum Heil geht durch Leiden und Verzicht in diesem Leben” (Erlemann 2020: 147). Dem zu Folge soll der Ruf des Herrn Jesu Christi als Chance erkannt und befolgt werden, solange die Möglichkeit besteht. “Am Ende wird abgerechnet” (Erlemann 2020: 148) (eschatologischer Aspekt).

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Parabel auffordern soll, Zusammenleben neu zu interpretieren. Gesamtgesellschaftliche Inklusion und Teilhabe aller Menschen jedweder individueller Vorraussetzungen ist anzustreben (vgl. Erlemann 2020: 149). Außerdem lässt sich Gottes Gerechtigkeit nicht an menschlichen Standards messen. Es wird aber auch von einem Gott erzählt, der sich an seine Versprechen hält (vgl. Röckel 2006: 220).

Die didaktische Begründung

Der hier beschriebenen Unterrichtsstunde liegt das Thema Gerechtigkeit Gottes zugrunde. Dabei könnte diese Doppelstunde in eine Unterrichtseinheit zum Thema Reich Gottes oder auch Reich-Gottes-Gleichnisse eingebettet sein. Den Unterrichtsgegenstand stellt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-15) dar, der exemplarisch Antwortversuche auf die Frage danach wie Gott  bzw. das Reich Gottes ist, geben soll. Die Frage nach Gott bzw. dem Reich Gottes stellt einen zentralen Punkt in der Bibel und allgemein im Religionsunterricht dar. Allerdings lässt sich diese Frage nicht konkret oder simpel beantworten, da es „nicht eine unmittelbar objektivierbare Wirklichkeit bezeichnet“ (Röckel 2006: 214). Dennoch können durch Gleichnisse Erkenntnisse gewonnen werden wie das Reich Gottes sein könnte. Das erfolgt vor Allem über den symbolischen und metaphorischen Charakter der Gleichnisse (Vgl. Zimmermann 2018: 209). Dafür müssen die SuS* das hier vorliegende Gleichnis als Parabel betrachten und so wie im Deutschunterricht versuchen den Text zu erschließen. Auch wenn Gleichnisse fernab des achten Jahrgangs nicht mehr im KC als möglicher Inhalt gelistet werden, sind Parabeln bis in die Oberstufe Bestandteil des Deutschunterrichts (z.B. Lessings Ringparabel). Somit können SuS* in dieser Unterrichtsstunde Kompetenzen trainieren, die fächerübergreifend relevant in höheren Jahrgangsstufen werden können. Neben der für die weitere Schullaufbahn relevanten Auseinandersetzung mit der Textgattung Parabel hat der zu untersuchende Text mögliche Lebensweltbezüge. So können SuS* anhand des Gleichnisses ihr eignes Gerechtigkeitskonzept reflektieren und überdenken. Dabei ist die Grenze zwischen Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung fließend: Einerseits werden die SuS* dazu aufgefordert Gerechtigkeit in erlebten bzw. gegenwärtigen Alltagssituationen neu zu bewerten, indem sie diese in einem neuen Gleichnis verarbeiten. Andererseits werden so Wege geebnet auch in Zukunft (eigene) Urteile multiperspektivisch zu betrachten, so dass schließlich soziale Gefüge aufgebrochen werden können und die SuS* befähigt werden, Handlungsmuster zu entwickeln, welche sich dem Gerechtigkeitssinn des metaphorischen Weinbergbesitzers annähern. So soll auf lange Sicht die Kontrasterfahrung des Gleichnisses überwunden werden können.  

Im Rahmen von Überlegungen wie „Jeder Lehrer ist Sprachlehrer“ (Donnerhack u.a. 2013: 382) gilt es auch im Religionsunterricht Sprachkompetenzen aufzubauen und zu fördern. Dies ist besonders im Religionsunterricht ein zentraler Punkt, da das erschließen (können) von Texten grundlegend für eine Auseinandersetzung mit den Inhalten ist, weil religiöse Texte nicht linear Informationen vermitteln (vgl. Altmeyer 2018: 483). Speziell Gleichnisse werden als Metaphern klassifiziert. So wird ihnen ein „poetisches Potenzial“ zugesprochen (Müller 2016), welches eine sprachliche Analyse fordert (vgl. ebd.). 

Außerdem ist es wichtig an dieser Stelle anzumerken, dass diese Stunde einer synchronen Rahmung durch beispielsweise eine anschließende synchrone Reflexionsstunde bedarf in der die SuS* über ihre Erlebnisse mit dem Gleichnis sprechen können und dabei unterschiedliche Perspektiven der jeweiligen Charaktere einnehmen können (vgl. Baldermann 2001: 184f.). Insbesondere der emotionale Aspekt des Austausches und Diskutierens über das Gleichnis ist dabei von elementarer Bedeutung für eine Weiterentwicklung des religiösen Urteilsvermögens. Ausgehend von Fritz Osers Stufenmodell (vgl. Oser/Gmünder 1988: 84) stellen Büttner und Dieterich aus entwicklungspsychologischer Perspektive die affektlogische Entwicklung von Religiosität im Gegensatz zu Osers rein kognitiv argumentierender Theorie heraus (Büttner/Dieterich 2016: 61-64). Für den Religionsunterricht bedeutet dies, dass eine Entwicklung – orientiert weiterhin an Osers Stufenmodell – von einer teilweise autonomen Stufe 3 hin zur glaubensautonomen Stufe 4 über Emotion erfolgen muss. Bereits Oser stellt dazu die Relevanz der Bearbeitung von Dilemmata heraus (wiedergegeben bei Büttner/Dieterich 2016). 

Dem folgend sollte durch Identifikationsangebote und Multiperspektivität zu einer emotionalen Auseinandersetzung mit dem Dilemma angeregt und somit die Grundlage für eine religiöse Weiterentwicklung im erweiterten Sinne Osers geschaffen werden, was die Gattung des Gleichnisses durch ihre inhärente Kontrasterfahrung enorm begünstigt. Daneben muss eine Durchdringung des religiösen Textes und somit des zu diskutierenden Gegenstandes zunächst einmal garantiert werden. In einer übergeordneten Unterrichtseinheit verfolgt die Arbeit mit dem Gleichnis somit zwei aufeinander aufbauende Ziele: einerseits die Weiterbildung des religiösen Sprachregisters und der Fähigkeit zur Analyse religiöser Texte sowie andererseits die darauf aufbauende Kompetenzen zur Deutung und Beurteilung dieser Textsorten. Der vorliegende Unterrichtsentwurf impliziert dabei beide Ansätze mit einem klaren Fokus auf die Grundlegende Sprachbildung. 

Verortung im KC: 

Im niedersächsischen Kerncurriculum für die Integrierten Gesamtschulen der Schuljahrgänge 5-10 für das Fach evangelische Religion ist das Thema „Nach Jesus fragen“ vorgesehen. Dabei wird unter der Deutungskompetenz für die achte Klasse die Fähigkeit gelistet mithilfe neutestamentlicher Texte „die Grundaussage der Reich-Gottes-Botschaft“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2009: 22) erläutern zu können. Als möglicher Inhalt zum Kompetenzerwerb werden Reich-Gottes-Gleichnisse, wie das diesem Entwurf zugrundeliegende Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, vorgeschlagen (Niedersächsisches Kultusministerium 2009: 23). 

Lernziele und Kompetenzen:

Grobziel: Die SuS* sollen anhand des Gleichnisses von den Arbeitern auf dem Weinberg ihre Deutungskompetenz erweitern, sodass sie eine Facette der Reich-Gottes-Botschaft erläutern können. (Deutungskompetenz)

Fachspezifische Feinziele

Die SuS* sollen ….
… anhand von Merkmalen ein Gleichnis erkennen können. 
… die Kontrasterfahrung bei Mt 20,1-15 beschreiben können.
… mithilfe der Kontrasterfahrung Jesus’ Botschaft vom Reich Gottes im Bezug auf Gerechtigkeit erklären können. 

Sprachspezifische Feinziele (Orientierung an KC Deutsch für IGS): 

Die SuS* sollen …
… inhaltliche und formale Vorgaben zur Textgestaltung beachten können und in Anlehnung an literarische Vorlagen eigene Texte verfassen können, indem sie das Gleichnis in ihre Lebenswelt übertragen und unter Berücksichtigung der gattunsspezifischen Merkmalen ein eigenes Gleichnis schreiben. 
… Textinhalte mithilfe digitaler Medien veranschaulichen können, indem sie das Gleichnis als Stop-Motion-Film zusammenfassen und visualisieren. 
… Zusammenhänge zwischen Intentionen und Wirkung von Texten herstellen können, indem sie Kontrasterfahrung des Gleichnisses herausarbeiten und deuten.

Die  methodischen Überlegungen

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die Stunde als asynchrone Stunde geplant und somit auf Distanzunterricht ausgelegt. Bei diesem kommt der Wahl der verwendeten Plattform eine besondere Wichtigkeit zu und soll daher im Folgenden erläutert werden.

Als virtueller Raum wurde dabei Padlet gewählt. Durch seine vielfältigen Möglichkeiten bietet das Programm Möglichkeiten sowohl Aufgaben als auch Lösungen strukturiert anzuordnen. Grade im asynchronen Distanzunterricht bekommt der Punkt „klare Struktur“ nach Hilbert Meyer eine besondere Bedeutung (Vgl. Meyer 2020: 25-38), da Fixpunkte des Präsenzunterrichts wie Rituale oder konsequentes Eingreifen durch die Lehrkraft nicht umsetzbar sind. Auch verlangt das Prinzip der Freiarbeit, das dieser Stunde zugrunde liegt, eine klare Struktur (vgl. Ziebert/Riegel 2013: 556).

In dieser Unterrichtsstunde dient das Padlet konkret als Werkzeug die Aufgaben und Materialien für die SuS* sinnvoll zu strukturieren und zu präsentieren. Das Padlet ermöglicht es, zusätzliche Hilfestellungen zur Verfügung zu stellen, die von den SuS* nicht zwingend in Anspruch genommen werden müssen. Dadurch entsteht ein lernfördernder virtueller Raum, ähnlich wie ein gut ausgestatteter Klassenraum (vgl. Meyer 2020: 120f.). Den SuS* werden auf diese Art und Weise unterschiedliche Zugänge (Audio- und Video-Datein) zum Text ermöglicht und Hilfetools (Verlinkung zum Duden, Platz für Fragen, Kommentarfunktion) bereitgestellt.
Außerdem können die SuS* über eine Chatleiste im Padlet zu vorab festgesetzten Zeiten Rückfragen stellen und so trotz der asynchronen Gestaltung in Kontakt mit der Lehrperson bleiben. 

Screenshot von einem Abschnitt des Padlets

Die Anordnung der Aufgaben und Materialien richtet sich dabei nach der EEE-Methode von Catlin Tucker (Vgl. Pölert 2020). Dabei werden durch den Einsatz von drei Lerndimensionen (Eintauchen – Entdecken – Erklären) Lerninhalte zu einem Thema, hier Gottes Gerechtigkeit am Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, strukturiert.

Eintauchen Entdecken Erklären
1) Mach ein kurzes Brainstorming: Was ist für dich „Gerechtigkeit“?
2) Lies Mt 20,1-15.
3) Gliedere den Text in sinnvolle Abschnitte. 
Tipp: Ein Abschnitt ist zu Ende, wenn zum Beispiel eine Handlung vorbei ist.
4) Bestimme die Textgattung. 


Tipp: Merkmale zur Bestimmung findest du unter „Expertenwerkzeug“.
1) Lies das Gleichnis.
2) Welche Personen kommen in dem Gleichnis vor?
3) An welcher Stelle kommt es zum Problem?
4) Wie fühlt sich der Tagelöhner, der den ganzen Tag gearbeitet hat?
5) Wie argumentiert der Weinbergbesitzer?
6) Welche Attributte zeichnen den Weinbergbesitzer aus?
7) Was ist gerecht für den Tagelöhner, was ist gerecht für den Weinbergbesitzer? 
8) Wie könnte nun Gottes Gerechtigkeit aussehen? 
9) Fallen dir noch mehr Situationen ein, die auf den ersten Blick unfair erscheinen? Trage sie in das Padlet ein. 
Schreibe ein neues Gleichnis, in dem du Gerechtigkeit Gottes darstellst.
Folgende Wörter sollten in deinem Gleichnis vorkommen:
das Reich Gottes ist wie, mehr leisten, weniger leisten, ungerecht, gerecht, obwohl, allerdings, Gottesgerechtigkeit, erwidern, Standpunkt

Falls du Ideen brauchst, kannst du dir im gemeinsamen Padlet Inspiration suchen.

Beachte: Gleichnisse haben einen besonderen Aufbau!
ODERODERODER
1) Schau dir das Video an.
2) Stelle eine Vermutung auf: Um was für einen Text könnte es sich hier handeln?
3) Findest du Merkmale, die auf eine bestimmte Textgattung hindeuten? Schreibe sie auf.


Tipp: Merkmal zur Bestimmung der Textgattung findest du unter “Expertenwerkzeug”.
1) Höre dir das Gleichnis an.
2) Welche Personen kommen in dem Gleichnis vor?
3)An welcher Stelle kommt es zum Problem?
4) Wie fühlt sich der Tagelöhner, der den ganzen Tag gearbeitet hat?
5) Wie argumentiert der Weinbergbesitzer?
6) Welche Attributte zeichnen den Weinbergbesitzer aus?
7) Was ist gerecht für den Tagelöhner, was ist gerecht für den Weinbergbesitzer? 
8) Wie könnte nun Gottes Gerechtigkeit aussehen? 
9) Fallen dir noch mehr Situationen ein, die auf den ersten Blick unfair erscheinen? Trage sie in das Padlet ein. 
Überlege dir ein neues Gleichnis, in dem du Gerechtigkeit Gottes verdeutlichst. Dreh dazu einen kurzen Stop-Motion-Film

Falls du Ideen brauchst, kannst du dir im gemeinsamen Padlet Inspiration suchen.

Beachte: Du musst nicht alle Details abbilden. Konzentriere dich auf das Wichtige (Ausgangspunkt – Problem – Lösung).
Anordnung der Aufgaben nach der EEE-Methode. (Eigene Darstellung angelehnt an Catlin Tucker)

Unter jeder Lerndimension finden sich jeweils zwei (mehr oder weniger) unterschiedliche Zugänge zum Erarbeiten des Themas und Gegenstands der Stunde. Somit ergeben sich potenziell acht Lernpfade, die den SuS* einen möglichst individuellen Zugang zum Thema bieten sollen. In Verbindung mit den digitalen Möglichkeiten, die das Padlet bietet, kann so auch in einer asynchronen Unterrichtsstunde ein Wechsel der Darstellungsform ermöglicht werden, der hilfreich für einen sprachsensiblen Unterricht sein kann (vgl. Leisen 2015: 133).
Wegen ihrer besonderen Sprache und wiederkehrenden Struktur lassen sich Parabeln gut für das Einüben von Lesestrategien und  methodische Analysen verwenden. Deshalb wurden als Methode der Texterschließung und Analyse die sechs Schritte der Texterschließung (vgl. Röckel 2006) gewählt. Diese Methode eignet sich gut zum selbstständigen Arbeiten und kann systematisch auch in vorherigen und nachfolgenden Stunden weiter eingeübt werden, damit die SuS* diese (zumindest in Teilen) als implizite Methode zur Texterschließung und -arbeit auch über diese Stunde hinaus nutzen können. 

„Eintauchen“: Die erste Dimension bietet einen ersten Kontakt zum Text(-inhalt) und beherbergt die ersten zwei Schritte zur Texterschließung: Bestimmung der Textart und Gliederung (vgl. Röckel 2006: 217). Die SuS* haben dabei die Wahl zwischen einer reinen Textarbeit oder einem visuellgestütztem Zugang durch ein Video. Die SuS*, die den Zugang über den Text gewählt haben, soll diesen Gliedern, um den dreischrittigen Aufbau des Gleichnisses besser erkennen zu können, weil die einzelnen Teile (Ausgangspunkt – Problem – Lösung) nicht visuell von einander getrennt sind (vgl. Leisen 2012: 6). Durch ihre Gliederung können die SuS* nun die Textgattung bestimmen. Dies dient zur Vorwissensaktivierung (vgl. Philipp 2015: 59).  Als Hilfestellung steht das „Expert*innenwerkzeug“ (gelb) im Padlet zur Verfügung, das im besten Fall bereits in vorherigen Stunden erarbeitet wurde. Auch die SuS*, die das Video als Zugang gewählt haben, sollen (inhaltliche) Gattungsmerkmale finden und somit schlussfolgern auf was für einer Textsorte das Video basiert, um ihr Vorwissen zum Thema „Gleichnisse“ und eventuell auch „Reich Gottes“ zu aktivieren.
Um den Zugang zum und die Arbeit mit dem Text weiter zu unterstützen, steht den SuS* das Gleichnis als eingesprochene Audiodatei zur Verfügung, welche sie unabhängig von der aktuellen Lerndimension abrufen können. Um unklare Begriffe zu klären, ist auch der Duden im Padlet verlinkt (lila), sodass die SuS* gleichzeitig den Umgang mit einem online-Wörterbuch üben und sich schnell selbstständig Hilfe bei Unklarheiten verschaffen können. Diesen Lösungsansatz können die SuS* als Strategie auch bei anderen Texten nutzen (vgl. Philipp 2015: 81).

Entdecken“: Inhalt der zweiten Dimension bildet das nähere Betrachten der Handlung und das Erfassen und Deuten der Kontrasterfahrung (vgl. Röckel 2006: 218). Dabei können die SuS* erneut zwischen einem textbasiertem und einem auditiven Zugang wählen. Da den SuS* prinzipiell beide Zugänge zur Verfügung stehen und sie sich theoretisch auch erst die Audiodatei anhören und danach nochmal den Text in schriftlicher Form anschauen können, wird versucht einer Überforderung innerhalb der Freiarbeit entgegenzuwirken (vgl. Ziebertz/Riegel 2013: 556). Auch kann so ein Wechsel der Darstellungsform erfolgen (von Text zu Audio/Video oder umgekehrt), um auf die Diversität der Lerntypen einer Klasse bestmöglich zu reagieren. Außerdem kann es motivierend wirken, das Gleichnis in einer anderen Form zu erleben als lediglich in Textform (vgl. Leisen 2005: 11). SuS*, die von langen Texten demotiviert oder eingeschüchtert werden, bekommen die Chance sich trotzdem mit dem Inhalt des Bibeltextes auseinander zu setzten. In kleinschrittigen Arbeitsaufträgen sollen die SuS* sich erst mit den Charakteren des Gleichnisses befassen. Durch das Herausarbeiten des Gegensatzes zur Alltagserfahrung (das gleiche Entlohnen bei ungleicher Arbeit) wird die Kontrasterfahrung deutlich (vgl. Röckel 2006: 220). Durch den Perspektivwechsel in Aufgabe 4) und 5) soll das emotionale Lernen (hierzu siehe Didaktische Begründung) angeregt werden. Abschließend wird durch die letzte Aufgabe ein Lebensweltbezug hergestellt indem die SuS* nach vermeintlicher Ungerechtigkeit in ihrem Leben suchen sollen. Durch das Teilen der Ideen im virtuellen Plenum wird Vorarbeit für die nächste Lerndimension geschaffen.

Erklären“: In der letzten Dimension bekommen die SuS* die Gelegenheit ihr zuvor erworbenes Wissen anzuwenden. Für den religiösen Spracherwerb ist es unablässig, Möglichkeiten zu schaffen, in denen SuS* nicht nur zeigen, dass sie religiöse Sprache verstehen, sondern auch diese nutzen können (Vgl. Altmeyer 2013: 368). Da diese Stunde als rein schriftliche Stunde geplant ist, fällt auch der Moment der Anwendung der religiösen Sprache schriftlich aus. Die SuS* haben als eine Möglichkeit das Abfassen eines eigenen Gleichnisses im Sinne der Erzähldidaktik (Vgl. Zimmermann 2018: 211). Dabei sollen sie den besonderen Aufbau der Gattung beachten. Damit wird nicht nur eine Gelegenheit geschaffen kreativ mit religiöser Sprache umzugehen, sondern auch die Schreibkompetenz im allgemeinen geschult (vgl. KC Deutsch). Durch vorgegebene Wörter, die die SuS* für das Verfassen des Gleichnisses verwenden sollen, wird Scaffolding betrieben, was diese Aufgabe auch für schriftlich schwächere SuS* öffnen soll (vgl. Michalak u.a. 2016: 161). Den zweiten Erklären-Ansatz bildet eine Inszenierungsform: Die SuS* können mit der App Stop Motion Studio einen kurzen Film drehen, der eine Vergleichbare Geschichte erzählt wie das Gleichnis. Die Nutzung der Sprache rückt hier im Verhältnis deutlich in den Hintergrund, wird jedoch nicht vollständig eliminiert. Die Funktion der Sprachaufnahme bietet beispielsweise die Gelegenheit, Sprecherrollen oder einen Erzähler über dem Bildmaterial zu verwirklichen und somit das Sprachregister, wenn auch konzeptionell mündlich, zu nutzen. Die Wahrnehmung unterschiedlicher Perspektivität, die in der Inszenierung wie auch im Schreibauftrag implementiert ist, bietet dabei ein wichtiges Element des zweiten in der Gleichnisarbeit herausgestellten Ansatzes (siehe Didaktische Begründung) und damit auch die Möglichkeit eines Transfers der erworbenen Sprachkompetenzen im Fachregister auf die folgende Deutung.

Auch wenn es sich um eine asynchrone Stunde in Freiarbeit handelt, so gibt es dennoch Empfehlungen für die Bearbeitungszeit der einzelnen Dimensionen, damit die SuS* Zeitmanagement trainieren (vgl. Ziebertz/Riegel 2013: 557). An dieser Stelle könnte eine weitere Differenzierung erfolgen, indem aus der Doppelstunde ein kleines Projekt (beispielsweise über zwei Tage) gemacht wird, so dass die Bearbeitungszeit besser auf die Lerngruppe abgestimmt wird.

Die Ergebnisssicherung könnte klassisch per Mail an die Lehrkraft erfolgen. Eine andere Möglichkeit wäre es, ein Ergebnis-Padlet für die Klasse zu erstellen, in dem vor Allem die Videos und selbstgeschriebenen Gleichnisse gesammelt, gesichtet und bei Bedarf auch kommentiert werden können (sowohl durch die SuS* selbst als auch durch die Lehrkraft).

Der tabellarische Stundenverlaufsplan

Da es sich bei der geplanten Unterrichtsstunde um eine asynchrone Stunde im Onlineunterricht handelt, wird auf die Spalte “Sozialform” verzichtet.

PhaseLernsituationMedien
Einstieg (20min.)Lerndimension “Eintauchen”
Die SuS* haben die Wahl zwischen einem textbasierten oder einem visuellen Zugang zum Thema.
Nach Wahl des Zugangs sollen die SuS* den Aufgabenblock bearbeiten. Dabei stehen ihnen Hilfestellungen im Padlet zur Verfügung
Bibel, Video, Padlet
Erarbeitung
(30min.)
Lerndimension “Entdecken”
Die SuS* haben nun die Wahl zwischen einem textbasierten oder einem auditiven Zugang. Anschließend sollen erneut die Aufgaben bearbeitet werden. Beide Aufgabenblöcke schließen mit einem gemeinsamen Brainstorming auf einer anderen Padlet-Pinnwand ab.
Bibel, Audiodatei, Padlet
Sicherung (40 min.)Lerndimension “Erklären”
Die SuS* sollen sich nun ein modernes Gleichnis mit gleicher Thematik überlegen. Die Umsetzung erfolgt dann entweder schriftlich oder als Stop-Motion-Video
Padlet, App Stop Motion Studio

Literaturverzeichnis

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Altmeyer, S. (2013): Die (religiöse) Sprache der Lernenden. Sprachempirische Zugänge zu einer großen Unbekannten. In: Becker-Mrotzek, M. u.A. [Hrsg.]: Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster: Waxmann. S.365-379.

Baldermann, I. (2011): Einführung in die biblische Didaktik. 4. Aufl., Wiesbaden: WBG.

Büttner, G./Dieterich, V.-J. (2016): Entwicklungspsychologie in der Religionspädagogik. 2., durchges. und aktual. Aufl., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Conzelmann, H./Lindemann, A. (2004): Arbeitsbuch zum Neuen Testament. 14., durchges. Aufl., Tübingen: Mohr Siebeck. 

Donnerhack, S./Berndt, A./Thürmann, E./Vollmer, H.J. (2013): Bildungssprachliche Kompetenzerwartungen für den Mittleren Schulabschluss – am Beispiel des Faches Evangelische Religion. In: Becker-Mrotzek, M. u.A. [Hrsg.]: Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster: Waxmann. S.381-400.

Erlemann, K. (2020): Gleichnisse: Theorie-Auslegung-Didaktik. Tübingen: UTB.

Leisen, J. (2005): Wechsel der Darstellungsformen. Ein Unterrichtsprinzip für alle Fächer. In: Der Fremdsprachliche Unterricht. Englisch 78/2005. S.9-11.

Leisen, J. (2012): Der Umgang mit Sachtexten im Fachunterricht. In: www.leseforum.ch 3/2012. S.1-15. (letzter Zugriff: 28.03.2021).

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Michalak, M./Lemke, V./Goeke, M. (2016): Sprache im Fachunterricht: eine Einführung in den Sprachsensiblen Unterricht. Tübingen: Narr Francke Attempto.

Müller, P. (2016): Gleichnisse, bibeldidaktisch. In: WiReLex. Deutsche Bibelgesellschaft.

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Oser, F./Gmünder P. (1984): Der Mensch- Stufen seiner religiösen Entwicklung. Ein strukturgenetischer Ansatz, Zürich u.a.: Benziger.

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