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Magie eines Märchens

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Herzlich Willkommen!

Es waren einmal zwei angehende Lehrkräfte, die eine fiktive Doppelstunde entwickelt haben. Diese angehenden Lehrkräfte sind wir: Lisa und Kyra.

Schön, dass du in unserem Blog vorbeischaust!

Wir haben eine fiktive Doppelstunde entwickelt, die sowohl digital als auch analog gestaltet werden kann. In unserer Unterrichtseinheit werden dabei die Aspekte der Digitalität mit den Aspekten der Sprachsensibilität verknüpft.

Der Unterrichtsentwurf umfasst das Thema „Kreatives Schreiben im Deutschunterricht“ mit der Fokussierung auf dem Thema „Märchen“.

Diese Unterrichtseinheit ist vorgesehen für die 4. Jahrgangsstufe.

Märchen sind ein Mix aus Realität und Fantasie. Sie ermöglichen den Kindern eigene Fantasien zu entwickeln und ihre sozialen, emotionalen und kreativen Kompetenzen zu fördern. Daher haben Märchen heute und auch zukünftig Relevanz in der persönlichen und schulischen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler.

Viel Spaß beim Lesen!


Inhaltsverzeichnis

  1. Sachanalyse
  2. Didaktische Entscheidung der digitalen Unterrichtsstunde
  3. Didaktische Entscheidung der analogen Unterrichtsstunde
  4. Methodik der digitalen Unterrichtsstunde
  5. Methodik der analogen Unterrichtsstunde
  6. Verlaufsskizze digital
  7. Verlaufsskizze analog
  8. Literaturverzeichnis
  9. Anhang

1.Sachanalyse

Die fiktive Unterrichtseinheit befasst sich mit dem Märchen „Aschenputtel“. Für unsere Unterrichtsstunde haben wir uns für eine vielfältige mediale Darstellung des Märchens entschieden, so dass dieses als Hörspiel und als Text behandelt wird. Das Hörspiel des Märchens lässt dabei einen Bezug zum Anfang der Märchen herstellen. Der Begriff des Märchens war im Ursprung auf eine kurze, fiktive Erzählung bezogen (vgl. Lüthi 2004, S. 1). Dabei wurde der Begriff an sich erst im 18.Jahrhundert populär und wurde vom französischen Feenmärchen abgeleitet, welches im Englischen auch als „fairy-tale“ bezeichnet wird (vgl. Neuhaus 2017, S. 3).

In den Literaturwissenschaften wird das Märchen in drei Kategorien unterteilt: das Volksmärchen, das Kunstmärchen und das Wirklichkeitsmärchen. Eine Differenzierung der Märchentypen sei allerdings schwierig, da diese auch einige Gemeinsamkeiten haben (vgl. ebd. S. 4).

Das Volksmärchen wurde früher oftmals als Synonym für ein Märchen im Allgemeinen verwendet und enthält, die für die Gesellschaft als prototypisch geltenden, Märchenmerkmale (vgl. ebd. S. 5ff.). Bei diesem Märchentypus wird von einer mündlichen Übermittlung gesprochen, welches das Märchen in seiner Form verändert. Zu den Merkmalen des Volksmärchens gehört die Orts- und Zeitlosigkeit, die einsträngige Handlung, die einfache Sprache, die flachen Charaktere, ein Happy-End, Floskeln, so wie stereotypische Handlungen und Schauplätze. In einem Volksmärchen gibt es also Figuren, die nur böse oder nur gut sein können und eine Mangelsituation, die von der/dem Heldin/Helden gelöst wird. Meistens erfolgt dies mithilfe magischer Requisiten oder sprechender Tiere (vgl. ebd. S. 12).

Im Vergleich zum Volksmärchen wird das Kunstmärchen als ein Werk eines bestimmten Autors definiert, welches genaue Orts- und Zeitangaben enthält. Die Sprache ist künstlerisch, die Handlung mehrsträngig und die Charaktere mehrdimensional. Im Gegensatz zu den Figuren des Volksmärchens gibt es hier auch Figuren, die gut und böse sind und offene Enden ohne Floskeln. Es gibt aber auch eine Problemsituation, die ein/e Held/in lösen soll und ebenso spielt die Fantasie und Magie eine große Rolle (vgl. ebd. S.12).

Die letzte Märchenart, das Wirklichkeitsmärchen, weist zwei Ebenen auf. Die Realitätsebene und die Wunderwelt werden dabei klar voneinander abgesetzt, so dass eine Dialektik zwischen Fiktion und Realität entsteht (vgl. ebd. S. 14).

Die Funktionen der Märchen jeglicher Art stehen seit Jahren im Diskurs, so wird insbesondere die Grausamkeit in den Märchen kritisiert. Da die Märchen der Gebrüder Grimm zu den womöglich bekanntesten Märchen gehören und auch als Maßstab für die Bewertung anderer Märchen dienen, wurde auch hier eine Analyse der vorliegenden Grausamkeit durchgeführt (vgl. Jolles 2010, S. 219). Dabei hat Kaspar H. Spinner die Funktionen der Grausamkeit in den Grimmschen Märchen herausgearbeitet: „Zum einen erleiden die bösen Figuren grausame, aber in der Logik der Märchen gerechte Strafen. Zum anderen werden die positiven Helden von Gewalt bedroht, ohne daß diese allerdings endgültig zur Wirkung kommt“ (Spinner 1992, S. 25). Somit sei die Grausamkeit der Märchen gerechtfertigt und die Märchen als Zufluchtsort und Bedürfnisbefriedigung der Leser/innen legitimiert (vgl. Neuhaus 2017, S. 8).


2. Didaktische Entscheidung der digitalen Unterrichtsstunde

In der fiktiven Unterrichtseinheit sollen sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Thema Märchen auseinandersetzen. Märchen gehören zur Gattung der Epik und verbinden die reale Welt mit kreativen, fantasievollen Vorstellungen.

Im Zentrum der fiktiven Unterrichtseinheit steht somit das kreative, fantasievolle Schreiben, welches als Thema für den Fachunterricht gewählt wird. Unterstützend sollen die Bereiche Sprache und Sprachgebrauch gefördert werden. „Ein guter Fachunterricht ist daher in Anlehnung an die sprachlichen Voraussetzungen der Schüler(innen) sowohl bildungssprachlich ausgerichtet als auch sprachlich unterstützend angelegt.“ (Wildemann 2020, S. 81).

Legitimiert wird der Stundeninhalt durch das Niedersächsische Kerncurriculum (Niedersächsisches Kultusministerium 2017).

Laut Kerncurriculum sollen die SuS innerhalb des Kompetenzbereiches „Schreiben – Texte verfassen“ bis Ende der 4. Klasse eigene Schreibideen entwickeln können (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 27).

Neben der geschriebenen Sprache ist auch die mündliche Sprache schulisch und außerschulisch ein zentrales Kommunikationsmittel. Die Kompetenz „Sprechen und Zuhören“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 8) wird in der fiktiven Unterrichtseinheit didaktisch durch den Einsatz des audiomedialen Hörimpuls in Form einer Märchenhörbox unterstützt.

Was die Lernbedeutsamkeit der Unterrichtseinheit betrifft, so sollen die SuS auf der Grundlage des digitalen Hörimpuls ihre gestalterische Interpretation des Schreibprozesses erlernen. „Kreatives Schreiben fördert eine gute Schreibentwicklung der SuS, denn es stärkt das Vertrauen in die eigene Schreibfähigkeiten und damit allgemein die Schreibentwicklung.“ (Böttcher 1999, S. 20). Darüber hinaus spielen die personale, soziale und emotionale Entwicklung der SuS eine wichtige Rolle. Märchen weisen immer ein glückliches, konfliktlösendes Ende auf. „Sie zeigen immer wieder aufs Neue, dass Probleme, egal wie ausweglos sie scheinen, lösbar sind. Somit geben sie Mut und Hoffnung.“ (Frey 2017, S. 7). Die SuS erlernen, dass die Konfliktlösung wichtig ist, um glücklich und zufrieden zu sein.

Der Unterrichtsinhalt besitzt eine hohe Gegenwarts-und Zukunftsbedeutung für die SuS. Zu den bereits bestehenden Schriftsprachkompetenzen sollen die SuS auch die korrekte Orthographie der deutschen Sprache richtig anwenden können und dies auf ihre kreative Eigenproduktion von Texten übertragen. Zudem wird die Entwicklung von Fantasien und die Schriftsprachkompetenz durch den kreativen Schreibprozess gestärkt.

Der didaktische Mehrwert der fiktiven Unterrichtseinheit wird durch die Digitalisierung der Unterrichtsinhalte positiv beeinflusst. Aufgrund der heutigen medialen Entwicklung besteht die Gefahr, dass Kinder sich mit ihren eigenen Fantasien nicht mehr richtig auseinandersetzen. Durch den Einbezug der Digitalisierung im Unterricht und „[dem] Wechsel der Darstellungsformen erweist sich [dies] als der didaktische Schlüssel zum fachlichen Verstehen und ist ein Anlass zur fachlichen Kommunikation.“ (Leisen, 2005).

Erwartete Lernschwierigkeiten könnten sein, dass die SuS Probleme haben ihre Alltagssprache in Bildungssprache zu verschriftlichen. Da das sprachliche Lernen ein zentraler Punkt im Deutschunterricht ist, soll bewusst der Wechsel von unterschiedlichen Sprachregistern innerhalb des Unterrichts gefördert werden.  Dadurch wird den SuS bewusst ein Weg gezeigt, Bildungssprache richtig zu erlernen, um langfristig im Deutschunterricht und auch fächerübergreifend davon profitieren zu können.


3. Didaktische Entscheidung der analogen Unterrichtsstunde

In der entwickelten fiktiven Doppelstunde wird auf digitale Geräte verzichtet, womit diese analoge Variante für alle divers ausgestatteten Schulen möglich ist. Das Thema unserer Doppelstunde ist die Welt der Märchen, wobei wir uns im Unterricht auf das Märchen „Aschenputtel“ fokussieren. Dabei ist das von uns ausgewählte Märchen nicht das Ursprungs-Märchen der Gebrüder Grimm, sondern eine neuere Version des Klassikers, veröffentlicht in der Märchen-Reihe von „Märchenheld“ (Hachette Collections, 2020).

Die Doppelstunde wird mithilfe des Kerncurriculums legitimiert, welches unter anderem besagt, dass die SuS „[i]m kreativen Umgang mit Sprache […] die ästhetische Dimension von Sprache [erfahren].“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 5), welches hier durch die kreative Erarbeitung und Darstellung der Märchen erlangt wird.

In dem Kerncurriculum ist auch der Beitrag des Faches Deutsch zur allgemeinen Entwicklung der SuS verankert, welche „[i]n der Auseinandersetzung mit Texten und Medien und in der Reflexion sprachlichen Handelns in einer mehrsprachigen Lebenswelt […] Verstehens- und Verständigungskompetenzen [entwickeln], die ihnen helfen, die Welt zu erfassen und begründet eigene Positionen und Werthaltungen in einer demokratischen Gesellschaft einzunehmen. (ebd. S. 5). Somit können die SuS durch die Märchen nachhaltig lernen, welche Werte und Normen in unserer Gesellschaft verankert sind. Die Märchen bieten sich hier an, um Werte wie „Gut und Böse“ oder „Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit“ zu erfahren. Durch eben diese klare Abgrenzung zwischen Gut und Böse könne sich das Kind außerdem leichter mit den Märchencharakteren identifizieren (vgl. Rüter 2015, S. 1).

Zu dem kann man das Weiterschreiben eines Märchens auch in dem Kompetenzbereich „Schreiben – Texte verfassen“ in dem niedersächsischen Kerncurriculum auffinden, weshalb das Thema der Unterrichtsstunde auch hier legitimiert wird (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 5).

Innerhalb der Doppelstunde werden mehrere Kompetenzbereiche angesprochen und erweitert.

Durch den Hörimpuls zu Beginn der Stunde (produziert durch das Vorlesen der Lehrkraft), wird die Kompetenz des „Sprechen und Zuhörens“ (ebd. S. 7) angesprochen und auf die Welt der Märchen erweitert. Durch die sprachlichen Besonderheiten des Märchens, welches sich auch in „Aschenputtel“ wiederfindet, können die sprachliche Vielfalt der deutschen Sprache erfassen und erweitern ihr Wissen zum kulturellen Gut der deutschen Geschichte (vgl. Kultusministerkonferenz 2004, S. 7).

Der Fokus der Doppelstunde liegt hier, genau wie bei der digitalen Variante, auf dem Kompetenzbereich des „Schreibens“ (niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 7). Explizit das kreative Schreiben soll im Vordergrund der fiktiven Unterrichtsstunde stehen. Zu dem kann man das Weiterschreiben eines Märchens auch konkret in diesem Kompetenzbereich „Schreiben – Texte verfassen“ in dem niedersächsischen Kerncurriculum auffinden, weshalb das Thema der Unterrichtsstunde auch hier legitimiert werden kann (vgl. ebd. S. 28).

Hierbei liegt die Orientierung an der prozessorientierten Schreibdidaktik, da in diesem Unterricht durch das Schreiben eines Endes die neuerworbenen Kenntnisse verarbeitet und dadurch ein kreativer Prozess ausgelöst werden soll.

Neben diesen fachspezifischen Kompetenzen werden auch allgemeine Kompetenzen wie die Selbsttätigkeit, die als allgemeines Bildungsziel gilt, gefördert. Die handlungs- und produktionsorientierte Doppelstunde gestaltet sich ganz nach dem Prinzip des „Handlungs- und produktionsorientieren Literaturunterricht“ (Haas/ Menzel/ Spinner 2000, S. 8 ff.), welcher neben der Selbsttätigkeit auch die Individualität und Kreativität der SuS fördere (vgl. ebd. S. 8 f.).

Dass das Thema der Doppelstunde sowohl gegenwärtig als auch zukünftig Relevanz für die SuS hat, zeigte sich bereits bei der von dem Märchen vermittelten Wertehaltung auf. Durch das Märchen „Aschenputtel“ wird den SuS eine neue Erlebniswelt geöffnet, in welcher sie zukünftig Entwicklungen durchleben können. Denn in Märchen können die SuS ihre eigenen Konflikte in Geschichten wiederfinden und diese in der Fantasiewelt durchleben und Lösungsansätze erkennen (vgl. Vom Orde 2012, S. 8).

Obgleich Märchen oft wegen ihrer „brutalen“ Inhalte in der Kritik standen, zeigten sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr positive Aspekte der Märchen auf. „Märchen bieten also Lebenshilfe, nicht indem sie kindliche Nöte verniedlichen, sondern ‚sie in ihrer Schwere ernst nehmen‘ und ‚sich auf alle Persönlichkeitsaspekte beziehen‘.“ (vom Orde 2012; zit. n. Bettelheim 2006, S. 11).

Neben dieser inhaltlichen Relevanz hat die Unterrichtsstunde durch das Vorzeigen des Märchens, den SuS die Chance geboten auch deren Kompetenzbereiche erweitern zu können. Dies geschieht durch das gemeinsame Erarbeiten der Märchen, so dass die SuS ihre neuen Kenntnisse für das Texte verfassen nutzen können.

Im Vergleich zur digitalen Stunde konnte diese Doppelstunde keine multi-mediale Darstellung „Aschenputtels“ aufzeigen, wobei die moderne Perspektive auf den herkömmlichen Textbegriff im Fach erarbeitet werden solle, um an der modernen Welt teilhaben zu können (vgl. niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 5).


4. Methodische Überlegungen der digitalen Unterrichtsstunde

Unsere Unterrichtsstunde startet mit einem Bildimpuls von dem Märchen „Hänsel und Gretel“ (Material 1: Bild „Hänsel und Gretel“), welches wir mit Hilfe eines Beamers an die Wand projizieren. Die Lehrkraft fragt die SuS dann, was sie auf dem Bild erkennen können, so dass jeder SuS jeglichen Lernstandes Teil des Unterrichts sein kann. Mit der zweiten Frage „Was wisst ihr über Märchen“ soll nun eine kognitive Aktivierung bei den SuS stattfinden und ihr Vorwissen aktiviert werden, so dass die Lehrkraft erkennen kann, welchen Wissensstand die SuS besitzen. Durch die Frage können die SuS ihre Erfahrungen Kund geben und es wird ein Alltagsbezug hergestellt. Da es hier zunächst um die persönlichen Erfahrungen der SuS geht, kommt hier eine Redekette zum Einsatz, bei der die Lehrkraft den SuS Raum gibt, ihre Meinung frei zu kommunizieren.

Zu Beginn hatten wir uns überlegt, ob wir vielleicht ein Bildimpuls von „Aschenputtel“ machen sollten, jedoch haben wir uns dagegen entschieden, da einige SuS so vielleicht schon das Ende des Märchens verraten könnten, welches im Verlauf der Stunde noch relevant sein wird.

Nachdem die SuS die Frage ausführlich besprochen haben, werden die Merkmale eines Märchens auf dem Whiteboard gesammelt. Dabei wird nun eine Übersicht des allgemeinen Wissenstandes der SuS aufgestellt und eine erste Grundlage erarbeitet. Auch hier hatten wir noch Alternativen überlegt. So könnte man diese ersten Ergebnisse zu einer „Wortwolke“ zusammenfügen, jedoch würde dies noch mehr Zeit in Anspruch nehmen und den SuS vielleicht etwas zu abstrakt erscheinen.

Nach dem circa 15-minütigen Einstieg in das Thema wird nun das Märchen „Aschenputtel“ über eine Märchenheld-Box abgespielt. Auf die Box wird eine Märchenfigur, in unserem Fall Aschenputtel, gestellt, welche dann die Audiodatei für das jeweilige Märchen enthält. Das Hörspiel von Aschenputtel läuft ungefähr fünf Minuten lang. Durch diese Box wird eine neue mediale Darstellung der Märchen aufgezeigt, so dass die SuS die Vielfalt der heutigen Medienwelt kennenlernen. Denn „[die] sich ständig erweiternden und immer stärker vernetzten medialen Angebote mit ihren dynamischen Symbol- und Lebenswelten eröffnen Heranwachsenden ganz neue Erfahrungs-, Handlungs- und Erlebnisräume.“ (Kultusministerkonferenz 2012, S. 5), so dass SuS an diese Welt in der Schule herangeführt werden sollten. Durch unser Hörspiel wird ihnen eine Möglichkeit der Darstellung von Texten in der heutigen Zeit aufgezeigt und zu einer Auseinandersetzung mit dem Material angeregt. Zudem wird hier der Hörsinn gefordert, nach dem die SuS zu Beginn der Stunde schon visuell gefordert wurden. Ein Hörspiel bietet auch die Möglichkeit den Unterricht sprachsensibel zu gestalten, da die SuS so die Intention der Wörter vermittelt bekommen und leseschwächere SuS eine Möglichkeit geboten wird, den Märchentext mündlich zu verstehen.

Nach dem Hörspiel werden die SuS aufgefordert Vergleiche zwischen den bereits erfassten Merkmalen und den in „Aschenputtel“ auftretenden Merkmalen zu ziehen. Diese Zwischenreflexion soll den SuS für ein tieferes Verständnis von Märchen helfen (vgl. Meyer 2018, S. 118).

Im letzten Teil der Hinführung erläutert die Lehrkraft die Aufgabenstellung (Schreibe ein Ende für das Märchen „Aschenputtel“.) und geht auf die Fragen der SuS ein. Wir haben bewusst eine offene Aufgabe gewählt, damit die kreativen Prozesse der SuS entfaltet werden können. Da nicht alle SuS gleich viel Inhalt des Hörspiels behalten können, haben wir ein Arbeitsblatt erstellt, auf dem das Märchen bis zum offenen Ende abgedruckt ist (Material 3: „Aschenputte_dasMärchen_offenes Ende“), wobei die letzten Zeilen vor dem offenen Ende auch auf dem Arbeitsblatt „kreatives Ende“ aufzufinden sind. Als Hilfestellung dient hier das Arbeitsblatt „Märchenrezept“, welches tabellarisch über die sprachlichen und inhaltlichen Merkmale der Märchen aufklärt. Dabei sind nicht alle Zeilen ausgefüllt, so dass leistungsstarke SuS weitere Merkmale hinzufügen können, wenn sie innerhalb der Arbeitszeit früher fertig werden.

Auf der Rückseite von der Hälfte der Arbeitsblätter „kreatives Ende“ befindet sich ein gläserner Schuh und auf den restlichen Arbeitsblättern das Aschenputtel. Nun wird eine kurze Phase der Partnerarbeit eingerichtet. Die SuS sollen sich nach der Rückseite ihres Arbeitsblattes zusammenfinden, so dass je ein „gläserner Schuh“ und eine „Aschenputtel“ zusammenarbeiten. Um die Unterrichtskommunikation und den Austausch mit Gleichaltrigen zu fördern, können die SuS sich nun über Aschenputtel und mögliche Ideen für ein Ende austauschen. Durch diese Aufgabe wird eine neue Lernumgebung geschaffen, die SuS werden bunt gemischt und können neue Perspektiven ersehen. Diese Methode des „Think-Pair-Share“ (Plüskow Kaminski 2019) ist dem sprachsensiblen Unterrichtsstil zuzuschreiben, da hier ein Sprachlernprozess angeregt wird, in dem die SuS zunächst selbst Ideen sammeln und diese dann mit dem Tandempartner besprechen und später im Plenum teilen können.

Nach Ablauf der Zeit wird ein akustisches Signal gegeben, damit die SuS sich wieder auf ihren Plätzen versammeln.

Nun beginnt die Arbeitsphase, in der die SuS 35 Minuten lang in Einzelarbeit an ihren kreativen Enden arbeiten können. Nachdem die Arbeitsphase beendet ist, gibt die Lehrkraft wieder das gleiche akustische Signal. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass das Signal nicht variiert, da so Unterrichtsroutinen aufgebaut werden können und ein neutrales Lernklima entstehen kann.

In der Phase der Ergebnissicherung können die SuS nun ihre Enden vorstellen, wobei auf Grund der Zeit optimalerweise zwei Enden miteinander verglichen werden könnten. Dabei liest zunächst ein/e Schüler/in vor und die Lehrkraft stellt danach die Frage, wer ein anderes Ende der Geschichte hat. Wir hatten erst überlegt hier das Prinzip des „Vorlesethrons“ einzuführen, allerdings würde dies mit der Erklärung und der Ausführung zu komplex werden. Auf dem Arbeitsblatt „Aschenputtel_Das Märchen“, welches die SuS zum Schluss bekommen, befindet sich auch ein QR-Code, welcher eine Audiodatei des vollständigen Märchens enthält, so dass die SuS je nach Bedarf zu dem Lesen des Märchens auch das Hören des Märchens als Hilfe für ein tieferes Verständnis der Handlung nutzen können.

Nachdem die SuS unterschiedliche Enden gehört haben, wird das vollständige Märchenrezept per Beamer an die Wand projiziert, so dass nun alle SuS das Märchenrezept vervollständigen können. Durch die digitale Form des Märchenrezeptes können alle SuS die Schrift klar und deutlich erkennen, was beispielsweise an einer Tafel öfter unklar wäre und mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, auf Grund des Schreibtempos der Lehrkraft.

Für eine vollständige Ergebnissicherung gibt es noch eine Hausaufgabe. Auf den Arbeitsblätter ist ein Lückentext zu Aschenputtel aufzufinden, den die SuS je nach ihrem individuellen Niveau ausfüllen können. Durch die von „kits-blog“ (kits • Kompetent in Technik und Sprache) verfügbaren Tools, konnten wir QR-Codes erstellen, die Hilfekästen enthalten. Hierbei wird in geordnete Wörter und ungeordnete Wörter für den Lückentext unterschieden. Durch die digitalen Tools ist eine innere Differenzierung möglich und die SuS können ihr Lernverhalten selbst regulieren. Je schwieriger der Text für die SuS ist, desto mehr Hilfestellung können sie erhalten. Aus diesem Grund haben wir bei der digitalen Stunde die unterschiedlichen Hilfekästen auf einem Blatt mithilfe der QR-Codes dargestellt. Dies ist in der analogen Stunde nicht vergleichbar möglich, ohne dass die SuS bereits alle Lösungswörter lesen könnten. Hier hilft die Digitalität das Lernverhalten der SuS zu verbessern und hilft den Unterricht sprachsensibel zu gestalten.

Am Ende der Unterrichtsstunde bittet die Lehrkraft die SuS die Unterrichtseinheit kurz per „Daumenprobe“ (Daumen hoch = zufrieden, Daumen nach unten = unzufrieden) zu bewerten, um so einen Eindruck zu bekommen und bei schlechten Bewertungen nach Problemen und Kritik zu fragen. So kann die Lehrkraft ihren Unterricht stetig verbessern, ein angenehmes Lernumfeld schaffen und durch dieses Ritual eine feste Struktur einführen.

Trotz dieser Struktur ist es auch wichtig den Unterricht stetig zu variieren, damit die SuS angesprochen werden und Langeweile vermieden wird.  „Mischwald ist besser als Monokultur“ (Meyer 2018, S. 69) nach diesem Prinzip von Hilbert Meyer, haben wir eine Balance der verschiedenen Sozialformen (Plenum, Einzelarbeit, Partnerarbeit…) angestrebt, damit die SuS eine angemessene Abwechslung auffinden.


5. Methodische Überlegungen der analogen Unterrichtsstunde

Zum Einstieg in die fiktive Unterrichtseinheit wird ein Bildimpuls gezeigt (Märchen „Hänsel und Gretel“). Dieser Bildimpuls wird bewusst gewählt, damit die Lehrkraft die Aufmerksamkeit der SuS erhält. Bevor die SuS in die aktive Arbeitsphase gehen, soll zunächst ihr Wissen aktiviert werden, welches sie grundsätzlich über Märchen besitzen.

Hier kommt es zum Einsatz der Redekette. „Die Redekette hat ihren Platz vornehmlich in der Einstiegsphase des Unterrichts, in der die Schülerinnen und Schüler frei und ungelenkt miteinander reden können, Vorwissen artikulieren und es keine falschen oder richtigen Antworten gibt.“ (Mattes 2011, S. 106). Die Redekette wird genutzt, damit die SuS sich zum Unterrichtsinhalt äußern können. Dieser Kommunikationsanlass gewährt den SuS die Möglichkeit ihre bildungssprachlichen Kompetenzen zum Ausdruck zu bringen.

Der gewählte Märchentext wird von der Lehrkraft vorgelesen und unterstützend bekommen die SuS den Text ausgehändigt, damit sie die Möglichkeit haben, den Text sowohl visuell als auch auditiv wahrzunehmen. Dies gewährleistet, dass die SuS aktiv am Vorlesen teilnehmen können. Die Lehrkraft bricht das Lesen bewusst an der vorgesehen Stelle ab. Dieser Abbruch des Vorlesens an einer spannenden Stelle des Märchens dient der Fantasieanregung und unterstützt die Eigenproduktion im Schreibprozess.

Bevor die SuS in Eigenproduktion des kreativen Schreibens gehen, werden gemeinsame Merkmale im Vergleich zum Bildimpuls festgestellt und auf einem Plakat festgehalten. Dieses kann die Lehrkraft an die Wand hängen, damit die SuS eine visuelle Unterstützung in ihrem kreativen Schreibprozess haben. Der Schreibprozess wird methodisch von dem „Märchenrezept“ unterstützt. Das Märchenrezept ist ein Arbeitsblatt in tabellarischer Form, welches über die inhaltlichen und sprachlichen Merkmale des Märchens informiert. Insbesondere dient es den schwächeren SuS als Hilfestellung und legt den Fokus auf die wichtigsten Merkmale des Textes. Es bietet den SuS außerdem einen Rahmen, erleichtert das Schreiben und lässt sie nicht vom Thema abkommen.

Desweitern sollten vor Beginn des Schreibprozesses sprachliche Stolpersteine innerhalb des Textes und unbekannte Begriffe geklärt werden, damit der Schreibprozess nicht gestört wird.

In der Arbeitsphase wird zuerst die Sozialform „Partnerarbeit“ gewählt, um den SuS eine kurze Austauschphase untereinander zu geben. In der anschließenden Einzelarbeit verfassen die SuS eine Fortsetzung des Märchens. Durch die Bearbeitung in Einzelarbeit ist gewährleistet, dass jeder SuS die Möglichkeit hat, in seinem eigenen Tempo zu arbeiten.

Die SuS können die Informationen aus der Partnerarbeit nutzen, um ihre kreative Schreibidee zu entfalten und dementsprechend umzusetzen. Gegebenenfalls können die SuS dann das Märchenrezept hinzuziehen.

Als didaktische Reserve kann das Märchenrezept vervollständigt werden. Dieses ist für SuS gedacht, die ein schnelleres Arbeitstempo haben und früher als vorgesehen mit dem Schreibprozess fertig sind.

In der Ergebnissicherung soll das Ergebnis aus der Einzelarbeit vor der Klasse präsentiert werden. Durch das Vortragen der Ergebnisse vor der Klasse wird der Arbeitseinsatz gewürdigt und das Vorlesen/ Vortragen gefördert. Sollte die didaktische Reserve „Märchenrezept“ ungenutzt bleiben, kann eine kurze Erarbeitung der fehlenden Merkmale stattfinden.

Bevor zur Schaffung von Transparenz ein kurzer Ausblick auf die nächste Stunde gegeben wird, teilt die Lehrkraft die Hausaufgabe (Arbeitsblatt „Lückentext“) aus und fragt die SuS individuell, ob sie eine Hilfestellung brauchen. Die Hilfestellung besteht in Form eines Wortkastens unter dem Text, welcher in geordneter und ungeordneter Reihenfolge der einzusetzenden Wörter vorhanden ist. Außerdem gibt es den Lückentext auch ohne Hilfestellung, der insbesondere für die stärkeren SuS gedacht ist.  Diese Differenzierung wird gemacht, um den SuS bei Bedarf und im Hinblick auf die unterschiedliche Leistungsfähigkeit eine Möglichkeit zu geben, den Lückentext zu bewältigen.

Am Ende der Stunde reflektieren die SuS die Stunde mit dem Ritual der „Daumenprobe“ (Daumen hoch = gelungen, Daumen runter = unzufrieden) und geben somit an, ob der Unterricht effektiv oder weniger effektiv war. Somit bekommt die Lehrkraft ein Feedback, wie die SuS die Unterrichtseinheit empfunden haben und die Lehrkraft kann gegebenenfalls den Unterricht verbessern.


6. Verlaufsskizze der digitalen Unterrichtsstunde


7. Verlaufsskizze der analogen Unterrichtsstunde


8. Literaturverzeichnis

  • Böttcher, Ingrid (2010): Kreatives Schreiben. Grundlagen und Methoden – Beispiele für alle Fächer und Projekte. Cornelsen Pädagogik.
  • Frey, Dieter (2017): Psychologie der Märchen. 41 Märchen wissenschaftlich analysiert und was wir heute aus ihnen lernen können. Berlin: Springer.
  • Fénix, Estudio (2020): Aschenputtel. übersetzt von: Gina Beitscher. Vanves Cedex: HACHETTE COLLECTIONS.
  • Jolles, André (2010): Einfache Formen: Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz. 8., unveränderte Auflage. New York/Berlin: De Gruyter.
  • Kultusministerkonferenz (2004): Beschlüsse der Kultusministerkonferenz Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4). Bonn: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland.
  • Kultusministerkonferenz (Hrsg.) (2012): Medienbildung in der Schule. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2012/2012_03_08_Medienbildung.pdf (Zugriff 09.03.2021).
  • Lüthi, Max/ Rölleke, Heinz (2004): Märchen. 10., aktualisierte Auflage. Stuttgart u.a.: Metzler.
  • Mattes, Wolfgang (2011): Methoden für den Unterricht. Kompakte Übersichten für Lehrende und Lernende. Padaborn: Schöningh Verlag.
  • Meyer, Hilbert (2018): Leitfaden Unterrichtsvorbereitung. Berlin: Cornelsen Verlag GmbH.
  • Neuhaus, Stefan (2017): Märchen. 2., überarbeitete Auflage, Online- Ausgabe. Bern: A.Francke Verlag.
  • Niedersächsisches Kultusministerium (2017): Kerncurriculum für die Grundschule Schuljahrgänge 1 – 4. Deutsch. Hannover: unidruck.
  • Spinner, Kasper (1999): Neue Wege im Literaturunterricht. Informationen, Hintergründe, Arbeitsanregungen. Hannover: Verlag Schroedel. 
  • Spinner, Kasper (2018): Kreativer Deutschunterricht. Identität- Imagination-Kognition. Seelze: Friedrich Verlag GmbH.
  • Wildemann, Anja & Fornol Sarah (2020): Sprachsensibel unterrichten in der Grundschule. Anregungen für den Deutsch-, Mathematik- und Sachunterricht. Hannover: Friedrich Verlag GmbH.

Artikel:

  • Plüskow Kaminski, Alexandra (2019): Sprachsensibler Unterricht – Was Lehrkräfte beachten sollten. In: Phase6 Magazin. Online: https://www.phase-6.de/magazin/fuer-lehrkraefte/themen/methodik-und-didaktik/sprachsensibler-unterricht-was-lehrkraefte-beachten-sollten/ (Zugriff 09.03.2021).
  • Spinner Kaspar H. (1992): Streitfall Grausamkeit. Das Schlachten von Kindern in Grimmschen Märchen. In: Praxis Deutsch. Friedrich Verlag. Heft 114, Juli 1992. S.25-28. (Zugriff 09.03.2021).

9.Anhang


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