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Lese- und Hörverstehen durch fächerübergreifenden Unterricht fördern

1 Einleitung

Liebe Leserinnen, liebe Leser, mein Name ist Franziska Lange und ich studiere Sonderpädagogik und Germanistik an der Universität Oldenburg. Der folgende Beitrag entstand im Rahmen des Seminars „Sprachsensibler Fachunterricht“ und umfasst eine Unterrichtsplanung des Faches Deutsch in der vierten Klasse einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Die geplante Deutschstunde trägt zum Ausbau der Lesefähigkeit und dem Text- sowie dem Hörverstehen bei. Das Thema der Stunde ergibt sich aus der fächerübergreifenden Einheit zum Thema Bauernhof und umfasst den Lebensraum und den Nutzen einer Kuh. Das fächerübergreifende Lernangebot sollte in so vielen Unterrichtsfächern wie möglich berücksichtigt werden, um die Lernwirksamkeit zu steigern und zur Festigung der Inhalte beizutragen.

Zur Orientierung gebe ich zunächst eine kurze Zusammenfassung des Aufbaus dieses Beitrags. Der Aufbau orientiert sich an einem Langentwurf der Unterrichtsplanung, wobei keine festgelegte Gruppe als Vorbild diente und daher keine Bedingungsanalyse vorgenommen wurde. Die Lehr- und Lerninhalte sind für die vierte Klasse einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung aufbereitet, es liegt aber im Ermessen der Lehrkraft, welcher Klassenstufe, bzw. Altersgruppe diese Inhalte präsentiert werden. Je nach Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler kann das Material angepasst und/ oder gegebenenfalls erweitert werden (vgl. Esslinger-Hinz/ Wigbers 2013).

Im Anschluss an diese kurze Einleitung folgen zunächst eine Sachanalyse sowie eine didaktische Begründung. Abgeschlossen wird dieser Unterrichtsentwurf nach einer methodischen Analyse mit einer tabellarischen Darstellung der Stundenverlaufsplanung. Die benötigten Materialien zur Umsetzung dieser Stunde stelle ich am Ende des Beitrags zur Verfügung.

Mit dieser Stundenplanung möchte ich auf die vielfältigen Sprachzugänge aufmerksam machen, die im Förderschulunterricht häufig schon Routine sind und zur Unterrichtsplanung dazugehören (siehe 4.2). Aber auch in einer Regelschule können diese Beachtung finden, um einigen Schüler*innen den Zugang zu Sprache zu erleichtern. Auch den Aspekt des fächerübergreifenden Unterrichts im Hinblick auf die Sprachsensibilität möchte ich mit dieser Unterrichtsplanung verdeutlichen und ein Beispiel liefern, welches zum Vorbild für andere Themen werden kann. Als dritten Punkt möchte ich noch auf die Digitalisierung hinweisen. Die Förderung der Medienkompetenz der Schüler*innen wird immer wichtiger und kann im Rahmen des Unterrichts ausgebaut werden. Zudem eröffnen digitale Tools oft Möglichkeiten, die Inhalte, in diesem Fall sprachliche Inhalte, in einer Art und Weise aufzubereiten, die den Schüler*innen Motivation, Interesse und Lernfreude vermitteln (Leisen 2015, S. 137; Tillmann/ Bremer 2017, S.241).

2 Sachanalyse

Die geplante Unterrichtsstunde behandelt das Thema „Bauernhof – die Kuh“. Im Detail erarbeiten die Schüler*innen, wie und wo die Kühe leben, was sie fressen, wie sie Milch geben und welchen Nutzen der Mensch von der Milch hat (Friese/Schargan 2010).

Die Kuh gilt als wichtigstes Nutztier des Menschen. Nach der Geburt eines Kalbes gibt die Kuh am Tag ca. 25 Liter Milch. Sie ist ein Pflanzenfresser und ernährt sich in der Regel von Gras und Heu. Kühe leben in Herden und werden meist im Stall und auf Wiesen gehalten. Im Stall müssen die Kühe gefüttert werden, auf der Weide grasen sie und in beiden Fällen müssen sie mit Wasser versorgt werden. Eine Kuh trinkt am Tag 120 Liter Wasser. Die Kühe kommunizieren über das Geräusch „Muh“. Der Stall wird jeden Tag gemistet und die Kuh wird jeden Morgen und jeden Abend gemolken (Biologie-Schule.de; Kiesewetter 2020; planetschule 2018).

Ein wichtiges Merkmal der Kuh ist ihr Euter. Das Euter befindet sich an der Unterseite des Rumpfes, in ihm wird die Milch gebildet und über die vier Zitzen am Euter kann die Kuh gemolken werden. Das Melken kann von Hand oder mithilfe einer Melkmaschine erfolgen. In großen Ställen gibt es einen Melkstand, in den die Kühe zum Melken getrieben werden (Kiesewetter 2020).

Aus der Milch können verschiedene Produkte hergestellt werden, die dem Menschen als Nahrungsmittel dienen. Neben der Milch selbst werden Joghurt, Käse, Butter und Quark täglich von Menschen verzehrt (planetschule 2018; W wie Wissen).

3 Didaktische Begründung

Abbildung 1: Titelseite “Entdecke den Bauernhof” (Friese/Schargan 2010)

In der geplanten Unterrichtsstunde wird auf Grundlage eines Kindersachbuchs (siehe Abbildung 1) das Lese- und Hörverstehen der Schüler*innen gefördert. Die Entscheidung für ein Sachbuch wurde auf Grundlage des fächerübergreifenden Themas „Bauernhof“ getroffen. Es ist ein Sachbilderbuch, denn es stellt ein Thema aus der Lebenswelt der Schüler*innen in einer Kombination aus Bildern und Erzählungen dar. Gleichzeitig ist das verwendete Buch ein Aktionssachbuch, da es mithilfe eines Stiftes hörbare Interaktionen mit den Schüler*innen eingeht. So können die Schüler*innen auf verschiedene Art und Weise den Inhalt erschließen und kommen auf verschiedenen Ebenen mit dem Thema in Berührung. Die visuelle und auditive Wahrnehmung wird durch dieses Buch angesprochen und gefördert. Die Einsetzung dieses Mediums ist im Kontext einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung üblich und wichtig, denn die meisten Schüler*innen nehmen den Gegenstand des Unterrichts am besten mit mehreren Sinnen auf (vgl. Landesbildungsserver Baden-Württemberg; Niedersächsisches Kultusministerium 2019, S. 30).

3.1 Curriculare Einordnung

Die ausgearbeitete Stunde ist der Beginn einer fächerübergreifenden Lerneinheit zum Thema Bauernhof, welches auf den Vorgaben des Curriculums für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung im Fachbereich Sachunterricht basiert. Die geplante Stunde findet im Fachbereich Deutsch statt und basiert ebenfalls auf den curricularen Vorgaben des Fachbereichs. Im Kerncurriculum für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung des Primarbereichs wird deutlich, dass Kommunikation ein wichtiger Bestandteil des Lebens ist. Der Erwerb von kommunikativen Kompetenzen im Fach Deutsch trägt zur möglichst selbstbestimmten Teilhabe an der Gesellschaft bei. Unter anderem wird der Kompetenzbereich Lesen im Deutschunterricht gefördert. Die Schüler*innen können mithilfe der erworbenen Lesekompetenz ihre Umwelt selbstständig erschließen und bedeutsame Informationen aus Symbolen und Texten entnehmen. Die im Kerncurriculum verankerte Zielkompetenz „Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Lesefreude“ (2019, S.40) mit den dazugehörigen Beispielen zum Erwerb dieser Kompetenz umschreibt das Ziel der geplanten Unterrichtsstunde. Denn dort wird empfohlen, den Unterrichtsinhalt fächerübergreifend zu gestalten, um das Interesse der Schüler*innen zu steigern. Außerdem werden verschiedene Leseanlässe, der Einsatz von audiodigitalen Büchern und der Einsatz von Bilderbüchern und einfachen Texten empfohlen (vgl. NDS. KM 2019, S. 29, 40, 74).

3.2 Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung

Die kritisch-konstruktive Didaktik von W. Klafki (vgl. 2007) stellt die Frage nach der Bedeutsamkeit des Themas für die Schüler*innen. Er teilt die Bedeutsamkeit in drei Ebenen ein: die Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung. Ausgehend von diesen drei Ebenen wurden die Inhalte der geplanten Stunde ausgewählt. Sowohl das Thema der gesamten Einheit – Bauernhof – welches in vielerlei Hinsicht bedeutsam für das alltägliche Leben der Schüler*innen ist, als auch die Förderung der Lesekompetenz, des Leseverstehens und der Wortschatzarbeit, welche die Selbstbestimmtheit der Schülerinnen und Schüler positiv beeinflussen soll, sind zentrale Punkte der Unterrichtsplanung. Das Thema Bauernhof wird thematisiert, um den Schüler*innen neue Tiere und deren Lebenswelt zu erschließen und ihnen zu zeigen, welchen Nutzen der Mensch von diesen Tieren hat. Sie bekommen dadurch Einblick in überlebenswichtige Aufgaben von Menschen und Tieren. Die eigenen Leseerfahrungen auszuweiten und damit die Lesekompetenz zu stärken, ist Ziel des Deutschunterrichts, denn die Schüler*innen erlangen dadurch mehr Selbstvertrauen, können sich in ihrer Umgebung selbstständig zurechtfinden und nehmen aktiv an der Gesellschaft teil (Klafki 2007, S. 271; Niedersächsisches Kultusministerium 2019, S. 37).

Die Vergangenheit spielt insofern eine Rolle, als dass bereits gemachte Erfahrungen in die Unterrichtsplanung mit einbezogen werden können. Berücksichtigung findet hierbei zum Beispiel der individuelle Entwicklungsstand der Schüler*innen, insbesondere im Hinblick auf die Lesefähigkeit und das Leseverstehen. Außerdem wird beachtet, ob die eingesetzten Methoden den Schüler*innen bereits bekannt sind oder in dieser Stunde erst eingeführt werden. Die vergangenen Erfahrungen können aber auch auf thematischer Ebene eingebunden werden und somit das Vorwissen der Schüler*innen zum Thema Bauernhof aktivieren. Die gegenwärtige Bedeutung des Unterrichts ist, das Interesse der Schüler*innen zu wecken, sie neugierig zu machen und Freude am Gegenstand zu entwickeln. „Bei der Förderung der Felder Semantik und Lexikon […] ist es [wichtig], Themen zu wählen, die das Kind emotional ansprechen, dann ist die Möglichkeit der Speicherung und des wiederholten Abrufs am höchsten.“ (Brügge/ Mohs 2016, S. 94). Daher ist das gewählte Thema “Bauernhof – die Kuh” ein Thema mit Bezug zum Alltag der Schüler*innen. Einige werden den Bauernhof und die Kuh schon gesehen haben, andere kennen Bücher und Spielsachen darüber oder haben Filme auf dem Bauernhof gesehen. Sie können somit ihr Wissen in den Unterricht einbringen. Auch wenn es um die Produkte geht, die aus der Milch der Kuh gewonnen werden, wird der Alltagsbezug der Schüler*innen deutlich. Das Thema Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil des Förderschulunterrichts. Daher ist die Thematisierung der Lebensmittel und deren Gewinnung für die Selbstständigkeit und Teilhabe der Schüler*innen von Bedeutung. Außerdem soll der geplante Unterricht den Wortschatz der Schüler*innen sprachsensibel erweitern und somit ihr gegenwärtiges sprachliches Handeln nachhaltig beeinflussen. Außerdem soll die Lesefreude angeregt werden, um in Zukunft immer mehr Leseerfahrungen zu sammeln und die Teilhabe an der Gesellschaft durch gesteigerte Lesefähigkeiten, einen erhöhten Wortschatz und dem Transfer des Stundeninhalts in das alltägliche Leben zu ermöglichen (Brügge/ Mohs 2016, S.94; Klafki 2007, S. 271; Niedersächsische Kultusministerium 2019, S. 29, f.,37).

3.3 Lehr-/Lernziele

Das Ziel der Stunde ist die Lese- und Schreibkompetenz der Schüler*innen zu fördern und den Wortschatz zu erweitern. Daneben sollen Informationen über die Kuh und deren Lebenswelt gesammelt und verarbeitet werden.

3.3.1 Grobziel

Der/die Lernende kann sinnentnehmend Texte lesen, sich selbständig Informationen aneignen und Ganzwörter erfassen (Anforderungsbereich I).

Der/die Lernende kann einzelne Sätze sinnentnehmend lesen, Sätze zu Bildern zuordnen und neue Informationen verarbeiten (Anforderungsbereich II).

Der/die Lernende kann Gehörtes wiedergeben, Laute zu Bildern zuordnen und konkrete Gegenstände mit Unterstützung benennen (Anforderungsbereich III).

3.3.2 Feinziel

Der/die Lernende kann den Inhalt des gelesenen Textes über die Kuh wiedergeben, die durch den tiptoi-Stift auditiv angeeigneten Informationen benennen und fachspezifische Ganzwörter wie Euter, Milch, etc. in einem Komplex aus Buchstaben herausstellen (Anforderungsbereich I).

Der/die Lernende kann den Inhalt der einzelnen Sätze über die Kuh wiedergeben, das richtige Bild zum Satz ermitteln und die neu erworbenen Informationen in einem Quiz überprüfen (Anforderungsbereich II).

Der/die Lernende kann das Geräusch der Kuh als solches erfassen und wiedergeben, verschiedene Anfangslaute unterscheiden und den richtigen Bildern zuordnen und konkrete Gegenstände erkunden und diese mit Unterstützungsmöglichkeiten wie dem Talker benennen (Anforderungsbereich III).

4 Methodische Überlegungen

Die geplante Stunde ist die erste Stunde der Unterrichtseinheit, welche überwiegend mit der Methode des Tagesplans erarbeitet werden soll. Im Folgenden werden die drei größten Phasen des Unterrichts mit der jeweiligen Methode erläutert (Esslinger-Hinz/Wigbers 2013, S. 80 f.).

4.1 Unterrichtseinstieg/Basisimpuls

Abbildung 2: 1.Doppelseite “Entdecke den Bauernhof” (Friese/Schargan 2010)

Als Unterrichtseinstieg wird die erste Seite des Sachbuchs (siehe Abbildung 2) vorgelesen und die Bilder der ersten Doppelseite gezeigt. Dadurch wird das Interesse der Schüler*innen für das Thema geweckt, eine Motivationsbasis erzeugt und eine thematische Grundlage unabhängig von ihrem Vorwissen geschaffen, welches durch diesen Impuls ebenfalls angeregt wird. Nach dem Vorleseimpuls können die Schüler*innen ihre Erfahrungen und Gedanken zu dem Thema teilen (Meyer 2020, S. 116 f.).

4.2 Arbeitsphase

Die Tagesplanarbeit stellt im Allgemeinen ein Konzept dar, welches die Individualität der Schüler*innen in den Vordergrund stellt und somit eine hohe Lernförderung und Schüler*innenorientierung ermöglicht. Der Tagesplan kann vielfältig gestaltet werden und in verschiedenen Situationen Anwendung finden. Sowohl der Präsenzunterricht kann mithilfe eines Tagesplans gestaltet werden, aber auch Homeschooling und Hausaufgaben können in Form eines Tagesplans geregelt werden. In erster Linie bietet ein Tagesplan den Schüler*innen Transparenz und Orientierung. Sie haben einen Überblick über den Ablauf der Stunde/des Tages und die zu leistenden Aufgaben. Der Grundgedanke hinter dieser Methode ist das selbständige und eigenverantwortliche Lernen der Schüler*innen und das Lernen nach eigenem Tempo. Der Lehrer oder die Lehrerin werden nur dann um Hilfe gebeten, wenn es nicht anders möglich ist. Im Vordergrund steht jedoch die Förderung der Selbständigkeit und der Selbstorganisation des Kindes. Wichtig ist, den Ablauf und die einzelnen Aufgabentypen mit den Schüler*innen im Vorfeld zu besprechen und den zeitlichen sowie den organisatorischen Rahmen abzustecken. Je häufiger diese Methode angewandt wird, desto mehr Routine und Selbständigkeit bekommen die Schüler*innen (Geschwister-Scholl-Schule; Schnack; Vaupel 2018, S.16).

Die methodische Gestaltung einer Unterrichtsstunde im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung bedarf der Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen. Daher sollten individuelle Lernzugänge geschaffen werden, die ein mehrdimensionales Lernen einschließen. Die angestrebten Kompetenzen werden dafür auf verschiedenen Ebenen angeboten:

  • „sinnlich-wahrnehmend
  • handelnd-konkret
  • bildlich-anschaulich
  • begrifflich-abstrakt“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2019, S. 30).

Die Tagespläne der geplanten Unterrichtsstunde bauen auf diesen Ebenen auf. Es gibt drei Tagespläne, welche drei unterschiedlichen Anforderungsstufen entsprechen. Die sinnlich-wahrnehmende Ebene wird in dieser Stunde vor allem durch die Sinne Hören und Sehen aber auch ein wenig Tasten angesprochen, denn die Schüler*innen arbeiten die ganze Stunde mit Bildern und dazugehörigen Audioaufnahmen sowie ihren eigenen kommunikativen Fähigkeiten. Handelnd-konkret wird in der geplanten Stunde im Anforderungsbereich III gearbeitet. Die Schüler*innen können die Produkte, die aus der Milch gewonnen werden sehen, riechen, schmecken und anfassen. Anhand des konkreten Gegenstandes können die Wörter/ Anfangsbuchstaben zugeordnet und erlernt werden. Die bildlich-anschauliche Ebene ist die wichtigste Ebene der geplanten Stunde. Es werden von allen Gegenständen des Themas Abbildungen gezeigt, ergänzend dazu Texte (vor-)gelesen und Aufgaben bearbeitet. Die begrifflich-abstrakte Ebene ist darin impliziert, da sie häufig im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung die Zone der nächsten Entwicklung darstellt und daher angestrebt, jedoch nicht verlangt wird. Die Schüler*innen können zum Beispiel nach der Stunde von der Kuh auf ein anderes Tier schließen oder wissen, warum der Bauer diese Arbeit nicht zum Spaß macht (vgl. Leisen 2005, S.10 f.; Niedersächsisches Kultusministerium, 2019, S. 30).

Die hier deutlich gemachte Abwechslung in der Darstellungsform von Lerngegenständen ist nicht nur aus der Sicht der Förderschuldidaktik relevant, sondern bildet ein Prinzip des sprachsensiblen Unterrichts, welches in jedem Fach und in jeder Schulform in die Unterrichtsplanung und -gestaltung mit einfließen sollte. „Der Wechsel der Darstellungsformen erweist sich als der didaktische Schlüssel zum fachlichen Verstehen und ist ein Anlass zur fachlichen Kommunikation.“ (Leisen 2005, S.10) Damit spricht Leisen ein Ziel des sprachsensiblen Unterrichts an, denn die Schüler*innen kommen durch die verschiedenen Darstellungsformen auf unterschiedliche Weise in Kontakt mit der Sprache des Faches, übertragen diese auf andere Situationen und erweitern ihren Wortschatz. In der geplanten Unterrichtsstunde sind die verschiedenen Darstellungsformen auf Grundlage der bereits erläuterten Darstellungsebenen entstanden. Bilder, Texte, konkrete Gegenstände, aber auch wechselnde Aufgabenformate eröffnen Sprachanlässe und verfolgen das Ziel des sprachsensiblen Unterrichts. (vgl. Leisen 2005, S.10 f.; Niedersächsisches Kultusministerium, 2019, S. 30).

Abbildung 3: Klappentext “Entdecke den Bauernhof” (Friese/Schargan 2010)

Die praktische Umsetzung der methodischen Überlegungen ist eine Kombination aus digitalen Medien und klassischen Arbeitsblättern. Der Einsatz von digitalen Medien soll im Kontext der Digitalisierung die Medienkompetenz der Schüler*innen steigern und gleichzeitig den Aspekt der Sprachsensibilität unterstützen. Denn die eingesetzten digitalen Medien helfen den Schüler*innen neue (fachspezifische) Wörter kennenzulernen. Sie können die neuen Wörter hören und sehen und auf mehreren Ebenen mit ihnen vertraut werden. Die Sensibilisierung der Sprache soll den Schüler*innen helfen, selbst Sprache zu erlernen, um Bildungschancen zu erhöhen. Dies wird erreicht indem die Lese-, Sprech- und Schreibfertigkeiten der Schüler*innen gefördert werden. Im Rahmen des Förderschulunterrichts sind digitale Unterstützungsmöglichkeiten nicht fremd. Häufig kommen bei der Unterstützten Kommunikation digitale Geräte zum Einsatz, die den kommunikativen Alltag der Schüler*innen erleichtern. Die geplante Unterrichtsstunde baut auf dem Kindersachbuch „Entdecke den Bauernhof“ (Friese/ Schargan 2010) auf. Es ist durch die „tiptoi“ (Ravensburger) Funktion ein digitales Medium, welches den Schüler*innen spielerisch Lerngegenstände näherbringt (siehe Abbildung 3). Neben diesem wird ein Tablet eingesetzt, welches durch eine Quiz-App das Leseverstehen spielerisch abfragt (siehe Anhang 11). Neben dem klassischen Tablet kann auch ein Talker ergänzend oder ersetzend verwendet werden (vgl. Friese/ Schargan; Leisen 2005, S.10 f.; Österreichisches Sprachen Kompetenz Zentrum; Otto/ Wimmer 2017, S.39; Ravensburger; Tillmann/ Bremer 2017, S. 241).

Die geplante Unterrichtsstunde vereint somit alle drei Prinzipien des sprachsensiblen Fachunterrichts, die Josef Leisen aufgestellt hat: Es werden wechselnde Aufgabenstellungen sowie wechselnde Darstellungsformen des Lerngegenstands genutzt, um die individuellen Lernzugänge der Schüler*innen zu ermöglichen. Außerdem wird, wie bereits erläutert, die Zone der nächsten Entwicklung in sprachlicher Hinsicht angesprochen. Das heißt, die Schüler*innen werden mit sprachlichen Anforderungen konfrontiert, die über ihrem gegenwärtigen Entwicklungsstand liegen und somit als Herausforderung betrachtet werden können. Wichtig ist dabei, dass die Schüler*innen Sprachhilfen erhalten, und zwar so viele, wie sie benötigen, um die Sprachsituation erfolgreich zu bewältigen (vgl. Leisen 2005, S.10 f.).

4.3 Präsentation/Ergebnissicherung

Abbildung 4: Beispielplakat

Die dritte Methode der geplanten Stunde ist das gemeinschaftliche Erstellen eines Plakates zur Ergebnissicherung (siehe Abbildung 4). Die Schüler*innen können ihr individuell erworbenes Wissen mit dem Rest der Klasse teilen und auf dem Plakat vereinen. Das Plakat kann in der Klasse aufgehängt werden und als Gedankenstütze dienen (vgl. Leisen 2015; S. 136).

4.4 Begründung der Methodenwahl/ Alternativen

Die gewählte Methode der Tagesplanarbeit vereint viele Prinzipien des Förderunterrichts und des sprachsensiblen Unterrichts. Sie stellt die Individualität der Schüler*innen in den Vordergrund und ermöglicht einen persönlichen Lernzuwachs nach den eigenen Bedürfnissen. Die Sprachsensibilität wird unterstützt durch die angepassten Anforderungen an die Voraussetzungen der Schüler*innen und dem dadurch individuell ermöglichten Zugang zu Sprache. Die Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung haben ein anderes Sprachniveau als Schüler*innen an Regelschulen. Daher ist in der geplanten Stunde nicht das Ziel der Sprachsensibilität eine umfassende Bildungs- oder Fachsprache aufzubauen, sondern den Wortschatz eines Fachbereiches zu erweitern und den Zugang zur Sprache in diesem Bereich zu ermöglichen. Die gewählten Arbeitsaufträge und -materialien unterstützen diesen Aufbau des Wortschatzes. Durch die Tagesplanarbeit können verschiedene Unterrichtsmaterialien genutzt werden. Unter anderem spielt die Digitalität eine große Rolle, es kommen auditive Tools zum Einsatz, die die Aufnahme neuer Wörter erleichtern sollen und zum selbständigen Lernen für Nichtleser*innen beitragen. Außerdem werden Tablets eingesetzt, die mit verschiedenen Apps den Förderaspekt unterstützen. Eine der Apps ist die Quiz Academy (siehe Anhang 10) in der Lehrer*innen Quiz erstellen können, um erlerntes Wissen abzufragen. In der geplanten Stunde werden zuvor Sätze gelesen, deren Inhalt in dem Quiz über die App abgefragt wird. Ein sprachsensibler Aspekt an dieser App ist, dass den Schüler*innen die gleichen Inhalte geboten werden, die sie zuvor kennengelernt haben. Sowohl der Wortlaut als auch die bildliche Unterstützung auf visueller Ebene können von der Lehrkraft gestaltet und an das Arbeitsblatt angepasst werden. Die App bietet einen digitalen Rahmen, um neu erlernte Wörter und Inhalte zu festigen und zu überprüfen. Die Schüler*innen lernen so, durch Abwechslung in verschiedenen Situationen Informationen abzurufen. Alternativ können auch andere Quizformate gewählt werden. Die Fragen können auf einem Arbeitsblatt oder mithilfe anderer Programme gestellt werden. Die Wahl dieser App basiert jedoch auf der leichten Bedienbarkeit für Lehrer*innen und Schüler*innen, sowie dem motivationalen Aspekt und der Abwechslung. Auch die Entscheidung, ein tiptoi-Buch statt eines normalen Kindersachbuchs zu verwenden, hat den Hintergrund der Motivation, der Neugierde, der Abwechslung und dem Potential für Nichtleser*innen. Da die Lautsprache für einige Schüler*innen nicht zugänglich ist, fiel die Entscheidung auch nicht schwer, eine Talker-App bzw. einen Talker einzuplanen. Die betroffenen Schüler*innen sind damit vertraut und bauen ihre Fähigkeiten aus, sich mit Unterstützung mitzuteilen. Anderen Schüler*innen bietet die App eine Unterstützung und Hilfe, da die Wörter vorgesprochen werden und von den Schüler*innen nachgeahmt werden können. Ein Talker unterstützt zusätzlich den Aspekt der Sprachsensibilität des Unterrichts, denn er ermöglicht Schüler*innen ohne Lautsprache kommunikative Situationen zu meistern, ihren Wortschatz und ihr Wortverständnis auszubauen und ist zudem vielseitig einsetzbar. Alternativ können Wort-Bildkarten eingesetzt werden, jedoch nur eingeschränkt für Schüler*innen ohne Lautsprache. Ein Anybookreader könnte für diese Schüler*innengruppe hinzugezogen werden. Die anderen verwendeten Materialien sind meist Arbeitsblätter, deren Fokus auf Lese- und Schreibübungen liegt. Mit den Fragen bzw. Bildzuordnungen sollen Textinhalte abgefragt werden. Mit dem Wortsalat sollen die neu erlernten Wörter, welche durch den Sachunterricht und die zuvor gelesene Geschichte eingeführt wurden, als Ganzwörter erkannt und gefestigt werden. Die Mischung des Materials von Arbeitsblättern, Apps und Talker sollen die verschiedenen Zugänge zu Sprache ermöglichen und die Motivation und Lust am Lernen steigern. So werden Digitalität, Sprachsensibilität und Fachliches in dieser Unterrichtsstunde vereint.

5 Stundenverlaufsplanung

Phase/ ZeitLernsituationSozialform/ Medien
Begrüßung/ Einstieg 10:30 – 10:35 Uhr– ritualisierte Begrüßung
– Ablaufplan (siehe Anhang 1) als Orientierung aufhängen
Plenum/ Sitzkreis/ Ablaufplan
Hinführung zum Thema 10:35 – 10:45 Uhr– erste Seite des Sachbuchs „Entdecke den Bauernhof“ (Friese/Schargan 2010) vorlesen
– Bilder der Doppelseite zeigen (Abbildung 1)
Plenum/ Sitzkreis/ Sachbuch
Organisationsphase 10:45 – 10:50 Uhr– an die Arbeitstische wechseln
– Arbeitsplatz vorbereiten
– individualisierte Tagespläne austeilen
– die benötigten Materialien (Sachbuch, tiptoi Stift, Arbeitsblätter, Tablet) liegen auf einem Tisch für alle zugänglich
Stifte/ Zettel/ Tablet/ Sachbuch/ tiptoi Stift
Arbeitsphase I 10:50 – 11:35 Uhr– individualisierte Tagespläne werden bearbeitet
– nach Beendigung einer Aufgabe wird die Unterschrift eines Erwachsenen eingeholt (siehe Anhang 4,8,11)
Einzelarbeit/ Partnerarbeit/ Integrationskraft/ Stifte/ Arbeitsblätter/ Buch/ tiptoi Stift/ Tagespläne/ Tablet/ Talker/ Spielzeugkuh/ Quark/ Joghurt/ Butter/ Milch/ Käse
Organisationsphase 11:30 – 11:40 UhrVon den Arbeitstischen in den Sitzkreis wechseln. 
Arbeitsphase II/Sicherung 11:40 – 11:55 Uhr– gemeinsame Erstellung eines Plakats (Kuh im Mittelpunkt)
– neu erlernte Begriffe werden neben der Abbildung des jeweiligen Gegenstandes platziert
– Plakat in der Klasse aufhängen (siehe Abbildung 4/ Anhang 12).
Plenum/ Sitzkreis/ Plakat/ Stifte/ Kleber/ Bilder
Abschluss 11:55 – 12:00 Uhr– ritualisierter Abschluss der Stunde
– Schüler*innen erzählen, was ihnen an der Stunde am besten gefallen hat
Plenum/ Sitzkreis

Literaturverzeichnis

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Brügge, Walburga/ Mohs, Katharina (2016): Therapie bei Sprachentwicklungsstörungen: eine Übungssammlung: mit 50 Abbildungen und 3 Tabellen 5. überarbeitete Auflage. München: Reinhardt.

Esslinger-Hinz, Ilona/ Wigbers, Melanie/ Giovannini, Norbert/ Hannig, Jutta/ Herbert, Leonore/ Jäkel, Lissy/ Klingmüller, Christine/ Lange, Bernward/ Neubrech, Nadine/ Schnepf-Rimsa, Elke (2013): Der ausführliche Unterrichtsentwurf. Weinheim: Beltz.

Friese, Inka/ Schargan, Constanze (2010): Entdecke den Bauernhof. Wieso Weshalb Warum. Ravensburg: Ravensburger.

Geschwister-Scholl-Schule: Tagesplanarbeit. In: Lebenspraxis an der Geschwister-Scholl-Schule Niddatal. https://gss-niddatal.de/lebenspraxis.htm#2.1.2 (Zugriff: 22.03.2021).

Klafki, Wolfgang (2007): Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik (6. Auflage). Weinheim: Beltz.

Kiesewetter, Barbara (2020): Rind/Kuh. In: SWR kindernetz. https://www.kindernetz.de/wissen/tierlexikon/steckbrief-rind-kuh-100.html (Zugriff: 02.02.2021).

Landesbildungsserver Baden-Württemberg (Hrsg.): Ideenpool Lesen: Sachbücher konstruktiv im Unterricht einsetzen. https://www.schule-bw.de/themen-und-impulse/ideenpool-lesen/grundschule/grundschule12/methoden_konzepte_projekte/lesen-im-unterricht/sachbuecher (Zugriff: 29.12.2020).

Leisen, Josef (2015): Fachlernen und Sprachlernen!. Bringt zusammen, was zusammen gehört!. In: MNU (Hrsg.): Aus Bildung und Wissenschaft. Ausgabe 68/3 S. 132-137. Neuss: Klaus Seeberger.

Leisen, Josef (2005): Wechsel der Darstellungsformen. Ein Unterrichtsprinzip für alle Fächer. In: Der Fremdsprachliche Unterricht Englisch.

Leisen, Josef (Hrsg.): Prinzipien im Sprachsensiblen Fachunterricht. http://www.sprachsensiblerfachunterricht.de/prinzipien (Zugriff: 11.01.2021).

Meyer, Hilbert (2020): Leitfaden Unterrichtsvorbereitung (10. Auflage). Berlin: Cornelsen.

Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.): Kerncurriculum für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Primarbereich Schuljahrgänge 1-4. Hannover 2019. https://www.nibis.de/geistige-entwicklung_11289 (Zugriff: 21.12.2020).

Österreichisches Sprachen Kompetenz Zentrum (Hrsg.): Sprachsensibler Unterricht in der Grundschule. http://www.oesz.at/sprachsensiblerunterricht/FOLDER/su_folder-GS_2017_web.pdf (Zugriff: 03.02.2021).

Otto, Katrin/ Wimmer, Barbara (2017): Unterstützte Kommunikation. Ein Ratgeber für Eltern, Angehörige sowie Therapeuten und Pädagogen (5. Auflage). Idstein: Schulz-Kirchner.

planetschule (2018): Die Superkühe. https://www.planet-schule.de/sf/filme-online.php?film=10784&reihe=1591 (Zugriff: 05.02.2021).

Ravensburger (Hrsg.): Das tiptoi Konzept.  https://www.ravensburger.de/entdecken/ravensburger-marken/tiptoi/index.html#Konzept (Zugriff: 11.01.2021).

Schnack, Arwen: Wochenplan-Arbeit: Vorbereitung und Durchführung der Methode im Unterricht. In: lehrer-online. https://www.lehrer-online.de/artikel/fa/wochenplan-arbeit-vorbereitung-und-durchfuehrung-der-methode-im-unterricht/ (Zugriff: 22.03.2021).

Tillmann, Alexander/ Bremer, Claudia (2017): Einsatz von Tablets in Grundschulen. Umsetzung und Ergebnisse des Projektes Mobiles Lernen in Hessen (MOLE). In: Bastian, Jasmin/ Aufenanger, Stefan (Hrsg.): Tablets in Schulen und Unterricht. Forschungsmethoden und -perspektiven zum Einsatz digitaler Medien. S. 241-277. Wiesbaden: Springer.

Vaupel, Dieter (2018): Wochenplan auf den Punkt gebracht. Frankfurt/M: Debus Pädagogik.

W wie Wissen (Hrsg.): https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/milchprodukte-klickmap100.html (Zugriff: 02.02.2021).

Anhang

Anhang 2: „Entdecke den Bauernhof“ Seite 3+4

Anhang 3: tiptoi Stift

Anhang 10: App Quiz Academy

Mit der App Quiz Academy kann die Lehrkraft verschiedene Inhalte für einen Kurs kreieren. In diesem Fall wurde ein Kurs angelegt “Klasse G4” und ein Quiz erstellt welches der Verständnisabfrage dient.

Lehreransicht: Erstellen des Kurses “Klasse G4” und des Quiz “Die Kuh”

Anschließend wird ein Flyer von der App erstellt auf dem sich ein QR-Code befindet, der an die Eltern oder Schüler weitergegeben werden kann, um die Inhalte einsehen zu können.

Flyer mit QR-Code für Eltern oder Schüler, um die erstellten Inhalte zu sehen

Die Schüler können dann über ein mobiles Endgerät das Quiz spielen.

Anhang 14: Die Talker App “Let me talk”

“Let me talk” ist eine kostenlose und frei zugängliche App, die auf jedes mobile Endgerät geladen werden kann. Es gibt vorgefertigte Kategorien, die genutzt werden können. Für den geplanten Unterricht wurde jedoch eine neue Kategorie “die Kuh” erstellt in der sich exakt die Bilder wiederfinden, die der Schüler oder die Schülerin auf dem Arbeitsblatt sieht. Tippt er eins an, wird der Name des Bildes vorgelesen.

Anhang 12: Das Beispielplakat

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