01- Einleitung
Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich um eine geplante Unterrichtsstunde (Doppelstunde im Umfang von ca. 90 Min.) zum Thema „Das verkehrssichere Fahrrad“ im Fach „Sachunterricht“. Besonders geeignet ist die Unterrichtsstunde für den Jahrgang 4, da in diesem Alter der Wechsel von der Grundschule auf eine weiterführende Schule bevorsteht. Somit bekommt das Fahrrad als Fortbewegungsmittel für die Schüler:innen eine höhere Bedeutung. Die Thematisierung von Verkehrssicherheit knüpft hier an die (bevorstehende) Lebensrealität der Lernenden an. Wir halten dies für relevant, damit Schüler:innen die Möglichkeit bekommen, sich als Teilnehmer:innen des Straßenverkehrs zu begreifen und zu lernen, wie sie sich sicher in diesem fortbewegen können. Die Unterrichtsstunde ist innerhalb der Thematiken „Mobilität/Verkehrssicherheit“ flexibel einsetzbar. So kann sie als Einstieg für eine entsprechende Unterrichtsreihe fungieren, aber auch problemlos zwischendurch in solch eine eingeschoben werden.
Der Unterrichtsentwurf enthält eine Sachanalyse, didaktische Begründungen, methodische Überlegungen sowie eine tabellarische Stundenverlaufsplanung. Abschließend finden sich die Literaturhinweise, mithilfe derer wir diesen Unterrichtsvorschlag erarbeitet haben (Literaturverzeichnis). Zusätzlich haben wir uns eine analoge Umsetzungsvariante überlegt, falls keinerlei digitale Medien zur Verfügung stehen.
Wir sind uns bewusst, dass es sich um einen fiktiven Entwurf handelt, den wir noch nicht in der Praxis testen konnten. Er soll dennoch als Anregung, besser noch als Handreichung, dienen, um eine Stunde zum verkehrssicheren Fahrrad mit Lernenden umsetzen zu können. Feedback in Form von konstruktiver Kritik, Tipps und Verbesserungsvorschlägen ist natürlich erwünscht.
Miriam Willms und Franziska Mählmann
02- Sachanalyse
Kinder dürfen laut Straßenverkehrsordnung (StVO) ab einem Alter von acht Jahren und müssen ab einem Alter von zehn Jahren mit ihrem Fahrrad auf der Straße statt auf dem Gehweg fahren (vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 2013, §2, Abs.5). Ab diesem Zeitpunkt nehmen sie offiziell am Verkehr auf den öffentlichen Straßen teil, sodass ihr Fahrrad verkehrssicher sein und den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) sowie der StVO entsprechen muss, um eine Straßenverkehrsteilnahme mit möglichst geringem Risiko zu ermöglichen (vgl. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 2012, §16, Abs.1).
Die StVZO schreibt für Fahrräder eine Mindestausrüstung vor, um als verkehrssicher zu gelten. Dazu gehören eine helltönende Glocke (vgl. ebd. §64a) und zwei voneinander unabhängige Bremsen, welche während der Fahrt leicht bedient werden können und ihre Wirkung ohne Fahrbahnbeschädigung erreichen (vgl. ebd. §65, Abs.1). Die Bremsen gelten dann als ausreichend, wenn sie fest am Fahrrad angebracht und in der Lage sind, die Geschwindigkeit des Fahrrades zu vermindern und es festzustellen (vgl. ebd. §65, Abs.2).
Auch für die lichttechnischen Einrichtungen eines verkehrssicheren Fahrrades gibt es umfangreiche Vorgaben durch den §67 der StVZO: Die vorhandenen lichttechnischen Einrichtungen müssen in ihrer Bauart genehmigt (vgl. ebd. §67, Abs.1), während des Gebrauchs fest angebracht sowie permanent einsatzbereit und nicht verdeckt sein (vgl. ebd. §67, Abs.2); außerdem dürfen sie „zusammengebaut, ineinander gebaut oder kombiniert sein […]“ (ebd.) und „dürfen sich in ihrer Wirkung gegenseitig nicht beeinflussen“ (ebd.). An der Vorderseite des Fahrrades müssen ein oder zwei Frontscheinwerfer mit weißem Abblendlicht, welches keine anderen Verkehrsteilnehmer:innen blendet, sowie mindestens ein nach vorn wirkender, weißer Rückstrahler befestigt sein (vgl. ebd. §67, Abs.3). An der Rückseite dagegen müssen mindestens ein rotes Rücklicht und ein roter nicht dreieckiger Rückstrahler angebracht sein, welche beide in einem Gerät verbaut sein dürfen (vgl. ebd. §67, Abs.4). Für den Betrieb des eben genannten Scheinwerfers und der Schlussleuchte muss das Fahrrad „mit einer Lichtmaschine, einer Batterie oder einem wiederaufladbaren Energiespeicher oder einer Kombination daraus als Energiequelle ausgerüstet sein“ (ebd. §67, Abs.1). Diese Energiequellen dürfen ebenso wie die Scheinwerfer und Leuchten zwar abnehmbar sein, müssen aber bei Dämmerung, Dunkelheit und weiteren Sichtverhältnissen, die eine Beleuchtung erfordern, angebracht werden (vgl. ebd. §67, Abs.2). Weiterhin legt die StVZO fest, dass beide Fahrradpedale nach vorn und nach hinten wirkende Rückstrahler besitzen müssen und auch an beiden Rädern eine Form von Reflektoren vorhanden sein muss. Diese können als ringförmiger weißer Streifen an Reifen, Felgen oder in den Speichen angebracht sein. Alternativ dürfen alle Speichen oder entsprechende Speichenhülsen vollständig weiß reflektieren oder auch mindestens zwei gelbe, zu den Seiten reflektierende und um 180 Grad versetzte Speichenrückstrahler pro Rad angebracht sein (vgl. ebd. §67, Abs.5).
Neben dieser verpflichtenden Fahrradausrüstung gibt es weitere, für eine möglichst hohe Sicherheit im Straßenverkehr empfohlene Ausstattungen. Besonders wichtig ist an dieser Stelle das Tragen eines gut sitzenden Fahrradhelms. Zum einen kann er erheblich zum Schutz vor Verletzungen bei Fahrradunfällen beitragen, zum anderen kann er durch entsprechende zusätzliche Reflektoren und eventuell auch ein LED-Rücklicht die Sichtbarkeit der Radfahrer:innen deutlich verbessern. Hierzu ist es natürlich weiterhin sinnvoll, vor allem im Dunkeln helle Kleidung, am besten sogar mit weiteren Reflektoren, zu tragen, um möglichst früh von anderen Verkehrsteilnehmer:innen gesehen zu werden und Gefahren zu vermeiden (vgl. ADAC 2020); außerdem werden Schutzbleche und Kettenschutz empfohlen, um Gegenstände und Kleidung fernzuhalten und einen möglichen, dadurch verursachten Sturz zu vermeiden. Auch ein Fahrradständer, eine Gangschaltung und ein Gepäckträger zählen zu der empfohlenen, aber nicht verpflichtenden Ausstattung eines verkehrssicheren Fahrrades (vgl. Fachverlag der deutschen Verkehrswacht o.J.).
Zwar müssen Fahrräder im Gegensatz zu den meisten anderen Fahrzeugen des öffentlichen Straßenverkehrs nicht extra zugelassen werden, dennoch kann es zu Konsequenzen kommen, wenn man mit einem nicht verkehrssicheren Fahrrad fährt. Kommt es zu einer polizeilichen Kontrolle, bei der eine unvollständige Ausrüstung zur Verkehrstauglichkeit festgestellt wird, kann es entweder zu einer mündlichen Verwarnung oder zur Verhängung eines Bußgeldes (meist zwischen 20 und 35 Euro) kommen. Verursacht man hingegen mit einem nicht verkehrssicheren Fahrrad einen Unfall und schädigt dadurch eine:n andere:n Verkehrsteilnehmer:in, kann es zusätzlich zur Beschlagnahmung des Fahrrades durch die Polizei zur Verhängung von Schadensersatzleistungen kommen. Außerdem kann es in diesem Fall sein, dass sich die Privathaftpflichtversicherung mit einer Regressforderung meldet, was unter Umständen viel teurer als die für Fahrradfahrer:innen geltenden Bußgelder werden kann (vgl. Bußgeldkatalog 2021).
03- Didaktische Begründungen
3.1 Grundsätzliches/didaktische Begründungen
Die Erarbeitung des verkehrssicheren Fahrrades als Unterrichtsgegenstand lässt sich dem Thema der „Radfahrausbildung“ zuordnen, welche in der Grundschule aufgrund des Bezugs zur Lebenswelt der Schüler:innen eine große Relevanz hat.
Mobilität ermöglicht es Menschen, sich zu begegnen, in Austausch zu treten, die Welt zu erkunden und Ziele zu erreichen. All das sind Kompetenzen, die Kinder erlernen sollten, um zu selbstständigen Individuen heranwachsen zu können. Im Bildungsauftrag des Sachunterrichts ist festgehalten, dass Schüler:innen „grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Haltungen, die es ihnen ermöglichen, sich ihre Lebenswelt aktiv zu erschließen, eine individuelle Orientierung in unserer globalen Welt zu erhalten“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S.1.) erwerben sollen. Das eigene Fahrrad leistet in der Gegenwart der Schüler:innen einen erheblichen Beitrag zur Realisierung ihrer selbstständigen Mobilität und einer damit verbundenen Persönlichkeitsentwicklung, sodass auch die Kultusministerkonferenz die Mobilitäts- und Verkehrserziehung in der Schule empfiehlt (vgl. KMK 2012, S.2). Der Unterricht soll dazu beitragen, den Schüler:innen eine eigenständige und verantwortungsvolle Teilnahme am Straßenverkehr nicht nur zu Fuß, sondern auch mit dem Fahrrad zu ermöglichen (vgl. Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts 2013, S.74).
Dazu ist es allerdings vonnöten, sich intensiv mit den Gefahren im Straßenverkehr sowie den für Radfahrer:innen relevanten Regeln zu beschäftigen. Auf diese Weise wird eine kritische Auseinandersetzung mit ihrer Rolle als Verkehrsteilnehmer:innen angeregt. Wir halten diese Auseinandersetzung für relevant, damit Schüler:innen die Möglichkeit bekommen, sich als Teilnehmer:innen des Straßenverkehrs zu begreifen und zu lernen, wie sie sich sicher in diesem fortbewegen können. Einer der wichtigsten Bestandteile in diesem Zusammenhang ist daher die Aufklärung über die vorgeschriebene Ausrüstung eines verkehrssicheren Fahrrades. Dieser Unterrichtsgegenstand ist aber natürlich nicht nur in der Gegenwart relevant, sondern gewinnt in der Zukunft der Schüler:innen sogar noch größere Bedeutung, da sie mit zunehmendem Alter immer selbstständiger am Straßenverkehr teilnehmen werden. Dazu wird häufig das eigene Fahrrad genutzt. An dieser Stelle ist auch der baldige Wechsel an eine weiterführende Schule ein wichtiger Faktor. Auch dieser trägt durch den damit verbundenen, meist weiteren Schulweg einen nicht zu verachtenden Teil zur steigenden Bedeutung des verkehrssicheren Fahrrades bei.
Zusammenfassend lässt sich also die enorme Relevanz des verkehrssicheren Fahrrades für den Alltag der Schüler:innen sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft feststellen, weshalb unsere Wahl auf diesen Unterrichtsgegenstand gefallen ist.
3.2 Bezug zu den KC
Das Unterrichtsthema der Radfahrausbildung inklusive des Unterrichtsgegenstandes des verkehrssicheren Fahrrades lässt sich im niedersächsischen Kerncurriculum des Faches Sachunterricht, insbesondere durch den fächerübergreifenden Bildungsbereich „Mobilität“, legitimieren, zu dem der Sachunterricht einen erheblichen Beitrag leistet (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S. 14f.). Der Sachunterricht soll „den Schülerinnen und Schülern vielfältige räumliche Erfahrungen“ (ebd. S.15) ermöglichen und sie bei der „Entwicklung ihrer Selbstständigkeit und gesellschaftlichen Teilhabe“ (ebd.) unterstützen. Schaut man sich das Curriculum „Mobilität“ einmal genauer an, fällt auf, dass der in diesem Bereich zu unterrichtende Inhalt in zehn verschiedene Bausteine untergliedert wird (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2016a, S.10). Das Thema der Radfahrausbildung gehört hier vor allem dem ersten Baustein „Regeln und geregelt werden“ an, welcher in der Grundschule unter anderem die Verkehrsregeln erarbeiten soll (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2016b, S.11). Das verkehrssichere Fahrrad lässt sich hier insbesondere der Teilkompetenz vier: „Risiken, Gefahren und Unsicherheiten im Handlungsfeld Mobilität erkennen und abwägen“ (ebd.) zuordnen. Als Schwerpunkte dieser Kompetenz werden hier die „Sicherheitserziehung“ (ebd. S.12) sowie die Fragen „Welche Regeln gibt es? Wofür brauchen wir Regeln?“ (ebd.) genannt. Auch in den vom niedersächsischen Kultusministerium erarbeiteten Ansätzen zu diesem Schwerpunkt tauchen die Straßenverkehrsordnung sowie die Fahrradprüfung auf, sodass die Radfahrausbildung ein legitimes Unterrichtsthema und das verkehrssichere Fahrrad entsprechend einen legitimen Unterrichtsgegenstand darstellen (vgl. ebd.).
3.3 Lehr-/Lernziele / Kompetenzen
Aus dem niedersächsischen Curriculum „Mobilität“:
- „Kompetenz zum Umgang mit unvollständigen und überkomplexen Informationen“ – Beschreibung für das Handlungsfeld Mobilität: „Risiken, Gefahren und Unsicherheiten im Handlungsfeld Mobilität erkennen […]” (Niedersächsisches Kultusministerium 2016a, S.8)
- „Kompetenz zur Partizipation” – Beschreibung für das Handlungsfeld Mobilität: „An kollektiven Entscheidungsprozessen im Handlungsfeld Mobilität teilhaben.“ (ebd. S.9)
Prozessbezogene Kompetenzen aus dem niedersächsischen Kerncurriculum „Sachunterricht“
Fachspezifische Methoden:
Die Schüler:innen können…
- betrachten und beobachten,
- sammeln […] und bestimmen,
- […] Bilder […] erschließen,
- […] Vermutungen entwickeln […],
- mit Arbeitsmitteln sachgerecht umgehen,
- Ergebnisse dokumentieren” (Niedersächsisches Kultusministerium 2017, S.8)
Kommunizieren:
Die Schüler:innen können…
- „Informationen ermitteln, analysieren […],
- Fachbegriffe erarbeiten und verwenden,
- Sachverhalte sprachlich beschreiben, erklären und bewerten“ (ebd. S.9)
Schwerpunktkompetenz der Stunde:
„Die Schüler:innen erfahren die Notwendigkeit eines verkehrssicheren Fahrrades und lernen seine Bestandteile kennen”
Teilkompetenzen der Stunde:
Inhaltsbezogen:
Die Schüler:innen können…
- die (für sie geltenden) Gefahren des Straßenverkehrs mit Hilfe des Videos und ihres Vorwissens festhalten,
- die Relevanz eines verkehrssicheren Fahrrades erkennen,
- Vermutungen zu den Bestandteilen eines verkehrssicheren Fahrrades anstellen und ihr Vorwissen verbalisieren,
- den Bestandteilen eines verkehrssicheren Fahrrades ihre entsprechende Funktion zuordnen,
- ihr eigenes Fahrrad mit den Erkenntnissen aus der Stunde auf Verkehrssicherheit prüfen.
Prozessbezogen:
Die Schüler:innen können…
- einem Video Informationen entnehmen,
- ihr Vorwissen und die aus dem Video entnommenen Informationen zu Gefahren im Straßenverkehr in einer digitalen Mindmap festhalten,
- verbal Hypothesen zu Bestandteilen eines verkehrssicheren Fahrrades bilden,
- (Fach-)Begriffe den passenden Bildern und vorgegebenen Funktionen zuordnen,
- das erworbene Wissen über die Bestandteile eines verkehrssicheren Fahrrades in einem digitalen Quiz anwenden.
3.4 Hinweise zur analogen Umsetzungsvariante
Bezüglich der analogen Umsetzungsvariante ist zu sagen, dass die didaktischen Begründungen in ihren Grundsätzen gleich bleiben, da die Umsetzung der Unterrichtsstunde der digitalen Variante noch sehr ähnlich ist. So verändert sich hier insgesamt sehr wenig. Die Online-Mindmap und das Quiz wurden lediglich in analoge Formen abgewandelt, wodurch sich die didaktischen Begründungen aber nicht grundlegend ändern. Hinsichtlich der Kompetenzen ist zu sagen, dass einzig durch den Einstieg größere Veränderungen auftreten. Statt eines Videos und Kinderliedes kommen hier Bilder zum Einsatz. Dadurch ändert sich die Kompetenz. „Die Schüler:innen können einem Video Informationen entnehmen, ihr Vorwissen und die aus dem Video entnommenen Informationen zu Gefahren im Straßenverkehr in einer Mindmap festhalten” entsprechend zu „Die Schüler:innen können Bildern Informationen entnehmen, ihr Vorwissen und die aus den Bildern entnommenen Informationen zu Gefahren im Straßenverkehr in einer Mindmap festhalten”. Ähnlich verhält es sich bei dem Quiz, anstatt „Die Schüler:innen können das erworbene Wissen über die Bestandteile eines verkehrssicheren Fahrrades in einem digitalen Quiz anwenden” muss es heißen „Die Schüler:innen können das erworbene Wissen über die Bestandteile eines verkehrssicheren Fahrrades in einem analogen Quiz anwenden”. Grundsätzlich werden bei der digitalen Variante Kompetenzen im digitalen Bereich erforderlich (Informationen aus einem Video entnehmen, Umgang mit einem digitalen Tool zur Erstellung von Online-Mindmaps, Umgang mit einer Anwendung zur Teilnahme an einem digitalen Quiz), die bei der analogen Umsetzungsform wegfallen, beziehungsweise in den analogen Bereich verlagert werden, und sich somit dahingehend verändern.
04 – Methodische Überlegungen
4.1 Videoeinstieg
Um die Unterrichtsstunde thematisch zu beginnen, haben wir uns überlegt, mit dem Kinderlied „Augen auf im Straßenverkehr“ von MS Urmel, Dieter Moskanne und Markus Schürjann sowie dem dazugehörigen, auf YouTube verfügbaren Video einzusteigen (https://www.youtube.com/watch?v=WX_5cSd9Kjs). Dieses bringt viele verschiedene Vorteile mit sich. Zunächst einmal handelt es sich bei einem Video oft um einen guten und motivierenden Aufhänger. Viele Kinder haben besonderen Spaß bei der Arbeit mit Videos, da sie häufig als interessanter empfunden werden und meist recht niedrigschwellig sind (vgl. Cornelsen 2020). Außerdem bietet das Video viele tolle Inhalte aus dem Kinderalltag im Straßenverkehr, sodass die Schüler:innen die Informationen direkt mit ihrer eigenen Lebenswelt verknüpfen können. Weiterhin eignet sich das ausgewählte Video gut für die Verwendung im Unterricht, da es verschiedene Reize anregt und den Inhalt dadurch auf mehreren Ebenen vermittelt. Die Schüler:innen können Informationen über Gefahren im Straßenverkehr sowohl akustisch als auch visuell wahrnehmen; außerdem werden bereits einige Bestandteile des verkehrssicheren Fahrrades thematisiert, auf die die Schüler:innen im weiteren Verlauf der Stunde eventuell noch einmal zurückgreifen können. Von Vorteil sind hierfür unter anderem auch die eingeblendeten Untertitel, durch die die Schüler:innen den Text gleichzeitig hören und lesen können. Daneben wird passend zum Text eine entsprechende Visualisierung geboten, über die das Verständnis des Inhaltes zusätzlich erleichtert wird. Mit der Verwendung dieses Videos wird daher schon zu Beginn ein Medium gewählt, welches einige sprachsensible Aspekte enthält, da sich unter anderem verschiedene Darstellungsebenen und -formen zunutze gemacht werden, die Leisen als zentral für einen sprachsensiblen Unterricht herausstellt (vgl. Leisen 2018, S.15f.). Verbunden werden hier insbesondere verschiedene Formen von und Darstellungen auf bildlicher (Bilder, Piktogramme und Videos) und sprachlicher (gesprochene Sprache und Text – Alltags- und Fachsprache) Ebene (vgl. ebd. S.14ff.). Auch Böhme und Munser-Kiefer (vgl. 2020, S.431) schreiben Bildschirmmedien eine entlastende Wirkung hinsichtlich der Informationsverarbeitung zu unter der Bedingung, dass der Text in mündlicher Form zusätzlich zum Bild präsentiert werde. Dies ist durch das Lied gegeben. Weiterhin schreiben Böhme und Munser-Kiefer, dass diese Wirkung vor allem bei Schüler:innen mit wenig Vorwissen anzunehmen sei (vgl. ebd. S.433). Bei dieser Unterrichtsstunde handelt es sich um eine Einführung und somit ist davon auszugehen, dass die meisten Schüler:innen nur wenig oder kaum Vorwissen zum Thema mitbringen. Darüber hinaus könnten “Hervorhebungen visueller, akustischer oder taktiler Art” (ebd.S.432) dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit der Lernenden und somit eine inhaltsbedingte Verarbeitung gesteuert werde (vgl. ebd.).
Ein weiterer positiver Effekt entsteht durch die Charakteristika eines Liedes. Da der Text in einem einprägenden Rhythmus gesungen wird und die wichtigste Botschaft – „Augen auf im Straßenverkehr“- durch den Refrain immer wiederkehrt, sind die Informationen noch einmal eingängiger (vgl. Butt 2019). Insgesamt kann das Video den Schüler:innen demnach also als ein motivierender Unterrichtseinstieg dienen, der bereits einige fachliche Informationen vermittelt und vor allem auch einige Impulse für die nächste Unterrichtsphase liefert.
4.2 Online – Mindmap
In dieser zweiten Phase sollen die Schüler:innen gemeinsam eine Online-Mindmap mit dem ihnen bekannten Anbieter „Mindmeister” über die Gefahren im Straßenverkehr erstellen (https://mm.tt/1749352102?t=45HJaWErL1), insbesondere soll es hierbei natürlich um Gefahren gehen, die sie selber (zu Fuß oder mit dem Fahrrad) betreffen. Die Methode der Erstellung einer Mindmap ist dahingehend sinnvoll, dass die Schüler:innen ihre eigenen Erfahrungen einbringen können und der Lehrkraft gleichzeitig eine Rückmeldung dazu geben, welches Vorwissen sie bereits haben; außerdem ist es an dieser Stelle möglich, erst einmal alles zu dem Thema zu notieren, was ihnen einfällt. Als sprachsensibler Aspekt hierbei lässt sich herausstellen, dass von dem sprachlichen Wissen der Schüler:innen ausgegangen wird und man zunächst auf der Ebene der Alltagssprache bleibt. Es wird also das sprachsensible Prinzip „Berücksichtigung der sprachlichen Voraussetzungen der Lernenden” (Michalak u.a. 2016, S. 138f.) verfolgt.
Für die Online-Variante dieser Methode haben wir uns aus verschiedenen Gründen entschieden. Zum einen bietet diese auch für alle stilleren Schüler:innen die Möglichkeit, sich aktiv an der Erstellung der Mindmap zu beteiligen. Zusätzlich können alle Schüler:innen parallel arbeiten und müssen nicht erst darauf warten, von der Lehrkraft aufgerufen zu werden. Ein weiterer Vorteil des Digitalen ist, dass Umstrukturierungen und Erweiterungen hier jederzeit möglich sind (vgl. Molnárová o.J., S.41f.). Strasser spricht der Anwendung „Padlet” eine unterstützende Funktion für das sprachliche Lernen zu, die ebenso auf den Einsatz digitaler Mindmaps übertragen werden kann. Folgt man Strassers Ausführungen, so wird sprachliches Lernen insofern gefördert als Modifizierungen möglich sind, um die Ergebnisse, basierend auf Rückmeldungen von Mitschüler:innen, verbessern zu können (vgl. Strasser 2015, S. 111).
Zuletzt spielt auch die Motivation an dieser Stelle eine wichtige Rolle. Der Einsatz digitaler Medien ist für Schüler:innen oft spannender und wird häufig als willkommene Abwechslung zu analogen Methoden empfunden (vgl. Albrecht/ Revermann 2016, S.55). Darüber hinaus ist es auch Aufgabe der Schule, die Schüler:innen auf die digitale Welt vorzubereiten (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2021). Um dies zu erreichen und sich der zunehmenden Digitalität unserer Lebenswelt anzupassen, müssen die Schüler:innen daher auch die Chance bekommen, selbstständig mit digitalen Tools in der Schule zu arbeiten, denn “gesellschaftliche Teilhabe […] erfolgt in zunehmendem Maß über digitale Medien” (Baumgartner et al., 2016, S.95).
Nach einer kurzen Bearbeitungszeit sollen die Ergebnisse, die in der Mindmap festgehalten worden sind, kurz im Plenum besprochen und zusammengefasst werden. Dabei ist es das Ziel, dass den Schüler:innen klar wird, wie gefährlich der Straßenverkehr für sie sein kann. Als besondere Risikofaktoren sollen hier schon einmal fehlerhaftes Verhalten und mangelhafte Ausstattung des Fahrrades aufgegriffen werden. Wenn dies nicht ohnehin schon von Schüler:innenseite geschieht, soll die Lehrkraft diesen Hinweis mit Bezug zu passenden Inhalten der Mindmap geben, da hiermit die Überleitung in die nächste Unterrichtsphase erfolgt.
Eine Möglichkeit der Differenzierung dieser Methode wäre die Arbeit in Gruppen, sodass beispielsweise leistungsschwächere Schüler:innen unterstützt werden könnten, außerdem kann die Gruppenarbeit zu einer übersichtlicheren Mindmap führen, da entsprechend weniger Benutzer:innen gleichzeitig an einem Projekt arbeiten. Eine weitere Variante wäre, dass die Lehrkraft die Mindmap bereits durch Oberbegriffe vorstrukturiert. Hier haben wir uns allerdings dagegen entschieden, um die Schüler:innen zum Einstieg noch nicht so sehr einzuschränken und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr gesamtes Vorwissen in diesem Bereich einzubringen.
Link zur Online-Mindmap: https://mm.tt/1749352102?t=45HJaWErL1
4.3 Erarbeitungsphase am Realmodell
In der folgenden Unterrichtsphase soll mit einem echten Fahrrad gearbeitet werden. Dazu soll die Lehrkraft ein Fahrrad in den Klassenraum schieben und die Schüler:innen bitten, sich mit ihren Stühlen in einem Halbkreis vor das Fahrrad zu setzen. Nun soll die Frage aufgeworfen werden, ob dieses Fahrrad eigentlich ausreichend, das heißt verkehrssicher ausgestattet ist und welche Bestandteile dazu nötig sind. Jetzt sind die Kinder gefordert, Hypothesen zu bilden, welche Bestandteile zur Verkehrssicherheit beitragen und vorgeschrieben sein könnten. Dazu können sie zum einen auf die Gefahren, die sie in der Mindmap erarbeitet haben, zurückgreifen und sich zum anderen an der vorhandenen Ausstattung des Anschauungsgegenstandes orientieren. Ein Bezug zur Mindmap könnte daher beispielsweise das Licht sein, wenn vorher herausgestellt wurde, dass es gefährlich ist, sich im Dunkeln (insbesondere ohne Beleuchtung) im Straßenverkehr zu bewegen. Wenn ein wichtiger Begriff seitens der Schüler:innen genannt wird, soll dieser von der Lehrkraft mittels der passenden Wortkarte an den entsprechenden Bestandteil geklebt werden. Unterschieden werden hierbei durch das Unterrichtsgespräch sowie auch durch die verschiedenfarbigen Wortkarten verschiedene Arten von Fachbegriffen. Die Bestandteile, die für ein verkehrssicheres Fahrrad vorgeschrieben sind, stehen auf lilafarbenen Karten, die anderen auf gelben. Auch sollen die Schüler:innen Vermutungen anstellen, welche Funktion die zur Verkehrssicherheit vorgeschriebenen Bestandteile haben, also warum sie zur Verkehrssicherheit beitragen.
Diese Methode eignet sich besonders gut, da viele Prinzipien des sprachsensiblen Unterrichts aufgegriffen werden. Fachliches Lernen wird mit sprachlichem Lernen verknüpft (vgl. Michalak u.a. 2016, S.135f.), welches durch die zusätzlichen Wortkarten und die dadurch vorhandene Möglichkeit, die Begriffe immer wieder zu lesen, stark unterstützt wird. Weiterhin wird das Prinzip: „Berücksichtigung der sprachlichen Voraussetzungen der Lernenden” (ebd. S. 138) verwirklicht und es wird erneut von der Alltagssprache ausgegangen (vgl. ebd. S.139), da die Schüler:innen sich auch aktiv beteiligen können, wenn ihr Wortschatz einige Begriffe noch nicht hergibt. In diesem Fall könnten sie beispielsweise auf ein Fahrradbestandteil zeigen, anstatt den entsprechenden Begriff zu nennen. So können sprachliche Stolpersteine an dieser Stelle weitgehend vermieden werden. Anschließend wird der Begriff dann eingeführt, sodass auch das sprachsensible Prinzip: „Gezielte Wortschatzarbeit im fachlichen Kontext“ (ebd. S.144ff.) umgesetzt wird. Ein letztes sprachsensibles Prinzip, welches durch die gewählte Methode realisiert wird, lautet: „Anlässe zum sprachlichen Handeln durch Methodenvielfalt“ (ebd. S.150ff.), da die Schüler:innen selbst gefordert sind, ihre Vermutungen zu formulieren und ihnen eventuell schon bekannte Aspekte mitzuteilen.
Außerdem verknüpft diese Methode die Darstellung auf gegenständlicher Ebene durch die Arbeit mit dem Realmodell sowie auf sprachlicher Ebene durch die Wortkarten und das Unterrichtsgespräch in Alltags- und Fachsprache. Durch die Verwendung dieser unterschiedlichen Darstellungsformen kann das Thema auf verschiedenen Abstraktionsniveaus bearbeitet werden, sodass der Inhalt mehr Lerner:innentypen unter den Schüler:innen erreicht (vgl. Leisen 2018, S.14ff.).
Ein weiteres Prinzip sprachsensiblen Unterrichts nach Leisen, welches mit der beschriebenen Methode verfolgt wird, ist die „kalkulierte sprachliche Herausforderung” (ebd. S.18). Leisen stellt heraus, dass Unterricht nur dann zielführend ist, wenn die Schüler:innen ihre Aufgaben mit Anstrengung erfolgreich absolvieren können (vgl. ebd. S.18f.). Durch die Arbeit mit für die Schüler:innen teilweise neuen Begriffen und zusätzlich neuen Inhalten ist die Herausforderung allenfalls gegeben. Durch das gemeinsame Unterrichtsgespräch, die Veranschaulichung am Realmodell und die Verwendung der Wortkarten sind allerdings auch verschiedene Sprachhilfen (Methoden-Werkzeuge) zur Unterstützung vorhanden, (vgl. ebd. S.19) wodurch eine Überforderung vermieden werden kann, sodass gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Lernen geschaffen werden.
Eine Alternative für die gewählte Methode wäre natürlich auch die Arbeit mit einem Text und einer eventuell anschließend selbst auszufüllenden Abbildung oder Ähnliches gewesen. Diese Methode würde allerdings das aktive sprachliche Handeln der Schüler:innen deutlich weniger fördern und ihr Vorwissen könnte nicht eingebracht werden; außerdem ist die Arbeit an einem konkreten Anschauungsmaterial meist deutlich spannender, lebensnäher, besser in den eigenen Alltag der Kinder zu überführen und hinterlässt häufiger einen bleibenden Eindruck (vgl. Auer-Verlag o.J., S.47f.). Die Textarbeit wäre also weniger sprachsensibel, da die Schüler:innen hier nicht die Möglichkeit hätten, wie es beim sprachsensiblen Fachunterricht der Fall sein soll, „in eine intensive, aktive, selbstgesteuerte und kooperative Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand” (Leisen 2011, S.17) zu gelangen.
4.4 Wort-Bild-Funktions-Karten
Im Anschluss an die Erarbeitung der Bestandteile eines verkehrssicheren Fahrrades, inklusive der jeweiligen Fachbegriffe und Funktionen, sollen die Informationen noch einmal für alle Schüler:innen individuell festgehalten und gleichzeitig wiederholt werden. Dazu sollen sie anhand von vorgefertigten Schablonen eigene Karten erstellen, auf denen sich jeweils ein Fachbegriff mit dem dazugehörigen Bild auf der Vorderseite und der entsprechenden Funktion des Fahrradteils auf der Rückseite befinden. Dafür bekommen alle Schüler:innen ein Arbeitsblatt mit den Fachbegriffen, Bildern und Funktionen der für das verkehrssichere Fahrrad vorgeschriebenen Bestandteile. Diese sind hier noch in ungeordneter Reihenfolge. Nun sollen zusammengehörige Fachbegriffe, Funktionen und Bilder einander zugeordnet werden. Hierzu sollen sie die Bilder und Funktionen ausschneiden und die Bestandteile zunächst nur zusammenlegen. Auf die vorbereiteten Schablonen sollen sie nun je einen der vorgegebenen Fachbegriffe schreiben und die jeweils dazugehörigen ausgeschnittenen Bilder und Funktionen zunächst nur dazulegen. Zur Übersichtlichkeit und damit die Teile nicht wieder durcheinandergeraten, können die Schüler:innen allen drei zusammengehörigen Teilen eine gleiche Zahl zuordnen und diese klein darauf schreiben. Nach der Einzelarbeitsphase soll die richtige Zuordnung kurz besprochen werden, sodass anschließend alle Schüler:innen ihre Karten fehlerfrei bekleben können.
Auch durch die Wahl dieser Methode können wieder verschiedene Prinzipien des sprachsensiblen Unterrichts eingebracht werden. Es wird erneut fachliches und sprachliches Lernen verknüpft und gezielt an der Erweiterung des Wortschatzes der Schüler:innen gearbeitet, außerdem wird Rücksicht auf ihre sprachlichen Voraussetzungen genommen, da durch die Verknüpfung mit dem jeweiligen Bild alle in der Lage sein sollten, das fachliche Lernen zu absolvieren (vgl. Michalak u.a. 2016, S.135ff.).
Ein weiterer Grund für die Wahl dieser Methode ist, dass alle Schüler:innen so jederzeit auf ihre eigenen Karten zurückgreifen können und dort die wichtigsten Informationen zum verkehrssicheren Fahrrad schnell finden können. Auch wird durch das eigenständige Erstellen dieser Karten das Wissen aus der vorherigen Erarbeitungsphase noch einmal deutlich vertieft, sodass sie zu einem effektiveren Lernen beitragen als von der Lehrkraft bereits fertig ausgeteilte Karten (vgl. Leisen 2011, S.17).
Weiterhin können die Karten den leistungsschwächeren Schüler:innen sowohl in der folgenden Unterrichtsphase als auch in folgenden Unterrichtsstunden bei der Arbeit helfen. Sie können also als eine Form des Scaffoldings dienen. Dabei handelt es sich um ein „Gerüst“ aus sprachlichen Hilfen, welches den Kindern vorübergehend angeboten wird und immer weiter abgebaut wird, wenn sie sprachliche Fortschritte machen und die bereitgestellten Hilfen nicht mehr benötigen (vgl. Michalak u.a. 2016, S.161). Die erstellten Wortkarten können je nach Bedarf also von den Schüler:innen als Methoden-Werkzeug genutzt werden und entsprechend dazu dienen, sprachlichen Stolpersteinen bei der Bewältigung von Standardsituationen aus dem Weg zu gehen (vgl. Leisen 2018, S. 17).
4.5 Kahoot-Quiz
In der letzten aktiven Unterrichtsphase sollen die Schüler:innen die Chance bekommen, ihr erworbenes Wissen noch einmal spielerisch zu wiederholen. Dazu haben wir ein Quiz bei der Online-Plattform „Kahoot“ erstellt, welches die vorher erarbeiteten Themen der Unterrichtsstunde erneut aufgreift. Die Schüler:innen können die jeweiligen Fragen dann alle gleichzeitig mit einem digitalen Endgerät beantworten. Hierbei gibt es die Möglichkeit, alleine oder in Gruppen zu spielen, sodass hier eine Differenzierung eingebaut werden kann. Es wäre also zum Beispiel möglich, die Schüler:innen, die eventuell Probleme beim Lesen haben, mit einer zweiten Person (oder mehreren) zusammen spielen zu lassen, sodass die Lesekompetenzen hier nicht zum Nachteil werden müssen. Eine weitere Möglichkeit der Differenzierung wäre, dass die Lehrkraft die Fragen und Antwortmöglichkeiten vorliest, um auch den langsameren Leser:innen die Chance zu geben, schnell zu antworten und entsprechend mehr Punkte zu bekommen.
Wampfler kritisiert den Einsatz von Kahoot dahingehend, dass Fragen beantwortet werden können, ohne sprachliche Handlungen vornehmen zu müssen (vgl. Wampfler, 2020, S.8) Dies kann hinsichtlich sprachlichen Lernens aber auch als Entlastung angesehen werden. Dass Lernende keine längeren Texte lesen und Antworten auf Fragen aufschreiben müssen (vgl. ebd.) sorgt dafür, dass fachliches Lernen sichergestellt wird – auch wenn Schüler:innen die Unterrichtssprache noch nicht so umfassend beherrschen, dass sie längere Texte verstehen oder verfassen können. Sprachbildung kann mithilfe dieses digitalen Tools unterstützt werden, wenn Begründungen für die Antworten eingefordert werden (vgl. ebd.). So werden Diskussionen ausgelöst, die sprachliches Handeln anregen. Das bedeutet also, eine weitere Möglichkeit, die man bei ausreichender Zeit in der geplanten Unterrichtsstunde umsetzen könnte, ist es, die jeweiligen Fragen und Antwortmöglichkeiten noch einmal zu besprechen, um die Sprachbildung noch intensiver zu fördern.
Einen wichtigen Vorteil der gewählten Methode bietet der motivationale Aspekt. Durch die Chance, miteinander in Konkurrenz zu treten und Punkte für die Rangliste zu sammeln, sind die Schüler:innen häufig sehr motiviert und nehmen aktiv am Unterrichtsgeschehen teil. Auch durch die Verwendung digitaler Medien an dieser Stelle können die Schüler:innen zusätzlich motiviert werden. Außerdem kann man das Niveau des Quizes durch dieses Online-Tool individuell an die Lerngruppe anpassen, da man alle Fragen und Antwortmöglichkeiten selbst erstellt. Auch die zur Verfügung stehende Zeit zur Beantwortung der Fragen sowie die verwendeten Bilder können von der Person, die das Quiz erstellt, variiert werden (vgl. Reich 2003, S.3). Hierbei haben wir versucht, das Quiz mit entsprechenden Bildern sprachsensibel zu gestalten. Diese mussten sich allerdings in Grenzen halten, da sonst die Antworten schon vorweggenommen werden würden.
Falls in der Durchführung der Unterrichtsstunde nicht mehr genügend Zeit vorhanden ist, da die vorherigen Aufgaben länger gedauert haben, besteht natürlich auch die Möglichkeit, das Quiz als Einstieg der nächsten Unterrichtsstunde zu verwenden. Hiermit kann die Erinnerung an die letzte Unterrichtsstunde bei den Schüler:innen noch einmal aufgefrischt werden, um anschließend an das Wissen anknüpfen zu können. Alternativ kann das Quiz auch von Beginn an als didaktische Reserve eingeplant werden, welches nicht mehr zwingend absolviert werden muss.
Link zum Kahoot-Quiz: https://create.kahoot.it/share/das-verkehrssichere-fahrrad/9b443887-318a-4cf1-8080-514896465a4c
4.6 Abschluss
Zum Schluss sollen die Schüler:innen eine Checkliste erhalten, auf welcher noch einmal die wichtigsten Bestandteile eines verkehrssicheren Fahrrades aufgeführt werden. Diese sollen die Schüler:innen nutzen, um als Hausaufgabe ihr eigenes Fahrrad auf seine Verkehrssicherheit zu prüfen. Auch diese Methode dient der weiteren Vertiefung des Gelernten, welche durch das eigene aktive Handeln und die Übertragung des Unterrichtsinhaltes in den Schüler:innenalltag besonders wirksam wird, denn:
„Kompetenzen, also auch Sprachkompetenzen, werden in der Bewältigung authentischer Anforderungssituationen gelernt und nachgewiesen.” (Leisen 2011, S. 17).
4.7 Fazit der methodischen Begründung
Insgesamt haben wir uns also für eine Unterrichtsstunde mit induktivem Vorgehen entschieden. Zunächst sollen die Schüler:innen mit den Beobachtungen aus dem Video und auf ihr Vorwissen gestützt arbeiten. Auch in der tatsächlichen Erarbeitungsphase, in der mit dem Realmodell gearbeitet wird, sollen die Schüler:innen anfangs die Chance bekommen, ihre Vorerfahrungen einzubringen. Darauf aufbauend nähert man sich den abstrakteren Fachbegriffen, welche im Anschluss durch die Erstellung eigener Bild-Wort-Funktions-Karten sowie einer spielerischen Wiederholung mittels eines Kahoot-Quizes gefestigt werden sollen. So versucht die geplante Unterrichtsstunde beispielsweise durch einen Wechsel der Darstellungsformen (gegenständliche Darstellung, bildliche Darstellung, sprachliche Darstellung), (vgl. Leisen 2018, S. 14) auch insgesamt verschiedenen, oben genannten Prinzipien sprachsensiblen Fachunterrichts zu folgen, um den Schüler:innen ein effektiveres Lernen zu ermöglichen. Auch das eigene aktive Handeln der Schüler:innen, die Methodenvielfalt und die Arbeit mit einem Wechsel der Sozialformen soll es den Schüler:innen ermöglichen, das Wissen auf verschiedenen Ebenen zu festigen sowie den Unterricht sprachsensibel und für sie spannend zu gestalten, denn:
„Der sprachbewusste Fachunterricht muss […] vielfältige Sprech- und Schreibanlässe für die Lernenden schaffen. […] Förderung der Sprachentwicklung bedeutet automatisch, dass die SchülerInnen möglichst oft dazu aktiviert werden sollen, in mündlichen wie auch in schriftlichen Arbeitsphasen selbständig zu arbeiten und zugleich sprachlich zu handeln.” (Michalak u.a. 2016, S.150).
Der Einsatz digitaler Tools ist besonders hinsichtlich der Förderung von Selbstständigkeit als hilfreich zu betrachten, da diese „eigenverantwortliches Lernen unabhängig von Zeit und Ort” fördern (Strasser 2015, S.99). Digitale Anwendungen sind nicht an einen Ort oder eine bestimmte Zeit gebunden. Lernende können sich daher die Inhalte außerhalb der Schule anschauen, beispielsweise wenn die Lehrkraft die Online-Mindmap für alle zugänglich macht oder den Schüler:innen einen Zugang zum Kahoot-Quiz mitgibt (Link, QR-Code).
05 – Stundenverlaufsplan
06 – analoge Umsetzungsvariante
Für den Fall, dass in der Schule keinerlei digitale Medien zur Verfügung stehen, haben wir uns für einige Methoden eine analoge Alternative überlegt. Betroffen von den Änderungen sind folglich der Unterrichtseinstieg und die Hinführung zum eigentlichen Unterrichtsthema sowie die Vertiefung der Inhalte am Unterrichtsende.
6.1 Bildereinstieg
Während in der regulären Unterrichtsplanung ein Video- bzw. Liedeinstieg geplant ist, kann in der analogen Alternative ein Themeneinstieg mit verschiedenen Bildern vollzogen werden. Die Schüler:innen bekommen die Bilder ausgedruckt, damit sie diese in ausreichender Größe sehen können. Nun sollen die Schüler:innen die Bilder zunächst kurz beschreiben. Anschließend soll die Gemeinsamkeit aller vorliegenden Bilder thematisiert werden: Auf allen Bildern sind Gefahren im Straßenverkehr zu beobachten. Damit soll die Überleitung in die nächste Unterrichtsphase erfolgen.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Schüler:innen bereits einige Denkanstöße für die folgende Aufgabe bekommen und auch ihr Vorwissen schon aktiviert werden kann (beispielsweise wenn Schüler:innen schon mal eine ähnliche Situation erlebt haben wie auf einem der Bilder abgebildet). Des Weiteren ist dieser Einstieg sicherlich spannender für die Schüler:innen als den Unterricht zum Beispiel mit den Worten: „Unser heutiges Thema ist…“ zu starten.
6.2 Analoge Mindmap
Statt der gemeinsamen Online-Mindmap soll auch in der analogen Alternative eine Mindmap erstellt werden. Dazu sollen auch hier die Gefahren im Straßenverkehr, welche sich insbesondere auch für Kinder ergeben können, gesammelt werden. Anders als bei der Online-Mindmap teilen nicht alle Schüler:innen gleichzeitig ihre Ideen, sondern melden sich, wenn sie etwas beitragen möchten. Das Wissen, welches die Schüler:innen benötigen, um die Aufgabenstellung erfüllen zu können, können sie zum einen aus den vorherigen Bildimpulsen ziehen, zum anderen ist das Einbringen ihres Vorwissens erwünscht. Die Wortbeiträge der Schüler:innen werden dann von der Lehrkraft in eine für alle sichtbare Mindmap an der Tafel integriert.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Mindmap etwas übersichtlicher gestaltet sein wird, da die Lehrkraft die Schüler:innenäußerungen hier leichter strukturieren kann; außerdem sind die in der Mindmap notierten Inhalte den Schüler:innen eventuell klarer, da neue Informationen erst dann aufgenommen werden, wenn sie zuvor im Plenum erläutert worden sind.
Weitere Vorteile, die wie bei der Online-Variante bestehen, sind die Erfüllung zweier sprachsensibler Prinzipien, welche den Unterricht für die Schüler:innen nachvollziehbarer machen. Auch hier werden also die Prinzipien „Berücksichtigung der sprachlichen Voraussetzungen der Lernenden” (Michalak u.a. 2016, S. 138f.) sowie „Von der Alltagssprache zur fachlichen Kommunikation” (ebd. S. 139f.) verfolgt, da die Alltagssprache und die Vorerfahrungen der Schüler:innen als Ausgangspunkt genutzt werden.
6.3 Spiel: „1,2 oder 3?“
Als Alternative zu dem digitalen Quiz über „Kahoot“ wird in der analogen Unterrichtsvariante das Spiel „1,2 oder 3?“ gespielt. Hierzu kann es bei einem kleinen Klassenraum von Vorteil sein, das Spiel in die Pausenhalle, einen anderen großen Raum oder auf den Schulhof zu verlegen. An die Wand werden drei Blätter mit entsprechendem Abstand geklebt, auf denen jeweils eine der Zahlen „1“, „2“ oder „3“ steht. Nun liest die Lehrkraft nach und nach die vorbereiteten Fragen und entsprechenden Antworten vor. Im Anschluss an jede Frage stellen sich die Schüler:innen vor die Zahl, von der sie glauben, dass die richtige Antwort auf die Frage an dieser Stelle vorgelesen worden ist.
Diese Methodik bietet verschiedene Vorteile. Dadurch, dass die Lehrkraft alle Fragen und Antworten vorliest, entstehen keine Nachteile für Schüler:innen, die Defizite in der Lesekompetenz aufweisen, außerdem können die leistungsschwächeren Schüler:innen sich gewissermaßen an den anderen Schüler:innen orientieren, da es an dieser Stelle nicht um eine Leistungsbeurteilung, sondern um eine spielerische Wiederholung der Inhalte gehen soll. So wird ein möglicherweise auftretendes Gefühl der Bloßstellung bei den betroffenen Schüler:innen verhindert. Positiv ist außerdem, dass die Schüler:innen sich im Gegensatz zu vielen anderen Unterrichtsmethoden, z. B. bei einem alternativen Fragebogen auf Papier, aktiv bewegen können, was sicherlich zu ihrer Motivation, dem Spaß am Lernen und damit auch ihrem Lernerfolg beiträgt.
Wie in der regulär geplanten Unterrichtsstunde kann diese Phase auch hier auf den Beginn der nächsten Unterrichtsstunde verschoben werden, falls nicht mehr genügend Zeit für eine Durchführung vorhanden ist. Dient das Spiel als Unterrichtseinstieg, würde es entsprechend zur Reaktivierung des gelernten Inhaltes dienen, sodass im Anschluss mit neuen, auf diesem Wissen aufbauenden Inhalten begonnen werden kann. Ebenso wie das „Kahoot-Quiz“ kann aber natürlich auch diese Variante von Beginn an lediglich als didaktische Reserve eingeplant werden.
Stundenverlaufsplanung: analoge Variante
07 – Literaturverzeichnis
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- Albrecht, Steffen/ Revermann, Christoph (2016): Digitale Medien in der Bildung. http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab171.pdf (Zugriff: 18.02.2021).
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- Baumgartner, Peter/ Brandhofer, Gerhard/ et al (2016): Medienkompetenz fördern – Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter. In: Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015, Band 2: Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen. S.95.
- Böhme, Richard/ Munser-Kiefer, Meike (13.08.2020): Lernunterstützung mit digitalen Unterrichtsmaterialien.Interdisziplinäre Erkenntnisse und Entwicklungsperspektiven. In: Medienpädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung. Jg.17. S. 431-433.
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (Hrsg.) (2012): Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. https://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/index.html (Zugriff: 05.01.2021).
- Butt, Salim (2019): Macht der Musik. https://www.planet-wissen.de/kultur/musik/macht_der_musik/ (Zugriff: 18.02.2021).
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (Hrsg.) (2013): Straßenverkehrsordnung (StVO). §2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge. https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__2.html (Zugriff: 05.01.2021).
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