REFLEXION EINES AUSNAHMEZUSTANDES
kum 243 WS 20/21
Seminarleitung: Katja Liebmann
Sonst stets klassisch analog in der Druckwerkstatt, begegnen wir uns momentan ausschließlich digital und auch diese Zeit nutzen wir um grafisch zu arbeiten. Alle Teilnehmenden des Druckgrafikseminars arbeiten in einer gewissen Abgeschiedenheit von zu Hause aus, mehr oder weniger isoliert, auf sich gestellt, alleine unterwegs. Man beobachtet sich selbst, setzt sich auseinander mit dem neuen „Alltag“, mit veränderten Abläufen, reflektiert ein „davor“ und „danach“, und weiß noch nicht so recht was kommen wird. Teils eine Zeit der Besinnung auf sich und auf Wesentliches, aber auch eine Zeit der besonderen inneren Anspannung – wir sind am Anfang einer gewissen Dynamik.
Reflexionen, Erfahrungen, Erlebnisse dieser Monate, die man für sich macht, können wertvoll und inspirierend sein, auch für eine Zeit danach.
Eine völlig neue „Soziale Distanz“ bestimmt den Alltag. Es gibt viele Verhaltensweisen die die soziale Distanz kennzeichnen – ein prägendes Beispiel für diesen neuen Alltag „in Distanz“ ist die zwangsläufig notwendige Pflicht zur Verwendung eines Mund-Nasenschutzes. Eine Verpflichtung dieser Art gab es in unserem Leben noch nie und doch haben wir uns schon fast daran gewöhnt – das Tragen einer Maske verdeutlicht die Verpflichtung zur sozialen Distanz am sichtbarsten.
Es geht um eine Reflexion der Lage und ihrer Begleiterscheinungen mit ästhetischen Mitteln unter Verwendung grafischer Techniken. Es sollten einfach umzusetzende Techniken genutzt werden, die gut zuhause, auch ohne Druckgeräte, realisierbar sind: Zeichnung / Frottage / Monotypie / Spherographie / Linol /Holzschnitt / improvisiertes, experimentelles Arbeiten
Sharon Brink, Jann Rickers, Emma Weber, Vincent de Boer, Lisa M. Hermes, Elisabeth Palucki, Lara Bösking, Katharina Korthues, Scarlet M. Missiamey, Lea S. Partsch
Jann Rickers
Project 1. East-Coast-Atlantic Ocean
Wir sehen die Skyline der amerikanischen Ostküstenstadt Boston.
Vor den Umrissen der Stadt ist der Atlantische Ozean zu sehen. Hinter der Wahl des Motivs steckt ein Gedankengang, der mir während des Lesens eines Artikels über das „Unternehmen Paukenschlag“ in den Sinn kam.
Während des Zweiten Weltkriegs bestand in größeren Küstenstädten, wie z.B. in Boston oder New York die Gefahr, dass amerikanische Schiffe von deutschen U-Booten angegriffen werden. Die Bevölkerung an der Ostküste schaltete daher das Licht bei Abenddämmerung aus, damit auslaufende amerikanische Schiffe durch das städtische Hintergrundleuchten nicht erkannt werden konnten. Dem wurde Folge geleistet, obwohl die Menschen in den Städten selbst nicht unmittelbar in Gefahr waren.
Aus Solidarität verdunkelte man im weiteren Verlauf des Krieges selbst Städte, die weit von der Küste entfernt waren, dort, wo die Gefahr noch weniger spürbar war. Der Feind schien bei der amerikanischen Bevölkerung nicht wirklich präsent und sichtbar zu sein. Dennoch entschloss man sich kollektiv, auf kleine Annehmlichkeiten zu verzichten, um die Zeit des Krieges gemeinsam zu überstehen. Die Geschichte verweist auf die derzeitige Situation rund um die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Die Einleitung soll verständlich machen, was mit dem Projektausgedrückt werden soll. Die Maske dient zum Schutz, symbolisiert aber auch Solidarität gegenüber gefährdeten Mitmenschen. Selbst, wenn die Schutzfunktion bzw. der Nutzen völlig außen vorgelassen wird, verliert die Maske nicht ihre symbolische Funktion.
Das Motiv wurde auf Papier mit Acrylfarben gemalt. Das Bild hat in etwa die Größe einer Postkarte. Um in ästhetischer Hinsicht das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, wurde es auf hochwertigem Fotopapier gedruckt und auf eine schwarze OP-Maske geklebt.
Project 2. Anonym in einer technisierten Welt
Durch die Maßnahmen ist sogleich ein Aufschwung der Digitalisierung zu beobachten. Die Auswirkungen der Pandemie führen zu einer verschiedenartigen Verwendung von Technik und Medien in der Gesellschaft. So spielen bei den Digitalisierungs-Trends beispielsweise autonome Produktionssysteme oder KI- Projekte eine gewichtige Rolle.
Beim Projekt 2 ist Technologie ein prägendes Leitmotiv, indem die Maske als mittlerweile alltäglicher Gegenstand mit spekulativer Forschung verschmilzt. Inspiriert durch Science-Fiction konnotierte Themen, wie Rowan Smiths Einsatz von Technologie in seiner Einzelausstellung ´Future Shock Lost´ oder Sun Ra ́s Kostüme im Film ´Space is the Place´, wurden im Verlauf des Projekts diverse Bauteile elektronischer Geräte gesammelt.
Die Sammlung wurde über Wochen erweitert und aus elektronischen Resten schließlich mit Heißkleber eine Maske zusammengefügt.
Zu den Sammelstücken zählen Kabel, defekte Fotoapparate, USB- Sticks und deren Bauteile. Das Produkt umschließt den Kopf, so dass es einen festen Halt hat. Die schwarze Maske, die das Gesicht verdeckt, ist an dem Gerüst befestigt.
Sie ist fester Bestandteil des Werks. Vor der Mundpartie ist zudem eine Smartphone Halterung montiert. Es besteht so die Möglichkeit, ein Smartphone zu befestigen.
Auf dem Bildschirm des Mobiltelefons können durch umfangreiche Videofunktionalitäten diverse Motive, die Einblicke in technologische Themen gewähren, eingebracht werden.
Die Kabel und die Überreste elektronischer Geräte werden auf eine Weise eingesetzt, als dienen sie dem Zweck, das Bild auf dem Smartphone in Bewegung zu setzen.
Zu den Ideen gehören ein Mund, Audiowellen und eine Kamerafahrt durch den Weltraum (Abb.4,5,6). Während das Abdecken des menschlichen Gesichts Individualitätsverlust und Austauschbarkeit suggeriert, wird das Innenleben technischen Equipments nach außen gebracht und so zur Schau gestellt. Die Aufmerksamkeit soll auf ein Konzept der Entpersonalisierung gerichtet werden, wohingegen Technologie zum Vorschein gebracht wird und in den Vordergrund rückt.
Ein zusätzliches Projekt knüpft an den Gedanken, technischen Fortschritt mit Maskierung zu verknüpfen, an. Faszinierend ist in diesem Zusammenhang die Rolle, die Anonymität in der virtuellen Welt, wie auch im Bereich der Popkultur spielt. Diesbezüglich erlebte die elektronische Musik im Laufe der Zeit durch die Verfügbarkeit und Etablierung synthetischer Klangerzeugungsmittel einen rasanten Aufschwung. Die Thematik der Entmenschlichung spielt wie bei dem Projekt zuvor auch bei diesem Projekt 3 eine Rolle.
Es ist erkennbar, dass die Musikform Electronica seit ihrer Entstehung stets von radikaler Anonymität begleitet wird. Anonymität wird auf diesem Gebiet formalisiert, indem viele Künstler/innen durch Maskierungsmethoden ihr Aussehen verbergen. Ziel ist es, den Menschen zugunsten der Musik und der Technik in den Hintergrund zu stellen. Das Tanzen in den Clubs soll dazu führen, sich in der Masse zu verlieren und trotz individueller Gedanken gemeinsam an einer Sache teilzuhaben.
1 Richard D. James alias Aphex Twinwidersetzte sich diesem Schema, indem er sein diabolisch grinsendes Gesicht nicht nur aufseinem Albumcover als Selbstporträt abbildete, sondern auch mehrere Schauspieler/innenin seinen Musikvideos (durch Computertechnik ermöglicht) seine „Fratze“ trugen ließ.Dieses zusätzliche Projekt soll als Hommage an diesen Versuch des Ausbruchs verstandenwerden. Anhand dieses Beispiels wird eine Möglichkeit geboten, in einer anonymisiertenWelt eine offene Erweiterung der Persönlichkeit zu erlangen. Auf der anderen Seite erlangtdas Gesicht jedoch durch technologische Bearbeitung auch einen entmenschlichtenCharakter, der einen pessimistischen Blick auf die technisierte Welt andeutet. Diese1 Vgl.: https://www.vice.com/de/article/nzmqkk/eine-abhandlung-der-geschichte-maskierter-djs-von-orbital-bis-marshmello (Letzter Aufruf: 10.02.2021)4
Vorgehensweise, ein vorhandenes Werk als Maskenmotiv zu verwenden, kann ebenso als Kommentar zum Kunstwerk in Zeiten seiner technischen Reproduzierbarkeit verstanden werden.
Die untere Gesichtshälfte wurde mit Acrylfarben auf eine herkömmliche grüne OP-Maske abgebildet. Während des Arbeitsprozesses wurde jenes Gesicht so verfremdet, dass es sich von dem Original stark unterscheidet. Lediglich das furchteinflößende Grinsen ist dem Endprodukt und der Ursprungsidee gemein. Die Arbeit an der Maske soll als ästhetischer Prozess verstanden werden, bei dem kein linearer Weg zu einem Endprodukt zu erwarten war. Zusammengefaltet ist lediglich die obere Zahnreihe zu sehen (Abb. 8). Beim Aufsetzen der Maske wird sie gestreckt, sodass der Eindruck erweckt wird, dass sich der Mund öffnet und auch die unteren Zähne sichtbar werden. (Abb. 9, 10).
Elisabeth Palucki
Ich habe mich in meiner Arbeit damit beschäftigt, wie Nasen aus der Maske herausschauen. Diesen Nasen habe ich Namen gegeben, um sie zu vermenschlichen.
So weise ich darauf hin, dass es tatsächlich Personen gibt, die die Nase (absichtlich oder unabsichtlich) herausschauen lassen. Ich habe den Nasen stereotyp alte Namen gegeben, nicht weil ich unbedingt an das Stereotyp glaube, dass nur alte Menschen Coronaleugner sind, sondern, weil ich mich in gewisser Weise über die Bewegung lustig machen möchte.
Zu Beginn der Pandemie wurden viele Stoffmasken verwendet. Einige Menschen glauben nicht an den Schutz von Masken. Da Masken aber an allen öffentlichen Orten in Deutschland zur Pflicht geworden sind, können sie sich der Maskenpflicht nicht entziehen. Man sieht an allen möglichen Orten Menschen, die ihre Nase über der Maske tragen und so den Schutz der Maske vermindern. Es kann natürlich mal passieren, dass die Nase bei einem lockeren Draht herausrutscht, aber dennoch sollte darauf geachtet werden, dass die Maske über der Nase sitzt, da auch beim Niesen Krankheitserreger übertragen werden können.
Man kann die Motive der Menschen nur vermuten, und niemandem unterstellen, dass er* oder sie* absichtlich die Nase herausschauen lässt. Dennoch stört es andere immer wieder, die sich einer Infektionsgefahr ausgesetzt fühlen. Wenn die Menschen dann nach freundlicher Aufforderung die Maske nicht über die Nase ziehen, ist es eine Form von Selbstsucht. Mit dieser habe ich mich in meiner künstlerischen Arbeit auseinandergesetzt.
Lisa Maria Hermes
Mich beschäftigte immer mehr das Spiel des Zeigens und Versteckens, etwa bei Masken, die zum Teil durchsichtig sind, oder nur aus Stoffstreifen und ähnlichem bestehen.
Auch wenn wir gut durch diese „Masken“ hindurchsehen können, entsteht doch der Eindruck, es werde etwas versteckt, eine, zum Teil unsichtbare, Barriere zwischen Betrachter*innen und dem Verhängten geschaffen.
Um diese Gedanken auf die Spitze zu treiben, wollte ich damit experimentieren, was passiert, wenn man die Wirkung der Maske, das Verstecken, genau umkehrt, d.h. sie wie eine Öffnung oder ein Röntgengerät verwendet.
Entsteht trotzdem noch der Effekt der Distanz und Verschleierung, allein durch unsere nun stark vorgeprägte Wahrnehmung von Masken? Dieses Bild der Maske als Röntgengerät wurde noch ergänzt durch die medizinischen Assoziationen, welche insbesondere durch die klassischen blau-weißen Medizin-Masken hervorgerufen werden.
….
Ausgehend von dieser medizinischen Wirkung und der Idee der Maske als Röntgengerät landete ich schließlich bei anatomischen Abbildungen von Schädeln, wobei passenderweise besonders der Kiefer-Mund-Bereich am spannendsten war, da hier die meisten Unterschiede zwischen der Art der anatomischen Abbildung (Knochen, Muskeln oder Fasern) und den Schädelformen deutlich wurden, da man dies besonders an der Kinnlinie gut ausmachen kann. Anstatt mich also mit der Verdeckung des Gesichtes zu beschäftigen, habe ich mich der vollkommenen Offenbarung des menschlichen Schädels gewidmet in einem medizinischen Kontext.
…
Wichtig war hierfür die Arbeit mit der Linie, der Schraffur und aber auch mit Freiflächen. Zunächst war es schwierig sich an das neue Medium zu gewöhnen, da Tiefe, verschiedene (Muskel-)Schichten und die komplexe Dreidimensionalität einzig und allein durch linien- oder flächenartige Einritzungen erzeugt werden musste. Zudem hatte ich zu Beginn nur sehr weiche Linol platten, wodurch feinere Linien nur schwer möglich waren. Dies führte jedoch zu interessanten stilistischen Elemente, wodurch etwa der 1. Schädeldruck eher etwas Comic-artiges, als anatomisches an sich hat. Allgemein war es wichtig immer mit der Platte und dem Druck im Prozess zu arbeiten und offen zu sein für die Entwicklungen, die sich im Druckprozess ergeben. Viele Linien und Schraffuren konnte man zuvor in der Skizzierarbeit gar nicht so planen, wie sie sich mit Werkzeug und Platte dann ergeben. Hierbei habe ich eine stetige Entwicklung feststellen können, bei der meine Arbeiten mit der Zeit immer feiner, detaillierter und plastischer wurden, da ich meine Schraffur- und Drucktechnik verbessern konnte.
Im Prozess der Herstellung der Schädel kam mir dann die Idee das Spiel mit Sichtbarkeit und Verbergen noch weiter zu entwickeln und nachdem die Druckplatten und die ersten Drucke fertiggestallt waren, diese noch einmal zu überarbeiten und Masken über die Gesichter zu ritzen.
Besonders spannend war hierbei der Effekt des Einritzens, da so niemals wieder der ursprüngliche Druck mit dem Schädel hergestellt werden konnte, die Maske war nun für immer in die Druckplatte eingeritzt und hat das Bild des Schädels für immer verändert. Dies ruft Assoziationen auf zu unserer jetzigen Situation. Nach über einem Jahr Pandemie, zahllosen Vorschriften und das fast tägliche Tragen von Masken, werden wir selbst in ein paar Jahren, wenn die Pandemie tatsächlich vollkommen eingedämmt sein sollte, unseren Alltag nie wieder genauso wahrnehmen können wie vor der Pandemie. Etwas in unserer Wahrnehmung der Gesellschaft und unser Umgang mit Menschen, wie z.B. in Menschenmassen, ist für immer verändert worden. Dies fällt mir etwa immer wieder auf, wenn man Videos schaut, die vor Corona entstanden sind und größere Menschenansammlungen beinhalten. Etwas an diesen Momenten fühlt sich falsch an, die Menschen, die nah beieinanderstehen, ohne Maske, in großer Anzahl. Etwas scheint zu fehlen, die Masken.
Somit ist die nie wieder rückgängig zu machende Bearbeitung der Schädel mit eingeritzten Masken nicht nur ein interessantes Spiel von extremer Sichtbarkeit und Verbergen, eine Anspielung an die medizinische Herkunft der Masken und eine Konfrontation mit uns selbst, sondern auch ein Hinweis auf die nachhaltigen Auswirkungen der Pandemie und ihren Regulierungen, wie etwa die Maskenpflicht.
Lisa Maria Hermes / Auszüge aus der Theoriearbeit
Vincent de boer
Ich fand während der Arbeit zu diesem Seminar in meiner Materialsammlung noch zwei Holzplatten und entschied mich Ihnen eine Chance zu geben.
Zum einen war dies eine der besonders weichen, aber auch spröden Pappelholzplatten und eine etwas härtere Sperrholzplatte aus Linde.
Auf beide zeichnete ich die Motive sozusagen „alla prima“ machte also keinerlei Vorzeichnungen sondern entwickelte sie direkt auf den Platten, was zum einen zwar überaus intuitiv, unmittelbar und „zerdenkensfrei“ erfolgt, jedoch auch recht schnell umständlich werden kann, wenn die Motive nicht ad-hoc gelingen.
Glücklicherweise war dies nicht der Fall und auch der (sehr spärliche) Mehrfarbdruck gelang verhältnismäßig gut…
…ob es sich bei der Grafik um ein Selbstportrait handelt, kann ich nicht zweifelsfrei sagen. Es war nicht beabsichtigt, ein Selbstportrait zu erstellen, doch entwickelten sich auf dem Motiv im Laufe der Arbeit Elemente, die von einer Selbstdarstellung zeugen könnten.
Ursprünglich wollte ich die Person als eine Art charakterlosen Stellvertreter für alle Menschen im Lockdown oder Home-Office stehen lassen.
Das eingesperrt sein, dass sich in dem vergitterten Fenster zeigt, brachte und bringt für manche Menschen große und größere Probleme mit sich:
Langeweile, Sinnlosigkeit, Strukturlosigkeit, Sorgen.
Vincent de Boer, Auszüge aus der Theoriearbeit
Lea Sophia Partsch
…Wie ein Vorhang legt sich die Maske über unser Gesicht und versteckt damit einen Großteil unserer Identität, Gefühle und Emotionen. Was sich tatsächlich hinter dem Vorhang abspielt, bleibt für andere unsichtbar. Die zwischenmenschliche und soziale Interaktion wird erschwert.
Das Schild „Keine Vorstellung“ in der Mitte der Bühne greift diese Aspekte zweideutig auf: So gibt es zum einen für den Gegenüber „keine Vorstellung“, da das Gesicht durch den Vorhang verdeckt bleibt. Zum anderen bekommt der Gegenüber „keine Vorstellung“ davon, was hinter der Maske tatsächlich passiert, da die Emotionen und Reaktionen des Masken-Tragenden hinter dem Vorhang verborgen bleiben.
Nach fast einem Jahr mit der Maske sollte ihr Anblick eigentlich schon gewohnt sein. Das Gefühl von Verfremdung jedoch bleibt. Dieser Aspekt der Verfremdung wird in der Collage aufgegriffen. Sie verdeutlicht, wie wichtig der Teil des Gesichts, welcher unter der Maske verborgen wird, für unser individuelles Aussehen und die Wiedererkennung der Person eigentlich ist. Ohne zu wissen, wer und was unter der Maske verborgen wird, gestaltet es sich als schwierig, sich ein Bild von seinem/-r Gegenüber zu machen. Durch die Maske ist man zugleich niemand und doch jeder.
Lea Sophie Partsch, Auszüge aus der Theoriearbeit
Emma Lena Weber
Wenn man schon den ganzen Tag eine Maske trägt, kann sie auch zu etwas genutzt werden, als Pinnwand zum Beispiel. Gleichzeitig möchte ich zeigen dass die Menschheit schon sehr viele Krisen überstanden hat, von denen meist in Zeitungen zu lesen ist.
Die Alltagsmasken habe ich als Serie gestaltet, d.h. ich habe alle im gleichen Stil gehalten. Dabei habe ich Ausschnitte und – risse aus alten Zeitungen die ich im Internet gefunden habe, mit gelbem Klebeband auf die hellblauen Masken geklebt. Farblich ergibt das Kontraste zwischen dem Gelb und dem Blau, den schwarz-weißen altertümlichen Zeitungen und dem grellgelben modernen Klebeband.
Insgesamt sind alle meine Arbeiten relativ einfach und klar gehalten. Ich habe größtenteils zwei verschiedene Techniken angewandt und dabei eine kleine Kollektion meiner Eindrücke darstellen können. Auch wenn es schwerer war sich selber zu motivieren etwas zu erschaffen, als wenn wir uns wöchentlich getroffen hätten, habe ich gemerkt wie sehr mir das reflektieren über das Maske tragen und die Pandemie und das Arbeiten an sich geholfen haben.
Es hat Spaß gemacht.
Emma Lena Weber / Auszüge aus der Theoriearbeit
Kathatrina Korthues
Der Bericht vom Werdegang der Arbeit erfolgt als Comic und zeigt meinen Handlungsablauf vom aufstehen, frühstücken, überlegen, der Ideenfindung und Realisierung bis hin zum fertigen Werk. Durch die verwendete Technik der Zeichnung mit Bleistift auf Papier konnten durch unterschiedliche Härte gerade der Bleistifte und Schraffuren innerhalb der einzelnen Bilder räumliche Wirkungen erzielt werden.
Desinfektionsmittel, Nudeln und Toilettenpapier, die wichtigsten Güter im Einkaufswagen.Gerade zu Beginn der Corona Pandemie waren die Regale in den Supermärkten teilweise wie leergefegt. Ein Phänomen dass ich über Wochen hinzog. Die Vorräte zu Hause wurden aufgestockt, Toilettenpapier ein Verkaufsschlager. Mit Nudeln durch die Krise, Panikkäufe machen es möglich.
Durch die Technik des Spherographie heben sich die Linien vom Hintergrund ab, der Blick wird auf die Produkte selbst gelenkt. Die Frottagen entstanden mit Objekten, die lediglich im Hause zu finden sind, wie etwa Tapetenmuster, Schrankmaserungen und so weiter.
Katharina Korthues / Auszüge aus der Theoriearbeit
Sharon Brink
Der Aspekt, der mich nach einem Jahr in der Pandemie am meisten beschäftigt und interessiert ist die Isolation, Anonymität, sowie die Einsamkeit. Diesen Themen wollte ich mit meiner praktischen Arbeit zuwenden. Die Krise zwingt die Menschen jedes Alters und jeder Lebenssituation große Veränderungen ab. Es ist nicht nur die Maske oder dass die Menschen nicht mehr in den Urlaub können.
Viele Menschensitzen seit einem Jahr in einem kleinen Studentenzimmer, andere wiederum konnten seit einem Jahr Angehörige und Familie nicht sehen oder sich von Menschen verabschieden.
Zunächst habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich die unterschiedlichen Facetten aufgreife. Sofort hatte ich Ideen, was ich mit der Anonymität verbinde. Bezogen auf die Masken sind wir inzwischen routiniert nicht mehr in Gruppen zu leben und in nichts als in die Augen anderer Menschen zu blicken. Damit ist das Gesicht der Menschen zur Hälfte verschleiert und wir können nicht, wie sonst, die Reaktionen und Mimik lesen.
Ich denke, dass sichtrotz den Impfungen in Zukunft einiges verändern wird. Beispielsweise ist anzunehmen, dass die Maske noch einige Zeit nachwirkt, um Risiken von bspw. Mutationen vorzubeugen. Ich habe also ein Bild angefertigt, dass dieses Nachwirken präsentiert und gleichzeitig das durch die Pandemie antrainierte Vermögen auf sich selbst gestellt zu sein und ohne Interaktion durch die Welt zu laufen. Dies ist zwar eine kritische Sicht auf die Zukunft,doch ist die Situation gewissermaßen ähnlich auch vor der Pandemie gewesen. Durch soziale Medien und der Digitalisierung verbringen wir viel Zeit in der virtuellen Welt, was sich sicherlich durch die Lockdowns hinweg nicht reduziert hat.
Sharon Brink / Auszüge aus der Theoriearbeit
Scarlett Michele Missiamey
Ich gestaltete eine herkömmliche blau weiße Alltagsmaske um.
Eigentlich hatte ich selbst noch kaum etwas zu befürchten, oder? Ich würde vielleicht zwei Monate komplett auf soziale Kontakte, die nicht online stattfinden, verzichten müssen, aber sollte ich mich infizieren, wäre das ja für mich nicht so schlimm, solange ich niemanden weiter anstecken würde.
Aber in diesem Punkt konnte ich mir nicht sicher sein und zudem bereitet mir das Social Distancing viel größere Probleme.
Mir sollte es gut gehen, ich gehöre zu keiner Risikogruppe, aber ging es mir wirklich gut?
Die Maske selbst habe ich mit schwarzer Textilfarbe gestaltet.
Für die Schrift habe ich einen Zahnstocher verwendet, da ich die Farbe mit einem Pinsel nicht so fein in den Stoff arbeiten konnte. Immer wieder wiederholt sich der Satz „es geht mir gut“.
Zwischen den Zeilen erkennt man jedoch meinen Zweifel an diesem Satz. Ist das wirklich so? Bin ich mir da sicher? Geht es mir gut?
Diese Zweifel zeigen sich auf der Maske nur, wenn man sie auseinanderfaltet. Ich habe sie mit einem roten Kugelschreiber hinzugefügt, damit sie sich deutlich von dem Mantra „es geht mir gut“ absetzen.
Zuletzt habe ich die Ränder der Maske mit der Textilfarbe schwarz eingefärbt, was sich auch durch die Gestaltung der restlichen Masken zieht, die sich mit den Sorgen befassen.
Scarlet Michele Missiamey Auszüge aus der Theoriearbeit