Lehrkonzept

Lehrkonzept

Die hier veröffentlichten Blogbeiträge wurden im Rahmen des Seminars ‚Politische Philosophinnen der Gegenwart‘ an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und der Universität Bremen verfasst. Um der Transparenz willen – und um Nachahmung anzuregen – findet sich hier in ausführlicher Form das Lehrkonzept:

Hintergrund des Seminars

Nur jede vierte Professur ist in Deutschland mit einer Frau besetzt; in der Philosophie waren es zuletzt 23%. Die Philosophie hat ein Gleichstellungsproblem. [1]

Diese Ungleichheit spiegelt sich auch in der Literaturauswahl im Philosophiestudium. Gelesen werden die „großen Philosophen“; von den „großen Philosophinnen hört man weit seltener. Das Erbe eines überwiegend männlichen Kanons teilt die westliche Philosophie mit den meisten akademischen Disziplinen. Aber es ist doch bemerkenswert, wie lange man in einschlägigen Veranstaltungs-verzeichnissen nach Seminaren zum Werk einer Philosophin suchen muss.

Das gilt (überraschenderweise?) auch für Seminare zur zeitgenössischen Politischen Philosophie. Auch hier stehen oft Autoren wie John Rawls, Jürgen Habermas, Robert Nozick, Axel Honneth, Michael Walzer, Isaiah Berlin, Joseph Raz oder Amartya Sen im Mittelpunkt (bzw. auf dem Seminarplan). Zweifellos sind das allesamt große Philosophen – aber eben auch allesamt Männer. Angesichts dieses Phänomens hat sich das Seminar der Politischen Philosophie der Gegenwart einmal aus einer anderen Perspektive genähert – und explizit nach den großen Politischen Philosophinnen unserer Zeit gefragt. Neben der allgemeinen Einführung in die politische Philosophie der Gegenwart wurde dabei besonders (und ergebnisoffen) diskutiert, ob es spezifisch „weibliche“ Themen in der politischen Philosophie gibt.

Seminarablauf

Das Seminar gliedert sich in drei Phasen:

Phase I – Gemeinsame Lektüre:

In den Semesterwochen 1-7 werden Texte von Autorinnen gelesen, anhand derer sich zentrale Diskussionen der gegenwärtigen Politischen Philosophie aufarbeiten lassen (siehe Seminarplan). Das liefert die theoretische Grundlage für den weiteren Seminarverlauf.
(Die Lektüre wird durch Fragezettel begleitet, deren Bearbeitung empfohlen wird. Die Fragezettel kontextualisieren das jeweilige Werk und stellen Fragen zum Text, die eine systematische Lektüre unterstützen und vor der Sitzung eingereicht werden können.)

Phase II – Recherche und Verfassen der Beiträge

Phase II beginnt in der Semesterwoche 8. Zu Beginn wird festgelegt, wer über welche Autorin einen Blogbeitrag verfasst. (Der Seminarplan enthält eine Liste mit potenziellen Autorinnen). Die Studierenden erarbeiten (allein oder zu zweit) den ersten Entwurf für die Blogbeiträge und haben dafür zwei Monate Zeit.

Phase III – Review-Verfahren und Veröffentlichung

In Phase II findet ein (anonymes) Review der Blogbeiträge statt. Beiträge werden i.d.R. von zwei Kommiliton*innen begutachtet. Mit dem Review helfen sich die Studierenden gegenseitig, ihre Texte zu verbessern – und bessere Noten zu erreichen, da erst der finale Blogbeitrag Bewertungsgrundlage ist.  Im Anschluss haben die Verfasser*innen die Möglichkeit, auf die Reviews zu reagieren und die Texte entsprechend zu überarbeiten.
Die überarbeiteten Texte werden zu Semesterende auf dem Blog veröffentlicht.

Lehr- und Lernziele:

Das Seminar verfolgt vier zentrale Anliegen:

  1. Inhaltlich leistet das Seminar eine Einführung in die politische Philosophie der Gegenwart. Das Seminar diskutiert klassische Probleme der politischen Philosophie (z.B. Was ist Politik / das Politische? Was ist Gerechtigkeit? Was ist Demokratie? Wie sollen wir zusammenleben?), aber fragt auch ergebnisoffen danach, ob es spezifisch „weibliche“ Themen in der politischen Philosophie gibt (z.B. Feminismus, Care-Ethik).
  2. Dieses inhaltliche Ziel wird durchgängig forschungsbasiert verfolgt. Die Studierenden lernen nicht nur, aktuelle Veröffentlichungen kritisch zu lesen, sondern durchlaufen auch exemplarisch einen eigenen Veröffentlichungsprozess aus verschiedenen Perspektiven (Autor*in, Reviewer*in).
  3. Das Seminar hat in allen Phasen auch eine performative Dimension: Es zielt darauf, Selbstwirksamkeitserfahrungen der Studierenden zu ermöglichen, etablierte Rollenmuster zu durchbrechen, und greift mit der Veröffentlichung der Blogbeiträge zudem selbst in die Debatten ein, die es betrachtet.
  4. Schließlich zielt das Seminar darauf, ein Format zu schaffen, das auch unter Corona-Bedingungen eine hohe Eigenmotivation der Studierenden freisetzt und einen großen Lerngewinn ermöglicht – und zwar ohne den workload für die Studierenden unnötig zu erhöhen. Die Kombination von synchronen und asynchronen Formaten soll eine gute Balance von Beständigkeit und Flexibilität für die Studierenden wahren.

[1] https://www.statistischebibliothek.de/mir/servlets/MCRFileNodeServlet/DEHeft_derivate_00054658/2110440187004.pdf  (S. 276, Zahlen von 2018).

2 Antworten auf „Lehrkonzept“

  1. Sehr geehrte Frauen,
    mein Kontaktwunsch ist etwas anders als einen Kommentar zu senden.
    Ich bin auf der Suche nach dem Buch oder Vortrag von Silvia Federici, wo ich dieses Zitates von ihr finden könnte:
    „Der Angriff auf die Frau rührt aber vor allem aus dem Bedürfnisdes Kapitals, das zu zerstören, was es nicht kontrollieren kann, und das zu degradieren, was es am meisten für seine Reproduktion braucht.“
    Können Wie mir da weiter helfen?
    Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit
    freundschaflich weiblich – bewegten Grüßen
    Elisabeth Sitara Lenzen

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