Die begrabene und lebend wieder auferstandene Braut, oder Der Ring, das Pfand der unverbrüchlichen Treue und reinen Liebe

Landesbibliothek Oldenburg, Spr XIII 4c 2c:3,74

Das Kolportageheftchen Die begrabene und lebend wieder auferstandene Braut, oder Der Ring, das Pfand der unverbrüchlichen Treue und reinen Liebe wurde vermutlich im Dezember 1858 in die Oldenburger Sammlung aufgenommen, wie man an der handschriftlichen Angabe auf dem Titelblatt erkennen kann. Unter Kolportage versteht man Literatur, die lediglich der Unterhaltung diente und literarisch als eher wertlos angesehen wurde. Meist wurden diese Werke durch Personen aus niedrigen Sozial- und Familienverhältnissen verbreitet, weswegen die Qualität des Papiers in den meisten Fällen sehr schlecht ist (vgl. Zeller). Viele Kolportageheftchen beschäftigen sich mit Verbrechen, Katastrophen, Wundern oder tragischen Liebesgeschichten. Der Fokus dieser Kolportage-Geschichte liegt auf den letzten beiden Aspekten.

Das Heft hat das für Kolportageheftchen der Oldenburger Sammlung typische achtseitige Format mit einem Titelblatt und einem abschließenden Lied, das noch einmal den Inhalt wiedergibt. Das Heft wurde vom Verlag Büttner & Winter veröffentlicht und ein Autor ist – wie üblich bei Kolportageheftchen – nicht vermerkt. Das Titelblatt ist sehr schlicht gehalten, da es anders als einige andere Kolportageheftchen kein Bild hat. Eine seltene Ergänzung ist zudem das Motto auf dem Titelblatt: „Mag die Erdenhülle auch zerstäuben, Treue wird bestehen und Liebe bleiben.” Dieses Motiv der ewigen Liebe und Treue ist sehr präsent in der Geschichte. Der Prosatext beschreibt die Liebesgeschichte von der reichen Kaufmannstochter Emilie und dem Sohn des Gärtners Adolph. Am Anfang ist es eine platonische Liebe zwischen Bruder und Schwester, da Adolph als Pflegekind von Emilies Eltern aufgezogen wird. Mit der Zeit entwickelt sich zwischen ihnen eine romantische Liebe, die im Laufe der Geschichte Schwierigkeiten übersteht. Emilies Eltern lehnen Adolph aufgrund seines Standes und seiner Armut ab und schicken ihn weg. Vor ihrer Trennung tauschen die Liebenden jedoch einen Ring und einen Schwur der ewigen Liebe aus und sie schreiben sich heimlich Briefe. Als Emilie einen reichen Kaufmann heiraten soll, kehrt Adolph zurück um Emilie noch einmal zu sehen und die Hochzeit zu verhindern. Er kommt am Tag der Hochzeit an und sieht Emilie in ihrem Brautkleid. Emilie jedoch sinkt bei Adolphs Anblick „leblos zu Boden” (S. [5]), woraufhin sie in einem Gewölbe bestattet wird. Sie wacht allerdings wieder auf, als ein Totengräber versucht, ihr den Ring vom Finger zu schneiden. Der Ring als Symbol ihrer Liebe zu Adolph hat sie also gerettet und wieder auferstehen lassen. Ihre Eltern sind glücklich, dass Emilie wieder lebt, und akzeptieren Adolph als Teil der Familie. Treue und Liebe werden als Tugenden auf dem Titelblatt angepriesen und so hat die treue Liebe von Adolph und Emilie allen Schwierigkeiten getrotzt. Übernatürliche Ereignisse sind für Kolportageheftchen nicht ungewöhnlich, insofern ist die Wiederauferstehung von Emilie die Belohnung für die Treue und verantwortlich für die Zusammenführung der Liebenden. Der gute Ausgang der Geschichte ist eher ungewöhnlich für Kolportage-Heftchen, die oft tragisch enden. 

Das Lied am Ende des Kolportageheftchens besteht aus zehn Strophen. Untypisch ist hier aber, dass es graphisch nicht in Versen aufgeteilt wurde. Stattdessen bildet hier optisch jede Strophe einen kleinen Text von jeweils fünf Zeilen. Es sind jedoch Reime vorhanden. Im Großen und Ganzen wird die Geschichte des Prosatextes im Lied inhaltlich wiedergegeben, dennoch werden einige Aspekte bzw. Abläufe verkürzt dargestellt oder weggelassen. Das Lied ergänzt aber auch zusätzliche Details, die im vorherigen Text nicht erwähnt werden. Zum Beispiel erfahren die Leser:innen durch das Lied, dass die Trennung zwischen Adolph und Emilie drei Jahre dauerte. Abweichungen von dem Text sind auch vorhanden, denn Emilie klopft im Prosatext um elf Uhr an die Tür von Adolph und im Lied klopft sie um Mitternacht an seine Tür. Das Lied hat die Funktion den Inhalt des Textes verkürzt wiederzugeben, damit er einprägsamer ist, und dient als Grundlage für eine musikalische Wiedergabe.

Ina Grönbeck / Lisa Rennau / Sina Wenke