„Wenn sich der Bänkelsang aktueller politischer Themen annimmt, dann sind es solche, deren Dramatik oder deren emotionaler Gehalt hinreichend Anreiz für das Publikum bieten“ (Petzold 1974, 74). Eines dieser aktuellen Ereignisse ist der dreijährige deutsch-dänische Konflikt ab März 1848, der in dem Kolportageheftchen Ausführlicher Bericht der Schlacht bei Düppel, am 5. Juni, sowie über die bei Düppel und Gravenstein vorhergehenden Affaire. Nebst vollständige[r] Angabe des Verlustes, vom 28. und 29. Mai, an Todten und Verwundeten aller Contingente thematisiert wird.
Das schlichte Titelblatt des Heftchens nennt neben dem Verlagsort Hamburg auch das Erscheinungsjahr 1848. Auch die folgenden 8 Seiten sind unscheinbar anzusehen: Weder Abbildungen noch andere auflockernde Gestaltungsformen sind zu finden. Gedruckt und herausgegeben wurde das Kolportageheftchen vom Hamburger Verlag Kahlbrock, dessen Anfänge auf das frühe 19. Jahrhundert zurückgehen (vgl. Fischer 2007, 123f.).
Der Haupttext berichtet von zwei zeitlich nahe beieinanderliegenden Kriegsgefechten zwischen deutschen und dänischen Truppen. Insgesamt umfasst das Heftchen die Prosa-Berichte zu den Schlachten am 28./29. Mai 1848 und am 5. Juni desselben Jahres, einen Kurzbericht über die Bestattung der Gefallenen, ein Lied sowie eine Grabrede zu Ehren der Gefallenen. Diese Texte unterscheiden sich in formaler sowie sprachlicher Hinsicht deutlich voneinander.
Wie der gesamte Heftinhalt ist auch der Bericht eindeutig aus deutscher Kriegsperspektive geschrieben und an die anteilnehmende Bevölkerung adressiert. Vermutlich hat der Verfasser des Berichts als Leserschaft nicht eine bestimmte Bevölkerungsschicht im Auge, sondern nimmt das Interesse aller Deutschen am Kriegsgeschehen an. Dies ist insofern bemerkenswert, als Heftchen dieser Art üblicherweise an sogenannte ‚niedere‘ Bevölkerungsschichten gerichtet waren. Die Berichte zielen keineswegs auf die reine Unterhaltung der Leserschaft ab; stattdessen gleicht der Text zunächst inhaltlich wie sprachlich einem seriösen Zeitungsbericht.
Dass es sich stattdessen um einen typischen Kriegsbericht (wie man ihn sich heute vorstellen mag) handelt, zeigt die zu erkennende Parteilichkeit des Berichterstatters, der dieselbe offenbar auch von der Leserschaft erwartet: Verluste werden bedauert, Erfolge positiv hervorgehoben, die Intensität der Kämpfe betont und die deutschen Truppen als tapfer, mutig und pflichtbewusst dargestellt. Durch die erzählerische Distanz und die gleichzeitige Nähe zum Geschehen vermittelt der Verfasser Seriosität.
Die Leserschaft erhält im Bericht über die Schlacht am 5. Juni stark verdichtete Informationen. Gleich zu Anfang wird betont, es handele sich um die Wiedergabe der „zuverlässigsten“ Berichte, was Authentizität vermittelt, Aufmerksamkeit erregt und die Spannung stark erhöht. Dazu trägt auch die Nennung des Ortes Ulderup bei, einem Dorf im direkten Kriegsgebiet. Beide Berichte gewinnen zusätzlich an Authentizität und erwecken Interesse durch ihre überaus hohe Aktualität: So ist im Bericht der direkte Folgetag als Verfassungsdatum angegeben und es kann davon ausgegangen werden, dass der vorausgehende Bericht zu den Gefechten am 28./29. Mai aus demselben Zeitraum stammt. Das Heftchen selbst wurde noch im selben Jahr gedruckt, sodass die Leserschaft mit Inhalten zu etwas konfrontiert wurde, das sie tatsächlich betrifft: Es wird Interesse geweckt, weil die Leserschaft einerseits durchaus von den dänisch-deutschen Schlachten etwas mitbekam bzw. betroffen war; andererseits aber nicht direkt involviert war. Für Oldenburger Leser/innen ergibt sich sogar ein besonderer Bezug, werden doch die Erfolge Oldenburger Truppen an einer Stelle besonders hervorgehoben.
Das Lied ist im Heftchen auf den Seiten 7 und 8 zu finden. Inhaltlich wird zur Verteidigung der Freiheit des eigenen Landes aufgerufen, an das Gemeinschaftsgefühl appelliert sowie die Rache für die bereits Gefallenen nebst dem Tod thematisiert.
Es wird deutlich, dass sich die Verfasser bzw. Herausgeber des Heftchens auf ihre Zielgruppe, die einfache Bevölkerung, und deren Bedürfnisse konzentrieren und die inhaltliche Gestaltung entsprechend ausrichten: Die Berichte liefern seriöse Informationen, das Lied spiegelt die emotionale Situation und in der zuletzt wiedergegebenen Grabrede wird zumindest die passive Teilnahme der Leserschaft ermöglicht, da letztere fernab und doch betroffen vom Krieg auf Gelegenheit zur Anteilnahme angewiesen ist.
Obwohl das Heftchen ein reales Schlachtgeschehen abbildet, ist zu bedenken, dass die Kolportage aus deutscher Sicht entstand und diesbezüglich eine klare Position bezieht. Vergleichbare zeitgenössische Quellen zeigen andere Auffassungen des Geschehens. So wird z.B. in vielen Quellen berichtet, dass die Dänen die Schlacht bei Düppel gewannen (vgl. Adriansen & Christensen 2015, 18). Andere sprechen hingegen wie das Heftchen von einem Sieg der Deutschen. Welche Seite die Schlacht ‚gewonnen‘ hat, ist sogar unter Historiker/innen umstritten.
Joceline Franke / Femke Peters / Lara Schaub / Anna Spellerberg