Autor: Marco Muras
Definition: Gender-Digital-Divide
Weltweit beschränken oder verhindern wirtschaftliche, soziale und kulturelle Normen den Zugang, die Nutzung und den Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnologien für Frauen. Dieses Phänomen wird als Gender Digital Divide bezeichnet.
Das Phänomen erweitert den Begriff Digital Divide aus dem Artikel „Entwicklungspotenziale durch IKT“ um eine geschlechtsspezifische Ebene.
Es stellt sich dabei zunächst die Frage, ob das Phänomen des „Gender Digital Divide“ wirklich existiert.
Denn wird die Anzahl der Internetnutzer nach Geschlecht in Deutschland ab 14 Jahren betrachtet, erkennt man zwar eine kleine Differenz in der Internetnutzung zwischen Männlich und Weiblich in den Jahren 1997 bis 2015 aber ab dem Jahr 2016 relativiert sich diese wieder. Im Jahr 2017 stellt sich sogar eine weibliche Mehrheit heraus. (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Internetnutzung nach Geschlecht [GI19b]
Kehrt man nun zur Definition des ‘Gender Digital Divide’ zurück und wendet diese auf die Internetnutzung nach Geschlecht in Deutschland an, stellt sich herraus, dass dieses Phänomen in Deutschland nur geringfügig zutrifft.
Man kann zwar einen „Divide“ erkennen, der sich von 1997 bis 2016 durchzieht, jedoch wäre dieser ab 2017 überwunden.
Vergleicht man nun diese Ergebnisse mit der Internetnutzung in Entwicklungsländern, werden große Unterschiede erkannbar.
In den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt liegt der Divide zwischen Männern und Frauen nach wie vor noch bei 32,9 Prozent. [In13]
Ist es dann richtig zu sagen, dass das Phänomen „Gender-Digital-Divide“ in Deutschland überwunden worden ist?
Zumindest wird an der Statistik erkannt, dass Frauen in Deutschland nicht wie in den Entwicklungsländern im Zugang zum Internet durch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Normen eingeschränkt werden. Ob sie aber in der Nutzung oder im Nutzen des Internets anderweitig eingeschränkt werden, kann man aus dieser Statistik nicht ableiten, denn dazu müsste man einen genaueren Blick auf das Verhalten im Netz werfen und dieses genauer analysieren.
Denn man benötigt nicht nur die Zugänglichkeit zu Informations- und Kommunikationstechnologien für Frauen zu ermöglichen, um den Gender Digital Divide zu schließen. Es fehlt ebenso ein gleichgestelltes Verhältnis zwischen männlich und weiblich in der Nutzung und im Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnologien.
Aus der Definition von Gender-Digital-Divide leitet man somit drei verschiedene Hindernis-Typen ab, die beschreiben wie Frauen von IKTs ausgeschlossen oder im Umgang mit diesen eingeschränkt werden.
- Der Zugang wird ihnen nicht gewährt aufgrund ihres Geschlechts. Dies ist ein Problem welches häufig in Entwicklungsländer aufgrund eines konservativen kulturell geprägtes Frauenbildes eintrifft. Frauen werden speziell von IKT`s ausgeschlossen, weil es nicht ihre “Berufung” passt.
- Frauen werden in der Nutzung von IKT’s eingeschränkt. Meist wegen eines überholten wirtschaftlichen Aberglaubens, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts mit der Technik nicht umgehen können. Sie werden absichtlich in ihrer Arbeit eingeschränkt, weil sie als inkompetent angesehen werden.
- Frauen können nicht den gleichen Nutzen aus den IKT’s ziehen, weil durch soziale Einflüsse wie Sexismus oder Diskriminierung ausgegrenzt werden. Ein Problem welches allgegenwärtig ist und vor allem auf Community Webseiten auftaucht wie Facebook oder Instagramm.
Erziehung und Kultur
Ein weiterer Punkt ist die Erziehung und das Umfeld in dem die Menschen aufwachsen. In vielen Ländern werden Kinder aufgrund ihrer Geschlechts anders erzogen. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Interessen. Daher neigen Frauen dazu, sich den kulturellen Sitten anzuschließen und eher frauentypische Jobs anzunehmen. Hingegen Männer eher männlichen. Dies begünstigt in mehreren Hinsichten den Gender Digital Divide, da frauentypische Jobs nicht technisch veranlagt sind. Zwar sind die Ausrichtungen wie sich eine Frau oder ein Mann entwickeln nicht naturgegeben, aber von Ihrer Erziehung abhängig.
Doch welche Auswirkungen hat der Gender Digital Divide zwischen den Geschlechtern?
Ohne einen gleichberechtigten Zugang zu Kommunikationstechnologien, können Mädchen und Frauen nicht gleichermaßen an unserer immer digitaler werdenden Gesellschaft teilnehmen. Dies kann zu verheerenden Konsequenzen führen. Das Zurückhalten von diesem technischen Fortschritt, wirkt sich auf alle Teilbereiche ihres Lebens aus, mitunter ihrer Fähigkeit und Kompetenz, wie auch die Äußerung zu Themen, die sie betreffen. Wenn sie nicht an der Erstellung digitaler Tools und Online-Inhalten beteiligt sein können, werden bestehende Unterschiede in der Qualifikation und Gleichheit (Gleichstellung?) zwischen Männern und Frauen verschärft. Der daraus resultierende geschlechtsspezifische Unterschied wirkt sich auch negativ auf das Wirtschafts- und Entwicklungspotenzial der Länder aus. Wenn innerhalb von drei Jahren 600 Millionen Frauen Zugang zum Internet bekommen, würde dies zu einem Anstieg des „global GDP“ um 13 bis 18 Milliarden US-Dollar führen. [Sa17]
In der globalen Strategie von Plan International heißt es:
„Wir müssen die Kraft der Technologie nutzen und innovative Lösungen einsetzen, um unsere Reichweite und Wirkung zu steigern. Wir müssen uns auf die Rechte der Mädchen konzentrieren, die am anfälligsten dafür sind, zurückgelassen zu werden, wenn sich die Welt um uns herum verändert.“ [Plan International19]
Es liegt somit in unser Verantwortung sicherzustellen, dass Technologien und Kommunikationssysteme barrierefrei für jedes Geschlecht gehalten werden um den Gender Digital Divide schließen zu können.
Literatur
[Plan International19] Plan International, 2019, url:https://plan-international.org / education / bridging – the – digital – divide/, Stand: 21. 03. 2019
[GI19b] Statista.com, 2019, url:https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36156/umfrage/anzahl-der-internetnutzer-in – deutschland – nach – geschlecht – seit – 1997/, Stand:21. 03. 2019.
[Sa17] Sanou, B.: FACTS AND FIGURES ICT 2017. ICT 11/09, S. 1–8, 2017.
[In13] Intel: Intel Announces Groundbreaking ‘Women and the Web’Report with UN Women and State Department. Intel 1/10, S. 1–8, 2013.
Bildquelle: https://plan-international.org/education/bridging-the-digital-divide