Ornithologin


Wir freuen uns, euch heute unser nächstes rOLe model vorstellen zu dürfen:

Ornithologin Prof. Dr. Miriam Liedvogel

Unser neues rOLe model: Prof. Dr. Miriam Liedvogel!

Was ist Ihr Forschungsgebiet und woran arbeiten Sie? 

Meine Forschung ist primär motiviert durch meine Faszination am Phänomen Vogelzug. Mit unserer Arbeit möchten wir dieses Verhalten auf molekularer Ebene verstehen. Besonders faszinieren mich Jungvögel auf ihrem ersten Langstreckenzug: Diese kleinen Vögel fliegen zielgenau tausende von Kilometern, oft über Kontinente hinweg, in ein Überwinterungsgebiet, in dem sie noch nie zuvor gewesen sind – und zwar nachts, alleine, und ohne die Hilfe ihrer Eltern, dafür aber mit bewundernswerter Genauigkeit! Wie schaffen sie das? Das ist im Prinzip die zentrale Frage, die unsere Forschung motiviert.
Was hat Sie dazu motiviert, in die Naturwissenschaften zu gehen? 

Alles was krabbelt, kriecht und fliegt hat mich fasziniert - seit ich selbst krabbeln konnte. Aber neben den Naturwissenschaften hat mich immer auch die Kunst und die Musik sehr begeistert und geprägt und ich konnte mir auch in diesem Bereich eine berufliche Orientierung sehr gut vorstellen. Doch das eine schließt das andere nicht aus, und die Verknüpfung beider Welten funktioniert oft ganz hervorragend: Etwa beim graphischen Illustrieren komplexer Zusammenhänge um unsere Ergebnisse allgemeinverständlich vorstellen und erklären zu können.

In welchem Land/welchen Ländern und Institutionen haben Sie geforscht?

Ich hatte das große Glück in ganz verschiedenen internationalen Forschungsgruppen an unterschiedlichen Universitäten und Forschungseinrichtungen studieren und forschen zu dürfen, arbeite immer noch mit vielen wunderbaren Kooperationspartner*innen auf der ganzen Welt zusammen und habe einen Großteil meiner bisherigen Karriere in Großbritannien, Schweden und den USA gelebt, studiert und gearbeitet.
Das Glücksgefühl - eine Mönchsgrasmücke in den Händen zu halten, die mit einem Geolokator ausgestattet erfolgreich ins Überwinterungsgebiet und wieder zurück in ihr Brutgebiet geflogen ist - war und ist unbeschreiblich schön.
Auf welche Leistung sind Sie besonders stolz?

Stolz bin ich vor allem, wen ich sehe wie Wissenschaftler*innen hier in der Gruppe wachsen und aufblühen. Wie sie eigene Ideen entwickeln, tüfteln, mit Herzblut versuchen auf den Grund einer Frage zu gelangen, neue Methoden ausprobieren, mit Ausdauer und Geduld auch über Durststrecken hinwegkommen. Aktuell arbeiten wir daran zu verstehen, wie die unterschiedlichen Zugrouten auf Ebene des Genoms variieren und gesteuert werden. Und, dass ich all das mit einem großartigen internationalen und interdisziplinären Team voller Herzblut und Begeisterung machen darf, darauf bin ich stolz und unendlich dankbar.
Sind Sie während Ihrer Karriere in der Wissenschaft auf bestimmte Barrieren gestoßen? 

Mühsam finde ich vor allem starre Barrieren in den Köpfen. Nicht ins ‚Schema F‘ zu passen kann sowas Tolles sein, kann so viel neuen Wind in die Wissenschaftslandschaft und die Gesellschaft insgesamt bringen, neue Ideen ermöglichen, zusätzliche Energien mobilisieren, bisher im Schatten stehendes neu beleuchten. Hierfür eine Akzeptanz zu aktivieren und Offenheit zu mobilisieren, das kostet häufig unendlich viel Kraft und Ausdauer – unnötig viel zusätzliche Energie wird so verpulvert, die so viel sinnvoller und konstruktiver in Neues, Spannendes, Unterstützendes investiert werden sollte.
Eine Karte, die Teile Nordafrikas sowie Europa abbildet. Darauf eingezeichnet sind verschiedene Pfeile, die die Zugweke der Mönchgrasmücken symbolisieren. So ziehen manche aus Mitteleuropa über Griechenland, andere über Italien, und wieder andere über Gibraltar in Richtung Süden.

„Übersichtsskizze von Corinna Langebrake zu den Zugwegen der Mönchsgrasmücke“
Welchen Rat würden Sie denjenigen geben, die sich für eine Tätigkeit in der Wissenschaft interessieren?

Bleibt neugierig. Und hört neben eurem Herz auch auf euren Bauch. Ich bin überzeugt davon, dass es neben wissenschaftlicher Expertise mindestens genauso wichtig ist nach einem unterstützenden Umfeld zu suchen. Ein Umfeld, was Freiraum bietet zu forschen, auszuprobieren, auch mal ein Experiment in den Sand zu setzen, und was einem dann dennoch den Rückhalt bietet, den es zum Wachsen braucht.
Was haben Sie sich für die kommenden Monate vorgenommen?

Mit unserer Arbeit möchten wir unser Verständnis des Vogelzugs Stück für Stück um eine weitere Facette zu erweitern. Mönchsgrasmücken nutzen entlang ihres Verbreitungsgebietes ganz unterschiedliche Zugstrategien. Ganz konkret arbeiten wir im Moment an der Frage welche Gene die größten Stellschrauben im Zugverhalten regulieren und was die durch sie gesteuerten vielschichtigen Netzwerke sind, die diese faszinierende Vielfalt auf Ebene des Verhaltens ermöglichen können.
Ein letztes Foto von Miriam, ihre Bildbeschreobung lautet: "Auf Skomer mit einem Schwarzschnabelsturmtaucher in der Hand."